Wohnbau : Gemeinnützigen-Rekord in Tirol - das größere Bild sieht anders aus

Der Tiroler Bau-Landesinnungsmeister Patrick Weber beurteilt die Entwicklung im Tiroler Wohnbau als schwierig.
- © Gerhard BergerEine angesichts der allgegenwärtigen Wohnbaukrise überraschende Meldung erreichte die Solid-Redaktion vor einigen Tagen: Die gemeinnützigen Bauträger Tirols haben 2024 so viel gebaut und investiert wie noch nie. GBV-Obmann Franz Mariacher sprach bei einer Pressekonferenz in Innsbruck von einem "Rekordjahr". 1.551 Wohnungen wurden errichtet und auch das Bauvolumen bei Neubau und Großsanierung habe mit 370 Mio. Euro neue Höhen erreicht. Auch für 2025 erwartet man wieder ähnlich positive Zahlen und Entwicklungen.
Wir baten den Tiroler Landesinnungsmeister und Geschäftsführer der Firma Baupuls, Patrick Weber, um eine Einordnung dieser Meldung und seine Sicht der Wohnbauentwicklung in Tirol.
Absturz bei Baugenehmigungen
Es sei sehr erfreulich, wenn die Gemeinnützigen Bauträger in Tirol auf ein Rekordjahr zurückblicken, meinte Weber und dass die Gemeinnützigen Bauträger damit einen wichtigen Beitrag zur Konjunkturbelebung und zum leistbaren Wohnen in Tirol leisten.
Weber: "Der Anteil der gemeinnützigen Bauträger liegt im Zeitraum 2022 bis 2024 bei den Eigentumswohnungen bei rund 6%, und insgesamt bei rund 42% der Neubauwohneinheiten." Im Bereich der Eigentumswohnungen am freien Markt gäbe es gleichwohl besorgniserregende Einbrüche bei den Fertigstellungszahlen.
"Auch die Baugenehmigungszahlen gehen in Tirol seit Jahren massiv zurück. 2021 gab es in Tirol noch 2.300 Baugenehmigungen, Im Jahr 2023 gab es nur mehr 1.300 Baugenehmigungen und 2024 werden es vermutlich unter 1.000 Genehmigungen sein. Das bedeutet: in Tirol wird derzeit zu wenig gebaut – vor allem werden zu wenig Wohnungen gebaut." An den Baugenehmigungszahlen könne man ablesen, dass sich die Situation für die bauausführenden Unternehmen 2025 nicht wesentlich verbessern wird.
Negative Rahmenbedingungen, positive Signale
Weber weiter: "Die Ursachen für die schwache Baukonjunktur in Tirol sind vielfältig: Hohe Grundkosten, wenig verfügbare Baugrundstücke, oft zu geringe zulässige Baudichten, überzogene Auflagen und Vorschriften führen zu hohen Baukosten, hohe Finanzierungskosten, zu lange Verfahrensdauern und überbordende bürokratische Hürden, um nur einige Punkte zu erwähnen.
In Tirol gibt es für Wohnungen am freien Markt keine zinsgünstige Wohnbaufinanzierung. Eine Lösung könnte die Tiroler Wohnbauförderung sein. Dazu müsste man die Subjektförderung (Förderung von Personen, die eine Wohnung am freien Markt erwerben wollen) in Tirol – zum Beispiel in Anlehnung an die Vorarlberger Wohnbauförderung ändern.
Das könnte den Wohnungsbau vor Allem im Bereich der Eigentumswohnungen wieder ankurbeln. Diese Maßnahme wäre nicht nur für die Belebung der Baukonjunktur wichtig. Sie würde vor Allem vielen Bürgern den Erwerb einer eigenen Wohnung ermöglichen.
Wenn die Baukonjunktur wieder anspringen soll, brauchen wir dringend weniger Auflagen, weniger bürokratische Hürden und vor Allem schnellere und transparente Verfahren. Derzeit brauchen wir in Tirol für die Genehmigung einer Wohnanlagen zum Teil drei Jahre und länger. Diese Situation ist nicht tragbar – sorgt nicht für bessere Verfahren und verursacht völlig unnötige Mehrkosten.
Je länger wir zu wenige Wohnungen bauen, desto schwieriger wird die Lage. Wenn unsere Bauunternehmen in Zukunft mehr Wohnungen bauen sollen, frage ich mich, woher die Mitarbeiter dafür kommen sollen. Zum anderen wird in den kommenden Jahren die Nachfrage an Wohnungen das Angebot übersteigen. Das sind keine guten Voraussetzungen für sinkende Preise am Wohnungsmarkt.
Es gibt aber auch positive Signale:
der Wegfall der KIM-Verordnung gibt Anlass zur Zuversicht und die Zinspolitik zeigt Anzeichen der Entspannung. Die Tiroler Landesregierung hat in ihrer Frühjahrsklausur angekündigt die Nachverdichtung forcieren zu wollen. Wir als Landesinnung Bau haben einige Vorschläge zur Belebung der Baukonjunktur und für leistbares Wohnen vorgelegt. Ich habe die Hoffnung, dass der eine oder andere Punkt von der Politik übernommen wird."