Digitalisierung : Gedruckt aus zementfreiem Beton
Das Ziel der Projektbeteiligten, unter ihnen MC-Bauchemie und Schalungshersteller Peri, war es, ein Produkt zu entwickeln, das die statisch erforderlichen Eigenschaften sowie das für den 3D-Druck notwendige Verarbeitungsverhalten bietet und gleichzeitig die CO₂-Emissionen signifikant reduziert.
Denn der üblicherweise verwendete Klinker, der als hydraulisches Bindemittel eingesetzt wird, braucht viel Energie und CO2. Um den Anforderungen eines hochwertigen 3D-Druckes zu genügen, muss das eingesetzte Material ein thixotropes Verhalten aufweisen. Das heißt, solange dem Material Energie zugeführt wird, ist es verformbar und pumpbar, ohne Energiezufuhr hingegen ist es standfest.
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Zum Einsatz kam der spezielle 3D-Trockenmörtel MC-PowerPrint GeCO₂, der auch nach mehreren Drucklagen ohne Verformung durch das Eigengewicht ein schönes und gleichmäßiges Druckbild ermöglicht. Kalkstein kommt bei MC-Bauchemie nicht zum Einsatz, sondern Geopolymere, wie Timur Rönnert, Geschäftsführer Österreich/Schweiz informiert. Als Bindemittel wird, alternativ zum Zement, ein additiviertes System aus Hüttensand und Flugasche eingesetzt. „Insgesamt können durch den Einsatz von alternativen Bindemitteln, die auf industriellen Nebenprodukten basieren, ca. 70 % der CO₂-Emissionen im Vergleich zu zementösen Mörtelprodukten eingespart werden“, rechnet Kai Markiefka, Produktmanager bei MC, die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks vor.
Erst Design, dann Druck
Bevor mit dem Druck des Minihauses begonnen werden konnte, wurde mithilfe einer Modellierungs-Software das Design entwickelt. Zudem wurden zahlreiche Materialversuche unternommen, um die richtige Zusammensetzung für die Anforderungen zu finden. Das fertige Konzept wurde im nächsten Schritt direkt in die sogenannte Slicer-Software des Druckers übertragen. So konnten dann am 3D-Druck Standort der Firma Röser die Einzelsegmente des Minihauses gedruckt werden.
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Auf einem geschlossenen Innenbordlader wurden sie über 500 Kilometer bis Beckum transportiert. Eine echte Herausforderung bei der speziellen Größe und Form der Betonbauteile. „Auf den ersten Blick widerspricht der lange Transportweg der angestrebten CO2-Reduzierung, allerdings wollten wir gleich bei der Premiere die Fertigteile bewusst diesem Stresstest unterziehen“, meint Dennis Bräunche, Technischer Außendienst bei Röser.
Auf der Baustelle mussten die Fertigteile auf eine Betonfertigteilplatte gestellt und mit Ankern untereinander verbunden werden. So konnte bereits innerhalb weniger Stunden das Minihaus übergeben werden. Insgesamt benötigte man für dieses Bauvorhaben 18 Monate.
Das Tiny House befindet sich auf dem Areal einer Beckumer Bikerbahn. Mit seinem großen Lagerraum samt überdachtem, offenem Eingangsbereich bietet es genug Platz, um Werkzeuge und Gerätschaften der Sportanlage unterzubringen. Auch von außen überzeugt das Tiny House. Seine ellipsenförmige Fassade wölbt sich nach außen und verläuft direkt in die vertikale Struktur der inneren Schale. Ein besonderes Design, das so nur im 3D-Druckverfahren möglich ist.
Druck als nachhaltiger Gebäudestandard
Durch die gute Zusammenarbeit und Innovationsbereitschaft aller Beteiligten konnte das Projekt realisiert werden. „In Zukunft gilt es, weitere Potenziale des Gebäudedruckverfahrens zu erarbeiten, um das Drucken von Gebäuden als zukunftsweisenden und nachhaltigen Baustandard zu manifestieren“, erklärt Waldemar Korte vom Planungsbüro Mense-Korte, „so können wir bald immer größere Gebäudetypologien mit unterschiedlichsten Nutzungen umsetzen. Außerdem ist es entscheidend, Druckmörtel immer weiter zu optimieren und diversifizieren, um noch mehr Nachhaltigkeit im Bauprozess zu erreichen.“
Timur Rönnert von MC-Bauchemie sieht die Einsatzmöglichkeiten von gedruckten Gebäuden vielfältig: „Diese Häuser könnten schnell gedruckt und errichtet werden, wenn es kommerziell wird. Zum Beispiel beim Aufbau von Notunterkünften statt Zelten.“
Der 3D-Druck ermöglicht nicht nur die Umsetzung individueller Geometrien und Bauteilen aus Beton, die mit konventioneller Schalungstechnik nicht umsetzbar wären, sondern optimiert auch Fertigungsprozesse und beschleunigt den Digitalisierungsprozess in der Bauindustrie.