Börse Österreich : Bilanzanalyse: weiter volle Kraft voraus bei Strabag und Porr

Das lesen Sie hier:

• Was die Erfolgsgeschichte der Strabag in Zahlen bedeutet

• Wie die Porr auf lange Sicht den selben Weg gehen könnte

• Was das für die Aktienkursziele der Unternehmen heißt

Dass das Jahr 2021 für die Branchenriesen ein gutes war, hatte man schon spätestens bei den Zahlen für das dritte Quartal in Summe mit dem ersten Halbjahr sehen können und es bestätigte sich bei der Vorlage der Bilanzzahlen.

So verbesserte sich das Konzernergebnis der Strabag gegenüber dem ersten Coronajahr 2020 um 48 Prozent auf 585,7 Mio. Euro und die Bauleistung erhöhte sich um 4 Prozent auf 16,13 Mrd. Euro und lag damit knapp unter dem bisherigen Rekordjahr 2019. Der Umsatz stieg ebenfalls um 4 Prozent auf 15,3 Mrd. Euro.

"So sehr uns der Rückblick auf dieses erfolgreiche, vergangene Jahr freut, müssen wir uns doch auf die gegenwärtigen Herausforderungen konzentrieren", betonte allerdings Konzernchef Thomas Birtel bei der Vorlage der Zahlen Ende April und hielt damit zumindest eine Tradition des Understatements aufrecht.

Fragezeichen auch wegen Sondereffekten

Die Erste Group Research zeigte sich schon damals positiv, wiederholte ihre während des Jahres geäußerte Kaufempfehlung und setzte einen Zielpreis von 46,2 Euro pro Aktie an (davor war dieser bei 43,6 EUR gelegen). Gleichzeitig sah der zuständige Analyst Michael Marschallinger in einem ersten Solid-Gespräch Anfang Mai noch einige Fragezeichen: wie würde sich das Fehlen ukrainischer Arbeiter in Polen und Tschechien auswirken? Was würde die globale Unsicherheit für den Auftragseingang bedeuten? In welcher Form und in welchem Ausmaß würden sich Inflation und Zinsenanstieg bemerkbar machen? Welche Rolle würden Materialknappheit und daraus folgende Verteuerung spielen? Schließlich hätte es außerdem doch einige Sondereffekte gegeben: man hätte die steigenden Preise mehr weitergeben können als in den Jahren zuvor, dazu wären ein besseres Risikomanagement und dadurch weniger Negativüberraschungen gekommen und schließlich hätte die Nachverhandlung bestehender Verträge (die schon im Orderbuch waren) doch einen gewissen Einmaleffekt erzielt.

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So sehr uns der Rückblick auf dieses erfolgreiche Jahr freut, müssen wir uns doch auf die gegenwärtigen Herausforderungen konzentrieren
Strabag-CEO Thomas Birtel

Erfolgsgeschichte geht weiter

In Summe, so scheint es zumindest nach dem Trading-Statement der Strabag für das 1. Quartal 2022, geht die Erfolgsgeschichte ungebrochen weiter. Die Analysten der Erste Group haben ihr Kursziel für die Aktien von 46,2 auf 49,5 Euro erhöht. Gleichzeitig wurde die Anlageempfehlung "Buy" für die Titel des Baukonzerns. Beim Gewinn je Aktie erwarten die Erste Group-Analysten nun 4,24 Euro für das Geschäftsjahr 2022. Die Prognose für 2023 wurde von 4,18 auf 4,22 Euro je Aktie angepasst. 2024 werden ebenfalls 4,22 Euro Gewinn je Anteilsschein gesehen, nach zuvor 4,18 Euro. Die Dividendenprognosen für diesen Zeitraum wurden auf jährlich 1,70 Euro je Titel belassen.

Kennzahlen der Strabag für 2021 und Erwartungen für die Folgejahre (in Mio. EUR)

Quelle: Erste Group Research Company Update 4.5.2022

2021 erwartet 2022 erwartet 2023
Umsatz 15.298,5 15.685,6 15.726,6
EBITDA 1.445,7 1.201,8 1.204,4
EBIT 896,1 659,5 661,3
Nettogewinn 585,7 426,1 429,2
EBIT Marge 5,90 % 4,19 % 4,19 %

Die Strabag befindet sich nach Q1/2022 bei der Bauleistung wieder auf Vorkrisenniveau. Sie erhöhte sich (auch dank günstigen Bauwetters) gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 12 Prozent auf 3,1 Mrd. Euro.

Der Auftragspolster ist nach der Corona-Krise um sieben Milliarden angewachsen, der Orderbestand liegt nach 18 Prozent Wachstum bei einem Rekordwert von 23,7 Milliarden Euro (verglichen mit 17,9 in Q1 2019).

Q1-Zahlen der Strabag im Vergleich zum Vorjahr

Quelle: Strabag SE

Q1/2022 Q1/2021 Differenz in Prozent
Leistung (in Mio. EUR) 3.066,54 2,735,27 12
Auftragsbestand (in Mio. EUR) 21.726,16 20.051,37 18
Mitarbeiteranzahl 71.167 71.292 0

Auch Porr auf gutem Weg

Während die Strabag weitgehend unbelastet in die Corona-Krise hineingegangen ist, sah das für die Porr doch einigermaßen anders aus. Relativ knapp vor Beginn der Krise hatten sich mit Polen und Norwegen zwei große Problemherde aufgetan.

