Bau-Roboter in der Etzi-World : Etzenberger: „Wir holen den Bau aus der Steinzeit“

Bauroboter in der Etzi-World

Robotergefertigt werden in der Etzi-World Ziegelwände in Stärken von zwölf bis 50 Zentimetern und Längen zwischen 0,5 und sechs Metern. 

- © Thomas Brunner

Solid: In der zweiten Jänner-Hälfte wurde die Etzi-World in Ried im Traunkreis eröffnet. Was bewog Sie zu dieser Großinvestition mitten in der Baukrise?

Maximilian Etzenberger: Diese Frage dürften sich auch andere gestellt haben. Wir hatten mehr als 10.000 Besucherinnen und Besucher am Eröffnungstag. Ein großer Teil davon aus Oberösterreich, viele aber auch aus den angrenzenden Bundesländern. Dazu kamen Berichte im Fernsehen, im Radio und in diversen Medien. Die Neugierde war groß. 

Manche mögen sich tatsächlich gefragt haben, warum der narrische Etzenberger in der Krise 40 Millionen Euro in eine neue Unternehmenszentrale investiert. Viele wollten live erleben, wie wir an diesem Standort Ziegelfertigwände mithilfe von Robotern produzieren. Mit unseren viertelstündlichen Führungen sind wir gerade so durchgekommen. Zeitweise hatten wir eine bis zu 60 Meter lange Warteschlange.

Damit ist die Frage nach den Gründen der Investition noch nicht beantwortet …

Etzenberger: Ein Sprichwort sagt: „Wer in der Krise investiert, geht gestärkt daraus hervor“. Natürlich stand für uns dabei eine Vision im Vordergrund. Es geht um neue Technologien und Innovationen, um revolutionäre Produkte. Sonst hätten wir nicht gebaut.

Viele Baufirmen haben die letzten zwei Jahre dahingewurstelt und schlechte Preise am Markt erzielt oder sich sogar Aufträge kaufen müssen. Statt Personal abzubauen, wurden die „Kriegskassen“ geleert. Dies ist keine gute Zukunftsperspektive.

Sie hatten bereits zwei Standorte in Vorchdorf, unweit der jetzigen Etzi-World. Was ist nun in Ried untergebracht?

Etzenberger: Ried hatte den Vorteil, dass wir alle unsere Töchterfirmen und Leistungen zusammenlegen konnten und dass wir hier auch in den kommenden Jahren noch weiter wachsen können. Direkt neben der Zentrale finden sich widmungsfähige Flächen.

Herzstück der ETZI-World ist ein Schauraum auf einer Fläche von 1.000 Quadratmetern mit einem „Haus im Haus“. Das ist ein komplett ausgestatteter Bungalow inklusive Küche, Möblierung und allem, was für den Hausbau erforderlich ist – von Standardware bis hin zu Hochtechnologie-Produkten.

Maximilian Etzenberger
Maximilian Etzenberger investiert in der Krise und ist überzeugt vom Erfolg. - © Thomas Brunner

Der Firmenstandort der Etzi Group in Ried im Traunkreis

- © ETZI Group

Weltweit modernste Fertigungsstraße für Ziegelwände

Sie haben sozusagen Ihre eigene Ausstellung. Wie steht es mit künftigen Messepräsenzen?

Etzenberger: Auf Baumessen und in Musterhausparks werden wir gar nicht mehr vertreten sein. Wir organisieren Veranstaltungen bei uns vor Ort und haben sogar in einen Reisebus investiert, um Interessierten eine komfortable Anfahrt zu ermöglichen. So sind wir unseren zukünftigen Kunden viel näher und können diese von unseren einzigartigen Leistungen überzeugen!

Es gibt zudem viel zu sehen, darunter die weltweit modernste Fertigungsstraße für Ziegelwände, das Fenster- und Sonnenschutz-Komplettsystem „Windowment“ sowie ein modernes Fräszentrum. Robotergefertigt werden bei uns Ziegelwände in Stärken von zwölf bis 50 Zentimetern und Längen zwischen 0,5 und sechs Metern. 

Innerhalb von sechs bis sieben Stunden ist ein gesamter Bungalow inklusive Fenstern, Sonnenschutz und Elektro-Leerverrohrung fertig gestellt. Besucher und auch Kunden können die gesamte Produktion ihres Hauses von einer Galerie aus im Werk live miterleben.

