Intelligente Gebäude : Vernetzung gerne – aber bitte keine Datenfriedhöfe
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Smart und intelligent sollen Gebäude heute sein – Ausdrücke, die so oft verwendet, dass dabei ganz die Frage vergessen werden könnte: Und was soll das heißen? Inwiefern soll das Haus schlau sein?
Die beste Antwort geht dann schon mehr ins Detail: Es sind ja viel mehr die Produkte im Gebäude, die es smart machen, die ein smartes Gebäudemanagement überhaupt erst ermöglichen. Es sind die IoT-fähigen Geräte und Steuerungen im Bau. Aber eben nicht nur die. Die sind bloß die halbe Miete. Es ist die Vernetzung unter ihnen, die wirklich einen Unterschied machen kann.
Das meint zumindest Christian Pruckner, Sales Director für den Bereich Building bei Schneider Electric in Österreich. “Vernetzte Produkte, wie Messtechnik, Frequenzumrichter und Leistungsschalter müssen mit Steuerungselementen und einer Analysesoftware durchgängig kommunizieren können, damit aus erhobenen Daten ein Mehrwert generiert werden kann.” Dazu bedarf es der entsprechenden Architektur. Der französische Elektrotechnik-Konzern hat dafür die IoT-fähige Plattform EcoStruxure geschaffen. Seit der Kreation vor gut zehn Jahren wurden mittlerweile 450.000 Systeme weltweit in Gebäuden und Industrieanlagen installiert. Über eine Milliarde Geräte werden über die Plattformen so verbunden.
Doch sehen auch Experten außerhalb des Unternehmens einen klaren Mehrwert in der Vernetzung auf einer eigenen Plattform? Christian Heschl sieht definitive einen Trend in die Richtung. Der Studiengangleiter für Gebäudetechnik und Gebäudemanagement an der FH Burgenland sieht aber verschiedene Zugänge beim Thema smart connected products, so wie die Fachhochschule auch in mehrere Forschungsprojekte involviert ist. “Wir brauchen gerade im Bereich der Gebäudetechnik und Energieversorgung der Zukunft entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten mit Energieversorgungsunternehmen”, so Heschl. Intelligente Gebäude hinsichtlich Energieversorgung bedeutet zum Beispiel, dass es nur dann Strom bezieht, wenn es auch welchen braucht. “Hier brauchen wir intelligente Kommunikationsmodelle, aber auch intelligente Regelungstechnik.”
„Vernetzte Produkte müssen durchgängig kommunizieren können“
Pruckner sieht hier einen Trend mittlerweile auch in Städten zunehmen: “Die Energieerzeugung dezentralisiert sich zunehmend.” Was an sich schonend für die kommunalen Stromnetze sei, doch eben nur mit smarter Vernetzung funktioniere – genauso wie Energiesparen. “Die durchgängige Kommunikation von Messtechnik, Steuerung und Software erlaubt datenbasiertes, effizientes Lastmanagement, das letztendlich Energie spart”, so Pruckner.
Heschl sieht aber noch einen weiteren wichtigen Aspekt in der Vernetzung, nämlich die predictive maintenance, also ergebnisorientierte Instandhaltung. Sensoren sollen also integriert werden um rechtzeitig zu melden, wenn eine Wartung nötig wird.
Die Fachhochschule beschäftig sich in ihrer Forschung auch mit der Produktentwicklung. “Die Hersteller brauchen auch Feedback. Die Wärmepumpentechnologie beispielsweise ist für die zukünftige Energieversorgung sehr wichtig. Wenn zum Beispiel 10.000 Wärmepumpen in einem Feld installiert sind und man von allen die Daten bekommt, können die Daten genutzt werden um die Produkte weiter zu entwickeln und effizienter zu gestalten.”
