Kraftwerkebau : Zu alte Kraftwerke - Polen droht baldiger Energiekollaps

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Polen droht ab 2016 ein Stromdefizit. Darauf weist ein aktueller Bericht des Wirtschaftsministeriums hin. Hauptgrund sind die veralteten Kraftwerke - 60 Prozent von ihnen sind bereits seit über 30 Jahren am Netz, so der Bericht. In den kommenden drei Jahren müssen daher Anlagen mit einer Gesamtleistung von 4,4 Gigawatt aus Altersgründe abgeschaltet werden, das entspricht 11,9 Prozent der gegenwärtigen Leistung aller Kraftwerke.

Nachfrage in Spitzenzeiten steigt massivEin weiterer Grund für die drohenden Probleme ist der veränderte Energiebedarf. Dieser blieb in den vergangenen Jahren zwar insgesamt konstant. Zu Spitzenzeiten wird jedoch deutlich mehr verbraucht als früher. Das gilt vor allem für heiße Tage im Sommer, wenn Klimaanlagen eingeschaltet werden. So lag der Bedarf 2012 zu Spitzenzeiten bei 21,2 Gigawatt und damit um 25 Prozent über dem Wert zehn Jahre zuvor. 2016 werde Polen deshalb Leistung von 800 Megawatt fehlen, im Jahr darauf sogar von 1,1 Gigawatt, so der Bericht.Polen versäumte es nach Ansicht der Experten im Ministerium, rechtzeitig neue Kraftwerksblöcke zu planen. "Neue Ressourcen kommen nur sehr langsam hinzu", heißt es dort. Derzeit sind jeweils ein Block in den Gaskraftwerken in Stalowa Wola (450 Megawatt) und Wloclawek (460 Megawatt) in Bau, die frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2015 ans Netz gehen können. Das Kohlekraftwerk in Opole (Oppeln) wird nun doch um 1,8 Gigawatt erweitert, wie Ministerpräsident Donald Tusk bei einem Besuch im Juli erklärte. Der staatlich kontrollierte Energieversorger PGE hatte die Investition von 11 Mrd. Zloty (2,62 Mrd. Euro) zunächst gekippt, weil sie sich bei den derzeitigen Strompreisen nicht rentiere.

Manager: Investitionen dringend nötig Manager aus dem Energiesektor warnen seit Jahren, dass dringend Investitionen in die polnische Energieversorgung notwendig sind. "Wir sehen schon seit einiger Zeit voraus, dass es in einigen Jahren zu realen Problemen kommen wir", sagte der Vorstandsvorsitzende des Energieversorgers PSE im April der Zeitschrift "Bloomberg Businessweek". Als Hauptproblem nennen die Experten immer wieder den zu niedrigen Strompreis, der Investitionen unmöglich mache. Laut Eurostat lag der Strompreis in Polen im vergangenen Jahr für Haushalte bei durchschnittlich 11,1 Cent pro Kilowattstunde - 23 Prozent weniger als in Österreich. Für die Industrie lag der Preis mit 8,7 Cent jedoch nur knapp unter dem österreichischen Wert von 9,1 Cent.Das größte Energieprojekt der polnischen Regierung ist der Bau des ersten Atomkraftwerkes. Es soll im Norden des Landes entstehen, wird jedoch nach letzten Angaben nicht vor 2023 ans Netz gehen. Derzeit gewinnt das Land rund 90 Prozent seines Stroms aus Kohle. (apa/pm)