Immobilien : Denkmalschutz: Erhalt des baukulturellen Erbes
Die Habsburger waren ihrer Zeit oft voraus: So schufen sie bereits 1850 mit der „k.k. Zentralkommission“ eine staatliche Einrichtung zum Schutz österreichischer Kulturgüter. Für eine wirkungsvolle Umsetzung fehlte jedoch lange die konkrete legistische Grundlage in Form eines Bundesgesetzes, das den Denkmalschutz nach einheitlichen Kriterien durch eine zuständige Behörde regelt.
Mit der Beschlussfassung des Denkmalschutzgesetzes am 25. September 1923 erhielt das Bundesdenkmalamt (BDA) diesen gesetzlichen Auftrag, nämlich das öffentliche Interesse an der Erhaltung des kulturellen Erbes Österreichs durchzusetzen. BDA-Präsident Christoph Bazil (siehe das Interview) unterstreicht, dass die vor hundert Jahren festgelegten Kriterien flexibel genug sind, um unter Berücksichtigung der Judikatur der Verwaltungsgerichte zeitgemäß ausgelegt zu werden.
Baukultur trifft auf moderne Funktionen
Wie das vor sich geht, veranschaulicht die 1902 errichtete und seit 1991 unter Denkmalschutz stehende Villa Mautner-Jäger auf der Landstrasser Hauptstraße im 3. Wiener Gemeindebezirk, die gerade aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst, sprich generalsaniert wird. In Abstimmung mit dem BDA modernisieren die Eigentümer die Liegenschaft im Sinne der baukulturellen sowie emotionalen Werterhaltung und statten sie mit zeitgemäßen Funktionen aus.
So wird der Außenauftritt von Palais und Pförtnerhaus in der originalen Farbgebung wiederhergestellt. Die Fassade erhält einen sehr hellen Grauton. Sämtliche metallischen Bauteile, wie etwa Einfriedung und Eingangsportal, werden im ursprünglichen Grünton beschichtet. Die Grate des ansonsten roten Ziegeldaches sind ebenfalls – laut Original – in Grün gehalten. Sie akzentuieren dadurch das markante Dach.
Ein anderes Sanierungsprojekt wurde kürzlich finalisiert. Es handelt sich um das Casino Zögernitz. Weil man den Originalzustand rekonstruieren konnte, ist die Liegenschaft in Döbling laut dem BDA ein besonders wertvolles Casino. Eigentümer Hermann Rauter berichtet: „Mit dem BDA arbeiteten wir hervorragend zusammen. Wegen der Umwidmung von Hotel auf Museumsnutzung hatten wir bei der Revitalisierung viele Herausforderungen. So mussten wir in den meisten Teilen des alten Gebäudes den strengen Neubaubestimmungen hinsichtlich der Energie und Statik – Stichwort Erdbebensicherheit – Genüge tun. Auch das ist uns letztlich gelungen.“
Blick über die Grenzen
Vom 19. in den 23. Wiener Gemeindebezirk, wo Soravia und die Ifa AG Ende Jänner in Atzgersdorf auf dem Areal einer ehemaligen Sargerzeugung ihre Pläne für ein neues Grätzelzentrum namens „Fabrik1230“ präsentierten. Dort kommt ebenfalls der Denkmalschutz zum Tragen. Auf rund 10.000 Quadratmetern Nutzfläche soll das Projekt einen Mix aus Gastronomie-, Gewerbe-, Veranstaltungs-, Freizeit- und Kulturangeboten mit Fokus auf Live-Musik, ein Gesundheitszentrum sowie Büroflächen bieten. Um die Atmosphäre des über hundert Jahre alten Gebäudes für kommende Generationen zu sichern, erfolgen die Revitalisierung sowie Neu- und Umbauten – eben unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes.
Im Gegensatz zu Österreich ist der Denkmalschutz in anderen Ländern nicht für das gesamte Staatsgebiet einheitlich geregelt. So zeichnen etwa in der Schweiz wegen der föderalen Strukturen die 26 Kantone für den Erhalt von Kulturgütern verantwortlich. Dies führt dazu, dass aufgrund verschiedenartiger Traditionen und unterschiedlicher kultureller Voraussetzungen mannigfache Ausformungen der entsprechenden Arbeit existieren. Auch in Deutschland fallen Denkmalschutz und -pflege in die Zuständigkeit der jeweiligen Bundesländer. Es gibt dort daher 16 Denkmalschutzgesetze.
Hierzulande feiern die bundesweit geltenden Paragraphen wie erwähnt am 25. September 2023 ihren 100. Geburtstag. Alles Gute im Voraus!
