Gebäudesicherheit : Muss sich die Baubranche auf mehr Stürme vorbereiten?
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Ob Stürme tatsächlich immer mehr und stärker werden, ist von großer Relevanz für die Baubranche – und das aufgrund mehrerer Folgesituationen. Denn verursachen Stürme mehr Schäden und ist davon auszugehen, dass sie eher zu- denn abnehmen werden, muss im Neubau mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden; für den Bestand müssen Lösungen gefunden werden; Reparaturarbeiten werden häufiger; und Hausbesitzer fragen sich natürlich, wie sie das Gröbste verhindern können.
Doch zunächst stellt sich die Frage, ob Naturkatastrophen tatsächlich immer öfter vorkommen und stärker werden. Laut dem Versicherungskonzern Wiener Städtische ist das klar der Fall. Da Gebiete immer dichter besiedelt sind, sind automatisch mehr Häuser betroffen; und da Häuser immer teurer werden, steigen auch die Schadenssummen, wenn der Sturm etwas anrichtet.
So sollen die Schäden durch Sturm, Hagel und Hochwasser in Österreich fast jedes Jahr in Millionenhöhe sein – allein bei der Wiener Städtischen. Oft sind die Beträge aber sehr viel höher. 2015 verursachten Stürme 22 Millionen Euro Schadenszahlungen beim Versicherungskonzern, 2014 waren es durch einen Hagelsturm in Klagenfurt in nur wenigen Stunden 35 Millionen Euro. Das Jahrhunderthochwasser 2013 in Niederösterreich: 50 Millionen. Insgesamt ergaben sich Schäden in Höhe von 700 Millionen Euro in einem einzigen Jahrzehnt.
Vermeidbare Millionenschäden?
Allerdings kann die Zunahme von Wetterextremen nicht pauschalisiert werden. Ganz Europa betrachtet, nehmen die Sturmtage laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik tatsächlich zu – im Mittelmeerraum aber ab.
Unter 1.500 Metern Seehöhe lässt sich sogar im Europaschnitt eine leichte, stete Abnahme der Windgeschwindigkeit seit 1960 beobachten. Die mittlere jährliche Windgeschwindigkeit war demnach vor 30 Jahren noch um zehn Prozent höher. In höheren Regionen nahm sie allerdings im gleichen Zeitraum leicht zu.
Was laut ZAMG tatsächlich deutlich steigt, ist die Frequenz der Sturmtage – und zwar zwischen 19 und 33 Prozent. Modelle gehen von einer Zunahme um 25 Prozent bei volkswirtschaftlichen Schäden in Deutschland bis 2100 aus.
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Keine einheitliche Sturmzunahme
Diese Zunahme liegt nicht vor uns – wir stecken vielmehr mittendrin. In Deutschland nehmen die Schäden durch Unwetter schon seit vier Jahrzehnten zu.
Unwetter bedeuten natürlich nicht nur Sturmböen, sondern auch Regen. Und der würde deutlich stärker, so Frank Böttcher, Vorstandsmitglied der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft. „Eine Atmosphäre, die wärmer ist, kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Diese Feuchtigkeit muss dann auch wieder heraus, und das passiert im Sommer auch durch stärkere Gewitter. Das ist reine Physik.“
https://youtu.be/aetvPwWPtNQ
Die Reaktionen von Unternehmen rangieren von Prävention bis Schadensminderung. So gibt es etwa Hochwasser-Schutzsysteme, die mittels Dammbalken Fenster und Türen schnell wasserdicht machen sollen; aber auch schnell aufgebaute Pumpsysteme für Laien, mit denen überflutete Keller schneller geleert werden können. Die Produkte richten sich sogar speziell an Hausbesitzer in Hochwassergegenden.
Wenn „reine Physik“ ignoriert wird
Reagiert auf extremere Wetterereignisse hat aber auch die Gesetzgebung. In Deutschland etwa gelten seit 2011 härtere Bestimmungen in der Windsogsicherung. Im Bestand müssen Dachziegel und Dachsteine besser gesichert werden. Und im Neubau gelten bereits seit 2007 Berechnungsgrundlagen für Windlasten bei Häusern, die von stärkeren Extremen ausgehen.
Allerdings sind früher erbaute Immobilien natürlich deutlich in der Überzahl – und nicht jeder Eigentümer kümmert sich um korrekte Absicherungen des Daches. Oft ist auch fehlendes Wissen der Grund für schlecht oder falsch gesicherte Dächer. Denn viele würden nicht glauben, dass die windabgewandte Seite die gefährdete ist. Bereits Wind von der Stärke Sieben – was noch nicht einmal als Sturm gilt, welcher erst bei Acht beginnt – wird ein solcher Sog erzeugt, als würde ein Zuggewicht von 100 Kilogramm auf die windabgewandte Seite einwirken. Alles, was locker, schon etwas verwittert oder gewölbt ist, kann hier leicht mitgerissen werden. Und dann liegt die Dachdämmung frei und ungeschützt.
https://youtu.be/XuqsVflb7mA
Auch vergangenes Wochenende hatte die Feuerwehr allein in Südhessen über 1.000 Einsätze – wegen abgedeckter Dächer und überfluteter Keller durch den Sturm. Viele Schäden hätten sich wohl trotz des extremen Wetters bei richtiger Vorsorge verhindern lassen. „Information hilft, Schäden zu vermeiden“, sagt auch Michael Staudinger vom ZAMG. Ein erster Schritt wäre, die Haltbarkeitsgrenzen des Bedachungsmaterials zu kennen und auch zu beachten. So gelten laut dem Bund Technischer Experten für Aluminium-, Zinkblech- und Faserzementeindeckungen 25 bis 40 Jahre; für Betondachstein und Ziegel 40 bis 50 Jahre; und für Schiefer 75 Jahre und länger.
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