Überblick zu ÖNormen : Wieviel Schnee verträgt ein Dach?

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Die nötigen Grundlagen zur Berechnung von Schneelasten auf Tragekonstruktionen liefern ÖNORMEN, die regelmäßig den regionalen Witterungsverhältnissen sowie dem neuesten Stand der Technik angepasst werden. Austrian Standards bietet die Plattform zur Normenentwicklung und koordiniert die dazu nötigen Prozesse.

Spät aber doch hat der Winter nun in ganz Österreich Einzug gehalten. Während die Tourismusverantwortlichen erleichtert aufatmen, stöhnen vor allem in Kärnten und Osttirol die Dächer unter der frischen Schneelast.

„Richtig drückend wird das Gewicht aber erst, wenn der Schnee nass und schwer wird und längere Zeit liegenbleibt“, sagt Dipl.-Ing. Dr. Anton Pech, Ziviltechniker und Vorsitzender des Komitees 176 „Belastungsannahmen im Bauwesen“ bei Austrian Standards.

So verursachen beispielsweise zehn Zentimeter frisch gefallener Pulverschnee eine Last von zehn Kilogramm pro Quadratmeter. Bei zehn Zentimeter Nassschnee drücken bereits 40 Kilogramm pro Quadratmeter auf das Dach. Und bei einer zehn Zentimeter dicken Eisschicht sind es sogar rund 90 Kilogramm pro Quadratmeter. Besonders für Flachdächer können dann Schnee, Eis und Wassermengen bedrohlich werden. „Ein gewisses Gefahrenpotenzial lässt sich im Fall von heftigen Niederschlagsmengen nie ausschalten, jedoch werden durch die Anwendung der ÖNORM bei der Errichtung von Dachkonstruktionen das Risiko minimiert und das Gefahrenpotenzial berechenbar“, erklärt Pech.Berechnung der SchneelastFür die statischen Berechnungen von Schneelasten sind die Werte der ÖNORM EN 1991-1-3 sowie der ÖNORM B 1991-1-3 heranzuziehen. Der europaweit gültige Eurocode EN 1991-1-3 gibt einen empfohlenen Rahmen für Richtwerte vor, die dann jedes Land in einem beigefügten nationalen Normen-Anhang den jeweiligen länderspezifischen Begebenheiten anpasst und konkretisiert. In Österreich ist das die ÖNORM B 1991-1-3.Lokale Klimazone und topografische HöheDie wichtigsten Faktoren für die Bestimmung der Schneelast, der ein Tragwerk in der Praxis ausgesetzt sein kann, sind die lokale Klimazone und die topografische Höhe. Diese Faktoren lassen auf ein zu erwartendes Niederschlagsaufkommen schließen – woraus sich die am jeweiligen Standort des Bauwerks anzusetzende charakteristische Schneelast berechnen lässt.Vier Lastzonen in Österreich Die ÖNORM teilt Österreich in vier Lastzonen ein, die nicht auf einer geografischen Einteilung basieren, sondern auf Basis langjähriger Messungen meteorologischer Daten erfolgt. Sie ist jedoch nur für Orte mit Seehöhen bis 1500 Meter anzuwenden. Berechnungswerte für Gebäude oberhalb 1500 Meter Seehöhe sind direkt bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ZAMG bzw. bei den lokalen Baubehörden zu erfragen.Starke Dächer im WestenWährend die Haus- und Hallendächer in Wien Simmering für eine Schneelast von 84 Kilogramm pro Quadratmeter konzeptioniert sind, müssen Dachkonstruktionen in St. Christoph am Arlberg für 1080 Kilo Schnee pro Quadratmeter gerüstet sein. Auch für die Dächer Wiens werden unterschiedliche Belastungen vorausgesetzt. Im Westen Wiens und nahe dem Wienerwald wird mit 176 Kilogramm Schnee pro Quadratmeter eine doppelt so hohe Belastung wie in der Innenstadt angenommen.

Schnee abwiegen„Steile Dächer ohne Schneenasen oder Schneerechen, die eine Neigung von mehr als 60 Grad aufweisen, sind von dem Problem nicht betroffen, da der Schnee hier abrutschen kann. Bei starkem Schneefall empfiehlt sich eine regelmäßige Kontrolle der Schneehöhen, so ist man stets auf der sicheren Seite“, empfiehlt Pech. Weiterer Tipp des Ziviltechnikers: „Wer das Tragegewicht seines Dachs kennt und wissen möchte, ob die Schneelast bereits am Limit schrammt, der sticht am besten ein Stück des Schnees aus, wiegt es ab und rechnet das Gewicht auf die Dachfläche des Hauses hoch.“Statische Berechnungen des Objekts Wenn keine Informationen über die Tragfähigkeit des Dachs vorhanden sind, können diese in der Regel aus den statischen Berechnungen des Objekts entnommen werden. Oftmals liegen diese Berechnungen auch bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde der Gemeinde im jeweiligen Bauakt auf. Im Zweifelsfall sollte ein Ziviltechnikerbüro zu Rate gezogen werden.Normen für mehr Sicherheit und QualitätDass ein Dach nur aufgrund von zu schwerer Schneelast einstürzt, ist äußerst selten. Jedoch kann es durch die Wahl der falschen Lastzone bei der Berechnung der Schneelasten in Kombination mit Fehlern bei der Baustoffauswahl, mangelnder Bauausführung sowie unzureichender Wartung zu Bauschäden bis hin zum Versagen des Tragwerks kommen. Wie es seitens des Instituts Austrian Standards heißt, werden die Normen regelmäßig aktualisiert. Wenn etwa häufig Spitzenwerte bei Schneelage oder Windstärke überschritten werden oder neue Technologien auf den Markt kommen, kann dies zu Anpassungen der Standards führen. Die letzte Änderung der Schneelast-Norm wurde im Vorjahr durchgeführt. Dabei wurden beispielsweise Erfahrungen mit neuen Dachformen sowie die Zusatzbelastung der Dächer durch Solar- und PV-Anlagen im Regelwerk berücksichtigt.BibliografieÖNORM EN 1991-1-3Eurocode 1 – Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen, Schneelasten (konsolidierte Fassung)ÖNORM B 1991-1-3Eurocode 1 – Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen – Schneelasten – Nationale Festlegungen zur ÖNORM EN 1991-1-3, nationale Erläuterungen und nationale Ergänzungen.Weitere Informationen über das Institut Austrian Standards sowie über die Eurocodes auf der Homepage des AS hier. (pm)