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"Wir sind als Bundesbehörde bestrebt, den Denkmalbestand in Österreich in allen Bereichen für nachkommende Generationen zu erhalten. "
Christoph Bazil, Präsident des Bundesdenkmalamts
Interview: „Wichtig ist das direkte Gespräch“
Das Bundesdenkmalamt ist bemüht, mit sämtlichen Eigentümern tragfähige Lösungen zu finden, unterstreicht dessen Präsident Christoph Bazil.
SOLID: Nach welchen Kriterien wird entschieden, welche Gebäude unter den Denkmalschutz fallen?
Christoph Bazil: Voraussetzung für eine Unterschutzstellung ist, dass das Objekt eine geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Bedeutung aufweist, die ein öffentliches Interesse an der Erhaltung begründet. Die Kriterien sind in § 1 des Denkmalschutzgesetzes (DMSG) definiert.
Von Menschen geschaffene, unbewegliche oder bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen, können demnach unter Denkmalschutz gestellt werden. Das Bundesdenkmalamt handelt planmäßig auf der Grundlage eines österreichweiten Unterschutzstellungskonzepts und setzt dabei auch inhaltliche Schwerpunkte, etwa zur Nachkriegsmoderne, dem Erhalt von bäuerlichem Kulturgut oder zu Objekten aus der Zeit des Nationalsozialismus.
Wie änderten sich diese Kriterien im Laufe der Zeit?
Bazil: Die Kriterien sind im Denkmalschutzgesetz aus 1923 festgelegt. Sie sind aber flexibel genug, damit sie vom Bundesdenkmalamt unter Berücksichtigung der Judikatur der Verwaltungsgerichte zeitgemäß ausgelegt werden können. So führt zum Beispiel der Strukturwandel in der Landwirtschaft zur Notwendigkeit, für diese Bauten, von denen manche wichtige Zeugnisse des Kulturerbes sind, neue Nutzungen zu finden. Dasselbe gilt für viele frühen Industriebauten, die heute oft zu Wohnungen oder Büros umgestaltet werden. Wesentlich ist hier, dass diese Bauten ihre tragenden Bedeutungselemente behalten. Andere Denkmale, etwa Gründerzeithäuser, sind bereits in ihrer Planung und Ausführung so durchdacht, dass sie ohne oder mit nur geringen Eingriffen für verschiedene Verwendungen taugen.
Wie gestaltet sich in der Regel die Zusammenarbeit mit der gewerblichen Immobilienwirtschaft?
Bazil: Das Bundesdenkmalamt ist bemüht, mit allen Eigentümern tragfähige Lösungen zu finden, um einerseits dem Erhalt des tradierten Erscheinungsbildes und den für das Denkmal charakteristischen Eigenschaften und andererseits dem Wunsch nach Veränderung zur Optimierung der Nutzungsmöglichkeiten gerecht zu werden.
Wichtig ist das direkte und offene Gespräch zwischen allen Beteiligten. Je früher das Bundesdenkmalamt kontaktiert wird, desto leichter ist es, Möglichkeiten und Grenzen von beiden Seiten zu klären und dadurch die Bedingungen für die denkmalrechtliche Genehmigung des Bauvorhabens oder der geplanten Restaurierung festzulegen.
Auf welches Denkmalschutzprojekt sind Sie besonders stolz?
Bazil: Wir sind als Bundesbehörde bestrebt, den Denkmalbestand in Österreich in allen Bereichen für nachkommende Generationen zu erhalten. Dies umfasst sowohl einzelne Gebäude als auch städtische Ensembles, archäologische Fundstellen, bewegliche Kulturgüter (z.B. Gemälde, Münzsammlungen) bis hin zu technischen Denkmalen (z.B. Brückenkonstruktionen, Maschinen) oder Klangdenkmalen (Orgeln, Glockenspiele).
Gelungene Projekte werden mit der österreichischen Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet. Es werden dabei sowohl Einzelpersonen als auch Vereinigungen geehrt, die durch ihr außerordentliches Engagement zum Erhalt des kulturellen Erbes in Österreich beitragen. Einzelne Projekte möchte ich hier nicht hervorheben, sondern lieber betonen, dass wir wahrscheinlich die einzige Kultureinrichtung des Landes sind, die überall in Österreich einen Auftrag hat.
Es gibt, glaube ich, keine Gemeinde, kein Tal und keine Ecke, wo nicht zumindest ein geschütztes Denkmal steht. In den allermeisten Fällen werden diese auch mit viel Engagement der Eigentümer oder von verschiedenen Initiativen erhalten.