Von Josef Ruhaltinger /// Zuerst erchienen in: SOLID 02/2014Für ihn sind die Schulterklopfer der Abfall einer Karriere, die den unehelichen Sohn einer Hauswirtschaftsund Handarbeitslehrerin aus Wörgl (und späteren Fachinspektorin für Tirol) zum Arbeitgeber für über 74.000 Menschen weltweit hat werden lassen. Haselsteiner hat mehr als einmal erlebt, wie rasch die Zecken das Wirtstier verlassen, wenn die Schlagzeilen ins Negative drehen.Überhaupt schien der Geburtstag mehr Grant als Freude zu produzieren. Im Vorfeld verweigerte Haselsteiner dieser Redaktion ein Siegerinterview – trotz der Topposition im Ranking und trotz seines runden Geburtstags. Er meine es mit seinem Rückzug aus der Geschäftsführung der Strabag ernst, ließ er ausrichten. Das sahen die Juroren des SOLID 200 Manager-Rankings noch anders. Für sie lieferte sein Abgang aus dem Strabag-Vorstand wenig Grund, an seinem Einfluss in Unternehmen und Branche zu zweifeln.
Zu kurz noch ist die Zeit auf seiner neuen Position als „Generalbevollmächtigter“. Und zu intensiv war HPHs Präsenz in den Medien, als er den "Neos" jene Mittel spendierte, die sie bei den Nationalratswahlen erfolgreich sein ließen. Noch nimmt ihm niemand ab, dass er die Fäden aus der Hand gegeben hätte.Ein ereignisreicher MonatDie Geburtstagsfeiern waren noch nicht abgeklungen, als die Spiele in Sotschi am 7. Februar eröffnet wurden – für Haselsteiner und die Strabag das vorläufige Ende eines aufreibenden Abenteuers. Der Baukonzern eroberte sich Ende der Nuller-Jahre prominente Baulose in dem 40 Milliarden Euro teuren Infrastrukturprojekt Olympia 2014: In Summe erbrachte das Haselsteiner-Unternehmen für die ersten russischen Winterspiele eine Bauleistung von nahezu einer halben Milliarde Euro.Das ist viel. Aber nicht so viel wie geplant. „Meine persönliche Einschätzung, was den russischen Markt betrifft, wurde extrem enttäuscht“, gestand der der scheidende CEO auf seiner letzten von ihm geleiteten Hauptversammlung im Juni des Vorjahres. Unter der Hand war stets von einem angepeilten Auftragsvolumen von einer Milliarde Euro gemauschelt worden. Geworden ist es dann die Hälfte. Für einen Strategen wie Haselsteiner bedeutet dies eine klare Zielverfehlung.Der Deripaska-DealUrsprünglich wollte Haselsteiner Russland bis 2014 zum dritten Kernmarkt – neben Deutschland und Österreich – machen. Sotschi sollte dafür den Steigbügel geben. 2012 wies die Strabag in Russland eine Bauleistung von 527 Mio. Euro aus, einem Zehntel bzw. einem Drittel von Deutschland und Österreich. Für Hans Peter Haselsteiner bleibt die Einsicht, dass nicht jeder ausgeklügelte Plan die ersehnten Früchte trägt. Der Kärntner Konzernchef hatte den russischen Alu-Industriellen OlegDeripaska im April 2007 noch vor dem Börsengang mit 25 Prozent ins Boot geholt, um Wachstumskapital einzusammeln und einen besseren Zugang zum frisch ausgelobten Bauparadies in Krasnodar zu erhalten. Schon damals zeigte der Multimilliardär Deripaska seine schwache Seite: Er ist nie richtig flüssig. Zur Finanzierung der 1 Milliarde Euro holte er die Deutsche Bank zu Hilfe. Die wollte ein Jahr später in der Finanzkrise ihr Geld zurück, nachdem Deripaska die Finanzierung nicht mehr bedienen konnte. Deripaskas Strabag-Aktien wurden von der Raiffeisen-Gruppe und der Haselsteiner-Stiftung aufgefangen. Der Russe erhielt aber eine Rückkaufoption.Offene