Dass nur die Vernetzung aller Applikationen untereinander einen echten Mehrwert für das Gebäudemanagement bringt, der Meinung ist auch Erik Ubels, CTO des Immobilien-Technologieunternehmens Edge Technologies. “Wir müssen die holistischste Sicht auf die Leistung eines Gebäudes einnehmen um zu sehen wie alle Systeme und die Bewohner interagieren, und dafür müssen all diese Systeme verbunden sein.”
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„Hersteller brauchen Feedback“
Es sind solche Ansätze, die zu einer bereits hohen Nachfrage nach solchen Produkten führen. Doch Heschl sieht durchaus auch die Notwendigkeit zur Differenzierung. "Es macht keinen Sinn, alles mit Sensoren zuzupflastern und die entsprechenden Daten in einen Datenfriedhof abzuspeichern.” Stattdessen müssen bereits in der Planungsphase gezielt die sinnvollen Sensoren identifiziert und realisiert werden – “und parallel dazu die entsprechenden Datenkanäle”.
Die FH Burgenland, an der Heschl lehrt, hat mit dem Energetikum am Campus Pinkafeld ein eigenes Forschungsgebäude, ein “Living Lab”, geschaffen. Einzeltechnologien wie Photovoltaik und systemübergreifende Strategien werden hier in ihrem realen alltäglichen Nutzungsverhalten beobachtet. “Wir haben hier 8.000 Datenpunkte im Gebäude, die Sensoren versenden alle zehn Sekunden Daten. Bei so großen Mengen braucht man schon in der Planung eine Struktur. Daten müssen unbedingt strukturiert abgespeichert werden, damit etwas mit ihnen angefangen werden kann.”
Doch ist die Nachfrage wirklich bereits so stark wie Heschl meint? Der Wettbewerb, Gebäude immer effizienter und unabhängiger zu gestalten, müsste das eigentlich voraussetzen. Doch Ubels verweist auch auf die Ergebnisse des letzten Weltwirtschaftsforums. “Die Industrie ist allgemein relativ langsam und fragmentiert.” Doch er glaubt auch, dass bereits vor zwei Jahren ein Aufbruch zu vernehmen war, der sich auch in einem enormen Anstieg in Fachmessen widerspiegelt. “Die Möglichkeiten sind riesig, die Technologie ist da. Wir sehen, dass sich Kunden schwer tun damit, wo sie am besten anfangen sollen.”
„Es macht keinen Sinn, alles mit Sensoren zuzupflastern“
Vielleicht macht dem einen oder anderen auch ein negatives Potential der Vernetzung Angst – die größere Angriffsfläche. Aus diesem Grund müssen Unternehmen wie Schneider Electric auch Cybersicherheit besonders in ihrer Agenda betonen. Und Pruckner verweist auf einen wichtigen Punkt: “Digitale Vernetzung im Internet of Things ermöglicht eben auch eine ständige Aktualisierung der Sicherheitsfeatures, ohne dass eine Umrüstung der Hardware notwendig wird. Auf neue Gefahren kann unmittelbar mit einem Update reagiert werden, das in der Cloud verfügbar ist.“
Man müsse sehr vorsichtig sein, meint Heschl, wobei unterschiedliche Ebenen berücksichtigt werden müssen. „Alles, was in Richtung Steuerung geht, das erfolgt sowieso nur direkt im Gebäude, das geht überhaupt nicht übers Internet.“ Doch wenn es um die Kommunikation mit den Energieunternehmen geht? „Diese Wege sind verschlüsselt. Hier gibt es auch eigene Forschungsaktivitäten, die Kommunikation noch sicherer zu gestalten.“
Doch gerade bei Zukunftsthemen muss auch manchmal mit einem Augenzwinkern auf die Vergangenheit verwiesen werden. So meint Ubels: Interessanterweise ist alles, was in Richtung IP-Technologie geht, so ein großes Thema – dabei haben 90 Prozent der Gebäude schon seit Jahrzehnten Verbindungen in die Außenwelt und das bei sehr viel unsicherer Technologie.