Interview : „Nachhaltigkeit im Betonbau“ – ein Auftrag für alle Baubeteiligten
Nachhaltigkeit im Betonbau
SOLID: Sie haben in den mehr als 15 Jahren, in denen es die Betonakademie nun gibt, ein sehr breites Portfolio an Seminaren aufgebaut – trotzdem finden Sie immer wieder neue Themen, die das Angebot erweitern. Welche sind das dieses Jahr?
Christoph Ressler: Die Betonakademie wurde 2005 mit dem Ziel gegründet, Seminare im Bereich der Betontechnologie anzubieten. Seither wurde das Angebot laufend ergänzt und erweitert. Mittlerweile bieten wir rund 60 verschiedene Fach-und Spezialseminare in ganz Österreich an. Die Themen werden – wie auch die Herausforderungen – nicht weniger. Im kommenden Seminarjahr bieten wir daher erstmals Seminare zum Thema „Nachhaltigkeit im Betonbau“ an. Dabei werden wir aufzeigen, welche Anstrengungen bereits unternommen wurden, um den Baustoff Beton und die Betonbauweise „nachhaltiger“ zu machen. Hier geht es einerseits um den Baustoff selbst, neue Nachweisverfahren, neue Produktentwicklungen und die damit verbundenen Eigenschaften. Andererseits wird auch der Einfluss der Planung und Bemessung hinsichtlich der Kriterien der Nachhaltigkeit beleuchtet.
Michael Pauser: Das Seminar „NAB – Nachhaltigkeit im Betonbau“ beschränkt sich aber nicht nur auf die Produktebene. Jeder, der an der Betonbauweise beteiligt ist, kann einen Beitrag dazu leisten, dass nachhaltiger gebaut wird. Hier sprechen wir konkret auch Planer und Ausführende an. Vergessen darf man darüber hinaus die Bauherren nicht. Sie sind es schließlich, die Bauwerke beauftragen, bezahlen und im Endeffekt betreiben werden.
CO2 und Ressourcenschonung beim Bauen mit Beton
Das Thema „Nachhaltigkeit“ ist zwar fast jedem geläufig, aber dennoch sehr komplex. Worum wird es im neuen Seminar konkret gehen?
Ressler: Es stehen vor allem die Themen CO2 und Ressourcenschonung beim Bauen mit Beton im Fokus. Die CO2-Belastung wird beim Baustoff Beton primär durch das verwendete Bindemittel (Zement bzw. Klinker) verursacht. Die österreichischen Zementproduzenten reduzieren bereits seit vielen Jahren kontinuierlich den CO2-Ausstoß und sind heute deshalb im globalen Spitzenfeld mit den geringsten CO2-Belastungen bei den hergestellten Zementen/Bindemitteln. Im Seminar erfahren die Teilnehmer, welche neuen CO2-reduzierten Produkte es gibt, wie diese angewandt werden können und welche Eigenschaften sie mitbringen. Ein zweiter Schwerpunkt ist die Ressourcenschonung. Beton ist in ungebundener oder gebundener Form zu 100% recycelbar. Es ist etwa möglich, alten, gebrochenen Beton für die Herstellung von neuem Beton zu verwenden. Was es dabei zu beachten gilt, welche Ausgangsstoffe verwendet werden können, welche Anwendungen möglich bzw. zulässig sind und einiges mehr wird in „NAB – Nachhaltigkeit im Betonbau“ erklärt.
Pauser: Das neue Seminar ist deshalb auch für Planer sehr zu empfehlen. Sie rechnen schließlich das Tragwerk, dimensionieren die Betonbauteile und legen die Anforderungen an den Beton fest. Unter dem Aspekt der „ökologischen Nachhaltigkeit“ müssen heute andere Kriterien als bisher mitberücksichtigt werden. Nicht mehr schneller, höher, weiter sind die Zielvorgaben, sondern beispielsweise die Frage: Wie kann ich ein Betonbauwerk mit dem geringsten CO2-Fußabdruck errichten und dabei trotzdem die Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit sicherstellen? Brauche ich also wirklich eine Druckfestigkeitsklasse C50/60 bei einem extrem schlanken Bauteil mit viel Bewehrung oder ist eine geringere Druckfestigkeitsklasse mit einem etwas größeren Querschnitt und weniger Bewehrung vielleicht ökologisch nachhaltiger?
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Möglichkeiten zur Klassifizierung bzw. Ausschreibung von „nachhaltigem Beton" oder „CO2-reduziertem Beton“
Welche Möglichkeiten gibt es hinsichtlich der Klassifizierung bzw. Ausschreibung von „nachhaltigem Beton“ oder „CO2-reduziertem Beton“?
Ressler: Das ist ein Thema, das sehr aktuell ist und immer stärker nachgefragt wird. Bisher gibt es zum Thema „CO2-reduzierter Beton“ keine europäischen normativen Festlegungen. Einzelne Länder haben dazu aber schon Festlegungen definiert, nach welchen national ausgeschrieben werden kann. Hier können zum Beispiel Deutschland oder Finnland genannt werden. In Österreich gibt es diese Festlegungen noch nicht.
Pauser: Da unsere Vortragenden Betonbauspezialisten mit enorm viel Praxiserfahrung sind, werden sie aber in diese nationalen Diskussionen eingebunden und sind top informiert. Im Rahmen von „NAB – Nachhaltigkeit im Betonbau“ wird daher auch auf dieses Thema eingegangen und aus erster Hand informiert.
Alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette
Wer ist die Zielgruppe für das neue Seminar?
Pauser: Mit dem neuen Seminar sprechen wir alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette an: vom Bauherrn über die Planer, Ausschreibenden, Produzenten, Ausführenden bis hin zu Sachverständigen und zur Örtlichen Bauaufsicht. Alle sind gefordert, ihren Beitrag für mehr Nachhaltigkeit zu leisten – jeder in seinem Bereich, aber in dem Wissen und Bewusstsein, dass die eigenen Entscheidungen auch Auswirkungen auf andere Bereiche haben können. Das gilt natürlich ebenso für unser neues Spezialseminar „NIT – Nachhaltigkeit im Tunnelbau“, das ich auch sehr empfehlen kann. Oder das Seminar „RIT – Risikomanagement im Tunnelbau“, in dem einige typische Risikoszenarien des Untertagebaus für alle Beteiligten durchgespielt und Fragen zum Umgang mit Risiken im Tunnelbau beantwortet werden.
Alle Seminare für die Baupraxis findet man unter: www.betonakademie.at