Nachhaltigkeit : EU stellt Nachhaltigkeitsberichterstattung ab 2023 auf neue Beine
Die Europäische Union stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen ab 2023 auf neue Beine. Bisher waren in Österreich rund 90 große Firmen von der sogenannten "nicht-finanziellen" Berichterstattung erfasst, ab 2023 werden Nachhaltigkeitsberichte für rund 2.000 Firmen verpflichtend. Neben der Ausweitung des Geltungsbereichs müssen Unternehmen ihren Bericht zukünftig auch extern prüfen lassen.
"Das wird die Glaubwürdigkeit der Berichte enorm erhöhen", erklärte Sanela Terko, Spezialistin für Nachhaltigkeitsberichterstattung bei der Wirtschaftsprüfungskanzlei BDO, im Gespräch mit der APA. Bei der verpflichtenden Überprüfung müsse alles, was im Bericht steht, belegbar sein. Deshalb "werden sich Unternehmen exakt mit den Zahlen auseinandersetzten müssen". Diese intensive Beschäftigung mit den Umweltauswirkungen der wirtschaftlichen Aktivität setze bereits einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, so die Expertin. Bisher war die Prüfung freiwillig.
Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) soll mit Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt werden und erstmals für das Berichtsjahr 2023 zur Anwendung kommen. Bereits seit 2017 gilt in Österreich ein Berichterstattungspflicht für große Firmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Beschäftigten. Bisher waren davon rund 90 österreichische Unternehmen betroffen.
Die neue Richtlinie sieht vor, diesen Kreis deutlich auszuweiten: Künftig gilt die Berichtspflicht für alle Unternehmen, die zumindest zwei der drei Größenmerkmale erfüllen (Bilanzsumme über 20 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse über 40 Mio. Euro und/oder durchschnittliche Beschäftigtenzahl von über 250 während des Geschäftsjahres). Somit müssen ab 2023 rund 2.000 Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen. In der gesamten EU wächst der Kreis der Berichtspflichtigen von rund 11.000 auf rund 49.000 Firmen.
Die Bestimmung enthält Neuerungen in den Bereichen Berichtsformat, Berichtsstandards sowie Breite und Tiefe der zu berichtenden Informationen. Inhaltlich umfasst die Berichtspflicht "Umwelt-, Sozial-, Arbeitnehmer*innen-, Menschenrechts- sowie Korruptions- und Bestechungsbelange". Die genauen Berichtsstandards werden derzeit noch ausgearbeitet. Unter anderem muss der Bericht konkrete Informationen zur Wertschöpfungskette enthalten. "Das heißt, ich muss mich jetzt auch damit auseinandersetzen, wer meine Lieferanten sind und wie deren Nachhaltigkeitskennzahlen ausschauen", sagt Terko.
Außerdem sieht die Richtlinie eine verstärkte Einbindung firmeninterner Entscheidungsträgerinnen und -träger vor. "Sobald das Thema ganz oben angekommen ist, hat es natürlich einen ganz anderen Stellenwert", sagt die Expertin. Als Basis für die Nachhaltigkeitsberichterstattung dient die EU-Taxonomieverordnung, ein Kriterienkatalog für die Nachhaltigkeit spezifischer Wirtschaftsaktivitäten von emissionsintensiven Sektoren.
Auch Greenwashing werde mit der neuen Direktive entgegengewirkt. Berichterstattende Unternehmen müssen eine sogenannte "Risiko- und Auswirkungsanalyse" durchführen und im Zuge dessen "die wesentlichen Risiken, die wahrscheinlich negative Auswirkungen" haben, identifizieren und Gegenmaßnahmen präsentieren. Die bisher freiwilligen Berichte haben Unternehmen ganz unterschiedlich umgesetzt und zum Teil auch selektiv nur jene Aspekte ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit thematisiert, in denen sie bereits gut aufgestellt waren. Das werde ab 2023 nicht mehr möglich sein: "Greenwashing wird immer schwieriger, mit der CSRD und der EU-Taxonomie fast unmöglich", erklärt die Expertin.
"Es hat auch schon ein Umdenken stattgefunden", sagt Terko, "immer mehr Unternehmen schauen auch, dass die Nachhaltigkeitskennzahlen tatsächlich passen". Viele Investorinnen und Investoren würden gezielt nach diesen Informationen fragen und ihre Entscheidungen dann auch danach treffen. "Es ist unbestritten, dass mit Environmental-Social-Governance immense Risiken auf Unternehmen zu kommen", deshalb brauche es dieses Umdenken: "das Geschäftsmodell muss an die Gegebenheiten angepasst werden". In der Vergangenheit hätten solche Veränderungen Jahre gedauert, durch die Coronapandemie und den Klimawandel habe sich das Tempo aber enorm beschleunigt.