2021 ist es der Porr auf jeden Fall auch dank einiger erfolgreicher interner Maßnahmen gelungen, wieder Gewinne zu schreiben. Unter dem Strich blieben 61,4 Mio. Euro Konzernergebnis (im ersten Coronajahr 2020 waren noch Verluste in Höhe von 42,4 Mio. Euro verbucht worden).

Der Gewinn je Aktie betrug 1,18 Euro, nach einem Verlust von 2,28 Euro je Anteilsschein im Jahr davor. Die Auftragsbücher sind mit einem Bestand von fast 7,8 Mrd. Euro voll - ein Zuwachs von 9,9 Prozent gegenüber 2020. Der Ordereingang legte um 8,6 Prozent auf 6,4 Mrd. Euro zu. "Das Marktumfeld war 2021 für die Baubranche kein einfaches, unter anderem war es geprägt durch Lieferengpässe und Kostensteigerungen", strich Konzernchef Karl-Heinz Strauss bei der Vorlage der Zahlen hervor.

© Thomas Topf
Die Baubranche steht unter Strom
Porr-CEO Karl-Heinz Strauss

Wesentlich gesteigert hat Österreichs zweitgrößter Baukonzern (hinter der Strabag) auch seine Produktionsleistung, die sich um 10,5 Prozent auf 5,7 Mrd. Euro erhöhte und damit auch über dem Niveau vor der Pandemie im Jahr 2019 lag. Der Umsatz vergrößerte sich um 11,5 Prozent auf 5,17 Mrd. Euro. Der durchschnittliche Personalstand blieb 2021 mit 20.177 Beschäftigten stabil (2020: 20.193).

Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen schrieb die Porr im zweiten Coronajahr 2021 einen Gewinn (EBITDA) von 287,5 Mio. Euro - das war mehr als doppelt so viel wie 2020 (131,4 Mio. Euro). Das Ergebnis vor Steuern (EBT) drehte von minus 51 Mio. Euro auf plus 85,4 Mio. Euro.

Erste Group Analyst Michael Marschallinger

- © Erste Group

Analyst Michael Marschallinger von der Erste Group sagte zu den 2021er Zahlen Anfang Mai: „Ich kann mir vorstellen, dass die Porr auf lange Sicht und zeitverzögert dorthin kommt, wo die Strabag jetzt ist.“ Man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und sei auf einem gutem Weg, was sich auch in einem vernünftigen Orderbuch mit guten Projekten zeige. Im Gegensatz zur Strabag sei der Beobachtungsdruck auf die Porr um einiges höher: „Das Unternehmen hat ja 2021 eine Kapitalerhöhung gemacht mit 122,2 Millionen Euro und kann, will und muss liefern, was in der Vergangenheit nicht immer passiert ist. Aber in Q3 und Q4 wurde genau gehalten, was versprochen wurde und das ist ein gutes Zeichen.“

Die Q1-Zahlen der Porr im Vergleich von 2022 zu 2021 (in Mio. EUR)

Quelle: Porr AG

Q1/2022 Q1/2021
Produktionsleistung 1.161 1.002
Beschäftigte 19.559 19.033
Auftragsbestand 8.033 7.920
Umsatz 1.110,8 968,4
EBITDA 50,3 38,6

2022 erster Q1-Gewinn überhaupt

Das erste Quartal 2022 zeigte eine Fortsetzung der guten Zeichen. Die Porr hat erstmalig in ihrer Unternehmensgeschichte im ersten Quartal ein positives Ergebnis vor Steuern (EBT) erzielt. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres stand noch ein Vorsteuerverlust in Höhe von 9,4 Mio. Euro zu Buche. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen verbesserte sich das Ergebnis (EBITDA) heuer in den ersten drei Monaten um gut 30 Prozent von 38,6 auf 50,3 Mio. Euro. Der Auftragsbestand erreichte die 8-Milliarden-Euro-Marke.

Die Marktlage bleibe nach Ansicht von Porr-CEO Karl-Heinz Strauss spannend. "Die Baubranche steht unter Strom: Einerseits freuen wir uns über volle Auftragsbücher und einen steigenden Bedarf an unseren Leistungen in allen Bereichen. Andererseits dämpfen Kostensteigerungen und Engpässe am Beschaffungsmarkt das Branchenwachstum.“

In Summe wird in der Porr-Zentrale in der Wiener Absberggasse eine verlässliche EBIT-Marge von 3 Prozent angestrebt.

„Beide Unternehmen sind weiter sehr interessant und wir sprechen für beide eine Kaufempfehlung aus“, sagt Erste Group-Experte Michael Marschallinger beim Recap mit Solid Anfang Juni. „Die Ergebnisse sind wirklich sehr gut und es ist kein Ende in Sicht – natürlich immer unter Beachtung der geopolitischen Unsicherheiten.“