Infrastruktur : Rechnungshof rügt Geldvergabe beim Personen-Schienenverkehr

Der Rechnungshof kritisiert die Mittelverwendung in der Verkehrspolitik: In dem jüngsten Bericht orten die Prüfer Verbesserungspotenzial bei der Finanzierung des Schienen-Personenverkehrs durch den Bund. Die Beauftragung und Abgeltung der Leistungen durch das Verkehrsministerium BMVIT entspreche nicht den EU-rechtlich gebotenen Erfordernissen an Transparenz und Leistungsorientierung, so der RH.Das Ministerium habe seine Möglichkeiten, als Geldgeber steuernd auf Umfang und Qualität des Bahnangebots einzuwirken, nur in geringem Maße genutzt. Daten über die Wirkung der eingesetzten Mittel lägen nicht vor.Mankos bei Transparenz und LeistungsorientierungDer Bund finanzierte den Schienen-Personenverkehr - "Gemeinwirtschaftliche Leistungen" - mit über einer halben Milliarde Euro pro Jahr. Die eingesetzten Mittel hatten sich im Zeitraum der letzten zehn Jahre um 20 Prozent auf rund 591 Millionen Euro im Jahr 2009 erhöht. 92 Prozent der Abgeltungen flossen an die ÖBB-Personenverkehrs AG, die restlichen 8 Prozent an 17 weitere kleine Bahnunternehmen, also an Privatbahnen.Die Abgeltung für die ÖBB Personenverkehr AG wurde von 2000 bis 2009 um 19 Prozent erhöht, die Steigerung bewirkte eine vollständige Inflationsabgeltung. Für die Privatbahnen betrug die Steigerung rund 38 Prozent und entsprach somit mehr als dem Doppelten der Inflation in diesem Jahrzehnt.Über 500 Millionen Euro jährlichDer Einsatz von über einer halben Milliarde Euro jährlich stellte einen wesentlichen Faktor zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Personenverkehrs auf der Schiene dar. "Das BMVIT verfügte allerdings über kein Monitoring/Controlling des Gemeinwirtschaftlichen Leistungsangebots und über keine Wirkungsanalysen, so dass detaillierte Aussagen über die Entwicklung des Angebots und der Inanspruchnahme der bestellten Leistungen nicht möglich waren", kritisiert der RH. Infolge der unpräzisen Leistungsanforderungen seien die Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträge trotz der Staatsgelder für eine aktive Steuerung des Nahverkehrsangebots kaum geeignet. Das Ministerium habe damit die Möglichkeiten, steuernd auf das Angebot einzuwirken und seine verkehrspolitischen Zielsetzungen umzusetzen, nur in geringem Maße genutzt.
Das Verkehrsministerium habe die von den Bahnen vorgelegten Abrechnungen in der Regel keiner inhaltlichen Kontrolle unterzogen und habe Abrechnungen ohne Leistungsnachweise anerkannt. Die verspätete Vorlage oder das Fehlen von Abrechnungen habe keine Konsequenzen in der weiteren Mittelanweisung nach sich gezogen, rügt der Rechnungshof.Kritik gibt es auch am System zur Subvention der Zeitkarten: Die Abrechnung der Tarifstützung (Ökobonus) bei der ÖBB-Personenverkehr AG sei nicht auf Basis der verkauften Zeitkarten erfolgt, damit sei der Zusammenhang zwischen der vertraglich vorgesehenen Leistung (Verkauf vergünstigter Zeitkarten) und dem Entgelt verloren gegangen. Im Ergebnis zahlte der Bund für ermäßigte Zeitkarten einen Betrag von jährlich rund 347 Millionen Euro, ohne auch nur eine Schätzung über die Anzahl der der ÖBB-Personenverkehr AG zurechenbaren Zeitkarten zu haben, monieren die Prüfer.Ministerium will Empfehlungen umsetzenDie RH-Kritik stößt im Verkehrsministerium auf offene Ohren: Die Ausführungen des Rechnungshofs seien "nachvollziehbar" und decken sich weitgehend mit der eigenen Einschätzung, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums gegenüber der APA. Deswegen arbeite man im Ressort schon seit längerem an der Neugestaltung des Gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrages "GWL Neu".Ziel sei es, genau das zu erreichen, was auch der RH empfiehlt: Eine klare, nachvollziehbare und strenge Zuordnung von öffentlichen Mitteln und Leistung. Allerdings werde auch schon bisher vom Ministerium z.B. über den Qualitätsbonus - Einsatz modernerer Fahrzeuge - die Bahnpolitik gesteuert. Der Umfang der Steuerung werde sich aber ebenfalls ändern.Öffentlicher Personenverkehr nimmt um 15 Prozent zu An der Wirksamkeit der eingesetzten Mittel bestehen laut Ministerium keine grundsätzlichen Zweifel. Die Steigerung der Fahrgastzahlen im Öffentlichen Verkehr - 2002-2009 Zuwachs um mehr als 15 Prozent - zeige die Effektivität. Trotzdem habe der Rechnungshof Recht, dass eindeutig definierte Erfolgskriterien und -indikatoren bisher zu wenig berücksichtigt worden seien. Die Grundlage für solche tiefer gehende Kriterien wurde allerdings schon erarbeitet, so das Verkehrsministerium: Der neue GWL-Vertrag werde ein Monitoring beinhalten, es werden die steuerrelevanten Kennzahlen definiert und Qualitätskontrollen mit einem Bonus-Malus-System etabliert."Schlendrian" bei Steuergeldern Die Grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser sieht sich durch den RH-Bericht in ihrer Kritik bestätigt: Der andauernde "Schlendrian" beim Umgang mit Steuergeld sei durch nichts zu rechtfertigen. "Seit Jahren liegt unsere Forderung auf dem Tisch, ordentliche Öffi-Qualität von Barrierefreiheit über Pünktlichkeit bis zur Radmitnahme zur Voraussetzung von Bundeszahlungen an ÖBB & Co zu machen und bei Verstößen wirksame Abschläge bei den Zahlungen einzubehalten. Wenn Bures jetzt nicht endlich diese Forderung konsequent umsetzt und den Augiasstall im BMVIT ausmistet, vergrößert sie ihre Mitverantwortung am bevorstehenden Öffi-Desaster in Österreich massiv", so Moser in einer Aussendung in Richtung von Verkehrsministerin Doris Bures, SPÖ. (APA/pm)