Österreich : Flächenwidmung: Gemeindebund empört über "glatten Angriff" Rauchs

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Der Gemeindebund ist empört über einen "glatten Angriff" von Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) auf die Gemeindeautonomie. Rauch nannte es einen "Irrtum der Geschichte", dass Gemeinden über Flächenwidmung entscheiden und plädierte, dies zu überdenken. Diese Debatte, die er ohne Anlass losgetreten habe, werde der Minister nicht gewinnen, ist Gemeindebund-Vizepräsident Rupert Dworak sicher. SPÖ und FPÖ stellen sich auf ihre Seite, NEOS und WWF auf jene Rauchs.

Er und Präsident Alfred Riedl äußerten in einer Aussendung ihr "Unverständnis" für Rauchs "Standard"-Interview. Der Minister argumentiert darin, die Bürgermeister seien "zu nahe dran an den lokalen Interessenlagen, um sich gegen kommerzielle Ansprüche wehren zu können" - weshalb etwa außerhalb Wiens der Bau von Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen vernachlässigt worden sei.

"Wer, wenn nicht die lokale Gemeinschaft soll entscheiden, wo und ob etwas gebaut werden soll? Diese den Gemeinden wegzunehmen, ist ein glatter Angriff auf die Gemeindeautonomie. Das werden wir niemals akzeptieren", konterten die Gemeindebund-Chefs. In allen Bundesländern gebe es Raumordnungsgesetze, die einen klaren Rahmen vorgeben. Das Land entscheide also bei jeder Flächenwidmung mit. Riedl und Dworak riefen die fachlich zuständige Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf, dem Sozialminister zu erläutern, "welche Rechte die Gemeinden in Sachen Flächenwidmung- und Raumordnung haben und auch immer haben werden".

Groß war die Aufregung über Rauchs Vorstoß auch bei SPÖ und FPÖ - speziell bei Bürgermeistern aus deren Reihen: SPÖ-Kommunalsprecher Andreas Kollross, Bürgermeister in Trumau (NÖ), attestierte dem Sozialminister offensichtlich "nicht viel Ahnung von Kommunalpolitik" zu haben: "Gewählten Gemeindevertreter*innen die Entscheidungskompetenz in Sachen Flächenwidmung zu entziehen und diese einem Beamten in einer Landesregierung zu übertragen, ist eine Schnapsidee" - weil undemokratisch und fern jeder Bürgernähe, meinte Kollross.

Als "einfach nur peinlich" und "fachunkundig" kommentierte FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer, Bürgermeister in Mühldorf (Kärnten), Rauchs Aussage. Die Gemeindekompetenzen bei der Raumordnung in Frage zu stellen sei ein Angriff auf das verfassungsrechtlich verankerte Prinzip der Gemeindeautonomie und gleiche einer "Aushebelung demokratischer Prinzipien", empörte er sich in einer Aussendung.

"Wohlwollend" fiel hingegen die Reaktion der NEOS aus - die selbst seit langem dafür eintreten, die Flächenwidmungs-Kompetenz von den Gemeinden zu den Ländern zu verschieben. Dies sei nötig, um nachhaltig der Bodenversiegelung entgegenwirken zu können, forderte Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard in einer Aussendung neuerlich einen "klaren bundesgesetzlichen Rahmen", um mehr Transparenz in die Flächenwidmung zu bringen. Die Bodenversiegelung sei "mit Abstand das größte Umweltproblem", Österreich rangiere beim "zügellosen Zubetonieren" im europäischen Spitzenfeld. Täglich werde im Lande Grünraum im Ausmaß von 13 Fußballfeldern zugepflastert.

Dieser "Flächenfraß" habe negative Folgen für Biodiversität, Versorgungssicherheit und Klimaschutz, merkte WWF Österreich an. Auch die Umweltschutzorganisation hält "strukturelle Reformen gegen den viel zu hohen Bodenverbrauch" für dringend nötig, konkret schwebt ihr ein umfangreicher Bodenschutzvertrag vor, der die Kompetenzen neu regelt und konkrete Maßnahmen gegen den Flächenfraß vorsieht.