Diese EU-Richtlinie über Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit bezweckt die Förderung des nachhaltigen und verantwortungsvollen Verhaltens von Unternehmen in ihren globalen (vor- und nachgelagerten) Aktivitätsketten. Sie sollen die betroffenen Unternehmen im Wesentlichen zum Umwelt-, Klima- und Menschenrechtsschutz verpflichten (z.B. Verhinderung von Kinderarbeit, der Ausbeutung von Arbeitnehmern, "modern slavery" usw). Die Wahrnehmung und Dokumentation dieser Verpflichtungen entlang aller Lieferketten verursachen einen erheblichen Aufwand für Unternehmen.
Die Entbürokratisierung soll primär durch die Einschränkung des Anwendungsbereichs auf direkte Vertragspartner der Verpflichteten erfolgen. Der Umfang, ob und inwieweit auch "indirekte Vertragspartner" (Sub-Sublieferanten usw) erfasst sein soll, war schon im Gesetzgebungsprozess zur Richtlinie heiß umstritten (gerade für die österreichische Zulieferindustrie wären hier große Herausforderungen zu erwarten gewesen). Nunmehr sollen Sorgfaltspflichten gegenüber indirekten Vertragspartnern nur noch insoweit bestehen, als konkrete und begründete Anhaltspunkte für Verstöße bei diesen Geschäftspartnern vorliegen. Zudem sollen im Sinne der Aufwandverringerung die Prüfungsintervalle auf fünf Jahre hinaufgesetzt werden sowie die Verpflichtung zur Beendigung von Vertragsbeziehungen als ultima ratio im Falle von Verstößen ersatzlos gestrichen werden. Die derzeit vorgesehene Maßnahme der Aussetzung der Geschäftsbeziehungen mit dem betreffenden Vertragspartner soll aber weiterhin aufrechterhalten bleiben.
Die zweite gravierende Änderung soll die Implementierungsperiode und die gestaffelte Anwendung betreffen. Die beschlossene EU-Lieferkettenrichtlinie sollte in ihrer derzeitigen Form (vor den Reformankündigungen) bis spätestens 26.7.2026 in das nationale Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden und – soweit hier relevant – auf EU-ansässige Unternehmen des Privatrechts (GmbH, AktG, OG etc) samt konzernmäßig verbundenen (Tochter-)Unternehmen mit durchschnittlich mehr als 1000 Beschäftigten und mehr als EUR 450 Mio (Netto-)Umsatz Anwendung finden.
Mit der nun vorgeschlagenen Änderung soll die Umsetzungsfrist um ein Jahr auf 26.7.2027 erstreckt werden (und so Unternehmen mehr Zeit zur Vorbereitung bzw Entwicklung von Risikomanagementsystemen einräumen). In diesem Sinne soll mit der vorgeschlagenen Änderung auch der Zeitpunkt, ab dem die Sorgfaltsverpflichtungen für die erste "Unternehmenswelle" einzuhalten sind (Art 37 der EU-Lieferkettenrichtlinie), entsprechend erstreckt werden. Somit werden die von der ersten Unternehmenswelle erfassten Unternehmen (Unternehmen mit 5.000 Beschäftigten und weltweitem Nettoumsatz von mehr als EUR 1,5 Mrd.) erst ab dem 26.7.2028 verpflichtet sein, diese Vorgaben einzuhalten. Fraglich ist, ob zum gleichen Zeitpunkt auch schon die Anwendung auf die zweite "Unternehmenswelle" startet (die medialen Ankündigungen stehen hier u.E. im Widerspruch zum tatsächlichen Gesetzesantrag).
Ob die Änderungsvorschläge in dieser Form angenommen werden, bleibt abzuwarten. Wir halten Sie jedenfalls am Laufenden.