Sofern die Bodenplatte vor Ort fertig ist, können wir an einem Tag den Bungalow aufstellen und die Decke betonieren. Am zweiten Tag kommt bereits der Dachstuhl und wenn es notwendig ist, kann der Innenputz noch in derselben Woche aufgebracht werden.

Mit wem arbeiten Sie bei den erwähnten Automatisierungsschritten zusammen?

Etzenberger: Im Grundsatz entwickelt wurde das System bereits vor nahezu zwei Jahrzehnten von Markus Pichler aus Wels. Wir nutzen das vorhandene Knowhow in Lizenz, bringen dieses auf den modernsten Stand der Technik und werden damit zum Multiplikator für dieses Ziegelfertigteil-Konzept.

Bei uns haben sich bereits große, internationale Unternehmen gemeldet, um die Anlage vor Ort in Augenschein zu nehmen und anschließend selbst umzusetzen. In der näheren Zukunft erwarten wir unter anderem Besuch aus Japan, Saudi-Arabien, den USA und Großbritannien.

Noch steht bei uns in Ried die weltweit einzige Anlage ihrer Art. Die Technologie wird sich jedoch national und international durchsetzen. Die nationale Expansion möchte ich mit strategischen Partnern in Form von Beteiligungen in den nächsten Jahren in Angriff nehmen.

Warum hat sich die Innovation nicht schon längst in der Branche verbreitet?

Etzenberger: Es geht um unterschiedliche Entwicklungslinien am Bau: Zugespitzt formuliert hat sich zuletzt manches in die Steinzeit zurückentwickelt. In Zeiten rückläufiger Aufträge wurden Decken und Stiegen beispielsweise wieder händisch geschalt, um die Arbeitskräfte zu beschäftigen. Industrie-Innovationen, die die Produktivität erhöhen, sind dann mit einem Mal nicht mehr so hoch im Kurs.

Zwischen 2021 und 23 hatten wir ein Baukonjunktur-Hoch, in dem auch Ziegelfertigteil-Produkte an Attraktivität gewannen. Davor und danach war dem eher nicht so. Produktivität ist dann gefragt, wenn es eine Hochkonjunktur oder Facharbeitermangel am Bau gibt. Beides steht uns kurz bevor. 

Bei Etzi ist das Teil der DNA: Wir haben uns auf Komplettlösungen spezialisiert und wollen unsere Stellung als größter Anbieter schlüsselfertiger Ziegelmassivhäuser halten. 

Produktivität ist dann gefragt, wenn es eine Hochkonjunktur oder Facharbeitermangel am Bau gibt. Beides steht uns kurz bevor.
Maximilian Etzenberger

Automatisierung: noch mehr in der Pipeline

Sind weitere Automatisierungsschritte geplant?

Etzenberger: Wir wollen expandieren und weitere Standorte für die Ziegelwandproduktion eröffnen, um näher am Kunden zu sein. In Oberösterreich gäbe es noch eine Möglichkeit für eine zusätzliche Fertigung, dazu sollen zwei Produktionsstandorte in anderen Teilen Österreichs kommen. Hierzu suchen wir noch strategische Partner. 

Wenn wir in zwei Schichten fahren, können wir bereits mit der jetzigen Anlage – auf Einfamilienhäuser umgerechnet – rund 500 Rohbauten produzieren. Natürlich wollen wir nicht nur Einfamilienhäuser bauen, sondern auch für mehrgeschoßigen Wohnbau, Gewerbebau und Kommunalbau fertigen.

Je weniger Facharbeiter in Zukunft verfügbar sind, umso nachgefragter wird unser Produkt, da der Produktivitätsschlüssel nahezu bei eins zu vier liegt. Ein Bauunternehmen, das früher 80 Mitarbeitende beschäftigte, kann dank unseres Systems künftig mit 20 bis 30 Mitarbeitenden den gleichen Umsatz erzielen.

Bereits für das kommende Jahr planen wir einen weiteren Automatisierungsschritt im Bereich der Heiztechnik. Wir werden einen Technikschrank in Modulbauweise produzieren, der in einer tragenden Wand verschwindet – das wird eine besonders elegante und platzsparende Lösung.

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AKTUELLE AUSGABE

SOLID Bau - Fachmagazin

Lohnerhöhungen als Wettbewerbsvorteil

Mit Februar endet Ihr aktuelles Geschäftsjahr. Im Vorjahr schafften Sie einen Rekordumsatz von 98 Millionen Euro. Lässt sich das halten?

