Sie und Ihr Team hatten im Nachgang des Hochwassers in Nieder- und Oberösterreich alle Hände voll zu tun. Welche Besonderheiten kennzeichnen die durch das Hochwasser 2024 verursachten Schäden?
Schörkhuber: Wir sind immer noch mit der Aufarbeitung der Hochwasserschäden beschäftigt. Augenfällig ist, dass Gebäude betroffen waren, wo man nie damit gerechnet hätte. So standen selbst in neuen Wohnanlagen mit Hochwasserschutzwänden ganze Erdgeschoße unter Wasser.
Zur Naturkatastrophe kommt die menschliche Katastrophe, weil diese Gebäude oft nicht ausreichend versichert sind bzw. gar nicht entsprechend versichert werden können. Da geht es um existenzbedrohende Schadensfälle. Es braucht daher neue Versicherungsmodelle. In anderen Ländern ist das durchaus möglich.
Das würde letztlich auch der Bauwirtschaft und den anderen Gewerken bis hin zum Möbelhandel helfen. Wenn die Versicherung ihren Beitrag leistet, kann eine Sanierung angegangen werden, die sonst unter Umständen die finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten übersteigen würde.
Abgesehen vom wirtschaftlichen Aspekt geht es aber vor allem um die menschliche Dimension. Wir lassen unsere in Summe 110 Mitarbeitenden coachen. Der Umgang mit Schadensfällen, bei denen ganze Familien vor dem Nichts stehen, ist eine ungeheure psychische Belastung.
Wo sehen Sie eine Versicherungslücke?
Schörkhuber: Diese besteht eben gerade im Hochwasserbereich sowie zum Teil bei Schäden, die von einem Erdrutsch verursacht sind. Gegen Schäden, die direkt von einem Hagelschlag herrühren, kann ich mich als Betroffener versichern. Kommt es als Folge davon jedoch zur Überflutung des Kellers greift oft die Versicherung nicht in vollem Umfang.
Bei unserer Tätigkeit haben wir auch immer wieder mit Schäden an uralten Häusern zu tun, mit dementsprechenden Stand der Technik. Beim Wiederaufbau kann man diese Installationen gar nicht mehr so herstellen, wie sie vorhanden waren, schon allein deshalb, weil sie nicht abgenommen würden. Hier sind die Versicherungsnehmer gefordert, sich umfassend abzusichern, damit es im Schadensfall nicht zu einem bösen Erwachen kommt.
Gibt es nationale Benchmarks, an denen man sich bei einer Naturkatastrophen-Versicherung orientieren könnte?
Schörkhuber: Diverse Modelle sind in einigen europäischen Ländern umgesetzt, etwa in Belgien oder Norwegen. Gefordert wäre bei einer NatCat, also einer Versicherung gegen die Risiken von Naturkatastrophen, nicht zuletzt die Politik. Wenn es in den USA möglich ist, sich gegen Hurricane-Schäden zu versichern, dann muss es in Österreich wohl möglich sein, für Hochwasserereignisse vorzusorgen.
Die Versicherungsbranche hätte Lösungen, die eine umfangreiche Abdeckung ermöglichen würden. Leider sind diese noch nicht flächendeckend umgesetzt, weil die politischen Rahmenbedingungen fehlen. Was wir bräuchten, sind österreichweite und eigentlich sogar europäische Gesamtkonzepte für NatCat-Deckungen.