Zeitbombe UVP? : EU-Kommission rügt Österreichs Umweltprüfung bei Großprojekten

Infrastruktur Asfinag Aurachbruecke

Insbesondere bei Großprojekten der Bau- und Infrastrukturbranche sieht Brüssel gravierende Defizite, die nicht nur die Umwelt, sondern auch die Rechtssicherheit gefährden. (Symbolfoto)

- © Asfinag

EU-Verfahren wegen mangelhafter Umweltverträglichkeitsprüfung eingeleitet

Die EU-Kommission hat am Mittwoch formelle Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich und Ungarn vorangetrieben. Anlass ist die unzureichende Umsetzung der EU-Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie (UVP-RL) in nationales Recht. In sogenannten „mit Gründen versehenen Stellungnahmen“ wirft Brüssel beiden Staaten Versäumnisse bei der verpflichtenden Prüfung von Großprojekten auf ihre Umweltauswirkungen vor.

Für die Bauwirtschaft hat dies erhebliche Relevanz: Infrastruktur- und Hochbauprojekte könnten künftig unter strengere Kontrolle geraten – oder im schlimmsten Fall von EU-seitigen Gerichtsentscheidungen ausgebremst werden.

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Kritikpunkte: Schwellenwerte, Standortbewertung und Kumulierungseffekte

Laut EU-Kommission erfüllt die österreichische Gesetzgebung zentrale Anforderungen der UVP-Richtlinie nicht. Beanstandet werden insbesondere:
    •    unzureichende Prüfung kumulativer Umweltauswirkungen,
    •    fehlende Klarheit bei den Kriterien zu Art, Größe und Standort von Projekten,
    •    sowie fragwürdige Schwellenwerte, die eine UVP verpflichtend machen sollen.

Die EU warnt, dass unter diesen Umständen Projekte bewilligt werden könnten, ohne dass deren volle Auswirkungen auf Umwelt und menschliche Gesundheit ausreichend berücksichtigt würden.

Zweimonatige Frist für Nachbesserung

Österreich erhielt bereits im April 2024 ein erstes Aufforderungsschreiben der Kommission. Doch laut Brüssel blieb eine vollständige Umsetzung bislang aus. Nun wurde die nächste Eskalationsstufe im Verfahren gezündet: Wien hat – wie auch Budapest – zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe zu reagieren und rechtliche Nachbesserungen vorzulegen. Andernfalls droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.

Gefahr für die Rechtssicherheit am Bau

Für Bauherren, Investoren und Behörden in Österreich ist die Situation eine potenzielle Zeitbombe: Sollte der Europäische Gerichtshof die nationalen UVP-Vorgaben für unvereinbar mit EU-Recht erklären, könnten laufende oder geplante Projekte ins juristische Abseits geraten. Schlimmstenfalls droht eine rückwirkende Überprüfung bereits genehmigter Bauvorhaben.