Sollte ein Kalkulationsirrtum vom Auftraggeber im Zuge der Angebotsprüfung nicht entdeckt werden, ist dies nicht zwingend positiv für den betroffenen Bieter. Dies insbesondere dann, wenn die Leistung zum kalkulierten Preis nicht erbracht werden kann. Mit Abgabe des Angebots bestätigt der Bieter gemäß § 127 Abs 2 BVergG, dass er die Leistungen zu den angebotenen Preisen gemäß den Bestimmungen der Ausschreibung erbringen wird. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Bestimmung sind die Möglichkeiten einer nachträglichen Mehrkostenforderung schon grundsätzlich stark eingeschränkt. Darüber hinaus sieht auch die idR für Bauaufträge zur Anwendung gelangende ÖNORM B 2110 (idF 2023) unter Punkt 7.2.2 explizit vor, dass das Kalkulationsrisiko in der Sphäre des AN liegt. Der Versuch, einen Kalkulationsirrtum nach Zuschlagserteilung durch eine Mehrkostenforderung zu beheben, wird daher in der Regel zum Scheitern verurteilt sein.
Da ein Bieter nach Ablauf der Angebotsfrist für die Dauer der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist und er dieses weder zurücknehmen noch ändern darf, stellt sich die Frage nach möglichen Handlungsalternativen für Bieter, welche den Zuschlag auf ein mit einem Kalkulationsirrtum behaftetes Angebot verhindern wollen.
Sollte dem Auftraggeber im Rahmen der Angebotsprüfung ein Kalkulationsirrtum eines Bieters entgangen sein, bleibt dem Bieter grundsätzlich nur mehr die Möglichkeit, den Auftraggeber während der Zuschlagsfrist auf den Kalkulationsirrtum und die damit einhergehende Ausschreibungswidrigkeit seines Angebots hinzuweisen. Daraufhin wäre der Auftraggeber zwingend verpflichtet das Angebot einer vertieften Prüfung zu unterziehen. Im Falle eines Kalkulationsirrtums kann das Ergebnis dieser vertieften Angebotsprüfung nur sein, dass die Zusammensetzung des Gesamtpreises nicht plausibel und das Angebot dementsprechend auszuscheiden ist. Auf diese Weise könnte der Bieter daher das Ausscheiden des eigenen Angebots "erzwingen".
Sollte der Auftraggeber das Angebot jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht ausscheiden, stellt sich die Frage, ob der betroffen Bieter die Zuschlagserteilung durch Anfechtung der zu seinen Gunsten ergangenen Zuschlagsentscheidung verhindern könnte. Hierzu wird in der Rechtsprechung jedoch die Position vertreten, dass einem präsumtiven Zuschlagsempfänger durch eine Zuschlagserteilung kein Schaden droht und ihm daher auch keine Antragslegitimation zur Stellung eines Nachprüfungsantrages zukommt. Anfechtungen der "eigenen" Zuschlagsentscheidungen wurden bisher daher idR zurückgewiesen.
Dem Bieter grundsätzlich die Antragslegitimation abzusprechen, falls dieser den Zuschlag auf ein aufgrund eines Kalkulationsirrtums nicht kostendeckendes Angebot verhindern möchte, ist durchaus kritisch zu betrachten. Dies insbesondere in jenen Fällen, in denen der Auftraggeber infolge eines Hinweises durch den Bieter positive Kenntnis von dem Kalkulationsirrtum (und sohin der Ausschreibungswidrigkeit des Angebots) hatte. In derartigen Fällen ist uE ein positiver Schaden des Bieters (mangelnde Kostendeckung) zu bejahen und die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung ergibt sich daraus, dass das ausschreibungswidrige Angebot korrekterweise auszuscheiden gewesen wäre.