Erneuerbare Energien : oekostrom überlegt Kraftwerk mit Bürgerbeteiligung

Die oekostrom-Gruppe hat derzeit rund 12.000 Kunden, in "ein paar Jahren" sollen es 30.000 sein, sagt Vorstand Karl Wolfgang Stanzel. Aber auch 100.000 Kunden ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Quellen zu versorgen wäre "kein Problem". Derzeit werde der Bau eines neuen Kraftwerkes mit Bürgerbeteiligung geprüft - nach dem großen Erfolg der Stadt Wien mit dieser Finanzierungsform. Allerdings gebe es Probleme mit der Aufsicht, die dafür teilweise eine Banklizenz verlange.
Das Unternehmen, das zu 100 % Strom aus erneuerbaren Quellen anbietet, sieht sich allerdings als mehr als nur ein weiterer Stromlieferant. So wirbt der Vorstand für das EU-Volksbegehren gegen Atomstrom: Es wurde zwar zunächst von der EU-Kommission abgelehnt, soll aber nach "Reparaturen" neuerlich eingebracht werden. Österreich solle "mit der Mär von der Atomstromfreiheit aufhören", solange es von rundherum Strom aus AKW bezieht, sagt oekostrom-Vorstand Horst Ebner. In Wahrheit seien im Vorjahr 16 % des heimischen Stroms aus Tschechien importiert worden - das entspreche drei Viertel der Produktion von Temelin. Dagegen könne man nur auf europäischer Ebene vorgehen. Im Bemühen um einen Umstieg auf erneuerbare Energiequellen versucht der oekostrom-Vorstand auch, Experten zu vernetzen, um so für mehr Information und Lobbying für sein Anliegen zu sorgen.
Stanzel ist überzeugt, dass die Versorgung Europas ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen möglich ist. Wenn es genug Stromleitungen gebe, dann sei ein Ausgleich zwischen Wind- und Sonnenenergie aus Nord- und Südeuropa möglich. Außerdem könne Strom sehr wohl gespeichert werden: Kurzfristig am besten über Pumpspeicherkraftwerke, langfristig am ehesten durch die Umwandlung von Strom in Gas - Wasserstoff oder Methan - das im Gasnetz gespeichert werden könne. Pumpspeicherkraftwerke seien mit einem Wirkungsgrad von 80 bis 85 % (15 bis 20 % des Stroms gehen beim Speichern verloren) derzeit am effizientesten. Bei der Umwandlung in Gas liegt der Wirkungsgrad vorerst nur bei etwa 30 Prozent, hier sei noch viel Forschung nötig, räumt er ein. Auch sei derzeit die Preisdifferenz zwischen Grundlast (rund um die Uhr verfügbarer Strom) und Spitzenstrom (kurzfristig abrufbarer zusätzlicher Strom) so niedrig, dass es sich nicht einmal wirtschaftlich lohne, neue Pumpspeicherkraftwerke zu bauen.
Die oekostrom-Gruppe hat 2011 unter dem schwachen Wind gelitten. Der Umsatz ging um 2,5 % auf 34,5 Mio. Euro zurück. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) war mit 390.000 Euro negativ. Nach außerordentlichen Erträgen von 550.000 Euro durch die Abwicklung eines Tochterunternehmens wies die Gruppe aber einen Gewinn von 87.000 Euro aus. Für 2012 ist Vorstand Horst Ebner zuversichtlich, ein positives Ergebnis zu erreichen, der Wind spielte im ersten Quartal mit. Das Unternehmen hat 2011 an Endkunden in Österreich 105,2 Gigawattstunden Strom verkauft, in eigenen Kraftwerken erzeugt wurden 42,5 Gigawattstunden, um 15 Prozent weniger als im Jahr davor (49,5 GWh). International gehandelt wurden 230,7 GWh. Außerdem wurden Photovoltaikanlagen mit einer Maximalleistung von 236 Kilowatt (KWp) installiert.