FlankeOleg Deripaska ist gerade dabei, sein Comeback zu vervollkommnen. Am 15. Jänner stockte seine Rasperia Trading Limited ihre Strabag-Anteile mit Aktien der Haselsteiner Familien-Privatstiftung auf 19,4 Prozent auf. Bis Juli kann Deripaska seinen Anteil mit 25 Prozent wieder auf alte Höhen bringen. Die Idee ist unverändert: Deripaskas Einfluss soll der Strabag Geschäfte bringen. In Sotschi haben durch die Bank russische Unternehmen die großen Bauprojekte abbekommen. Ob das politische Gewicht des Oligarchen ausreicht, die Strabag-Vorzüge in ein besseres Licht zu rücken, wird in erster Linie das Problem des neuen Strabag-CEOs Thomas Birtel sein – zumindest, wenn man den Worten Haselsteiners Glauben schenkt.Die wirklich wichtigen DingeHans Peter Haselsteiner ist kein Baumeister und Beton ist nicht sein Lebenselexier. Sein Berufseinstieg war der eines Steuerberaters und nicht der eines Baustellenleiters. Für ihn ist Bauen „Organisation, Auswahl, Menschenführung. Ich bilde mir nicht ein, dass ich es bin, der die Dinge herstellt. Ich bin ja nicht einmal Ingenieur“, kokettierte HPH einmal in der Wiener Stadtzeitung „Falter“. Dies ist auch der Grund, warum ihm frühere Mitarbeiter und Menschen aus seiner Umgebung zutrauen, loslassen zu können – auch wenn ihm externe Kreise dies nicht zutrauen. Haselsteiner zeigte im Laufe seiner Karriere große Virtuosität auf der Klaviatur des Großkapitalismus. Die zahllosen Firmenübernahmen legen davon Zeugnis ab. Der Einstieg bei der wesentlich größeren deutschen Strabag und die Eroberung des deutschen Baumarktes zählen heute zu den Sternstunden gelungener Expansionsstrategien. Und dennoch passt Haselsteiner nicht in die Schublade für Geldsäcke. Dafür ist seine Besorgnis um das Wohl anderer Menschen zu glaubhaft.Seine Steuerpläne sind für jeden echten Wirtschaftsbündler linksradikal und seine Sorge um moldawische Kinder ist überzeugend. Ohne Hans Peter Haselsteiner würden die Tiroler Festspiele in Erl immer noch in einer Scheune stattfinden und etliche Obdachlose in Wien und Graz keinen Schlafplatz haben (Vinzi-Rast). Selbst Ute Bock duldet ihn an ihrer Seite – ein Ritterschlag von höchster Güte. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Hans Peter Haselsteiner ist kein Lercherl: Seine Unduldsamkeit überschreitet schnell die Grenzen der Höflichkeit. Und unter seinen Mitarbeitern und Geschäftspartnern waren und sind seine Tobsuchtsanfälle gefürchtet. Das Alter mache ihn aber milde, versichern einstige Weggefährten.Kein StammtischHans Peter Haselsteiner ist einer der wenigen großen Unternehmer, die nicht glauben, dass ein Staat wie ein Unternehmen zu führen ist. Dies unterscheidet ihn grundlegend von anderen Konzernlenkern, die ihre Weltsicht in die Politik einbringen wollten: Silvio Berlusconi hat mit dieser Einstellung ein Land zugrunde gerichtet, und Frank Stronach hat seine Reputation verloren. Ein Ministerposten hätte HPH bei den Neos noch gereizt. Dazu ist es bekanntermaßen nicht gekommen.Und den Nationalrat wollte er sich nach seiner knapp vierjährigen Abgeordnetenerfahrung für das LIF nicht mehr antun. Der Glaube, dass es jetzt andere richten müssen, gewinnt die Oberhand. Die Redaktion ist sich sicher, dass das diesjährige Siegerinterview zum Managerranking das beste Interview war, das wir nie geführt haben. Herr Haselsteiner, daher auf diesem Weg: Alles Gute zum 70er!