Etzenberger: Beim Umsatz müssen wir angesichts des Marktumfelds eine Delle in Kauf nehmen. Wichtiger ist der Gewinn, da werden wir voraussichtlich eine schwarze Null schaffen.

Ihre Automationsbestrebungen sind nicht nur ein Rezept gegen den Fachkräftemangel. Letztlich könnten sie auch die Voraussetzung für leistbares Wohnen schaffen.

Etzenberger: In Zeiten hoher Lohnabschlüsse geht es nicht zuletzt um Produktivität. Mit anderen Worten: Künftige Lohnerhöhungen sind für unser Unternehmen ein Wettbewerbsvorteil.

Wir sehen dabei auch die Baumeisterinnen und Baumeister als unsere Kunden. Wir werden 150.000 Quadratmeter Ziegelwände im Jahr produzieren. Selber können wir das alles gar nicht verarbeiten. 

Für den neuen B2B-Kundenkreis haben wir eigene Vertriebsstrukturen geschaffen. Am 28. Februar laden zu einer Veranstaltung bei uns unter dem Motto „Baumeister trifft Braumeister“ inklusive Bieranstich und -verkostung unter der kundigen Anleitung von Eggenberger-Braumeister Thomas Lugmayr. Eingeladen werden Architekten, Planerinnen und Baumeister.

Nach der KIM-Verordnung: Baumotor springt an

Wie sind Ihre Erwartungen für die Baukonjunktur nach dem Ende der KIM-Verordnung?

Etzenberger: Wir wussten uns in der Hochzinsphase bislang auch zu behelfen, indem wir in Zusammenarbeit mit einem bayrischen Bankunternehmen Finanzierungsmöglichkeiten für Kunden angeboten haben. Mittlerweile gehen die Zinsen in Österreich jedoch rapide zurück. Ich war von Anfang an Gegner dieser unnötigen KIM-Verordnung der FMA und habe dies mehrmals auch öffentlich publik gemacht. 

Mit dem Ende der Verordnung dürfte wieder ein Stück Normalität zurückkehren. Langfristig sollte eine Hausfinanzierung mit 2,4 bis 2,5 Prozent Kreditzinsen wieder möglich sein.

Auch wenn es geheißen hat, die KIM solle im Geiste beibehalten werden – de facto herrscht ab Mitte des Jahres wieder freier Wettbewerb. Wobei festzustellen ist, dass der private Häuslbauer seine Kredite immer bedient hat, das war auch in der Finanzkrise 2009/10 so. Das übersieht die Finanzmarktaufsicht offenbar.

Schon jetzt merke ich, dass wir mit den Anfragen kaum mehr zusammenkommen. Was natürlich mit dem verstärkten Interesse aufgrund unserer Neueröffnung zusammenhängt. Aber auch die Baukonjunktur zieht merklich an.

Das heißt, die Politik braucht nichts mehr zu tun, es läuft?

Etzenberger: Ich spreche hier nur vom Einfamilienhaus. Förderungen wären schon wichtig, nur glaube ich, dass sich der Staat diese Unterstützungen nicht leisten kann. 

Wichtig wäre, dass die viel zu teuren Grundstückspreise durch Neuwidmungen und gedeckelte Preise herabgesetzt werden. Fürs Grundstück wird heute ja oftmals mehr bezahlt als für das Haus. 

Im mehrgeschoßigen Wohnbau besteht dringender Handlungsbedarf. Ohne Überarbeitung der überzogenen Vorgaben und Bürokratieabbau wird es nicht gehen. Es gab leider viel zu viele Bauträger und auch Spekulanten. 

In der Vergangenheit dauerte es in Oberösterreich von der Einreichung bis zum Baubescheid nicht einmal einen Monat. Inzwischen vergeht da in manchen Städten bis zu einem halben Jahr. Jeder Beamte will noch seinen „Senf“ dazugeben!

Im Sinne der Verdichtung haben wir das Konzept einer energieautarken Siedlung entwickelt. Unser Etzi-Energypark, bestehend aus 40 bis 80 Wohneinheiten, ist energieautark, verringert die Bodenversiegelung um 64 Prozent und schafft Wohnraum für 40 Prozent mehr Bewohnerinnen und Bewohner auf gleicher Fläche. Es wird damit für fast alle Einkommensschichten – mit entsprechenden Kompromissen – Möglichkeiten geben, sich den Wunsch nach einem Eigenheim zu erfüllen.