SOLID 10/2019 : Menard-Galli: „Natürlich gibt es jemanden am Steuer"
Aktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt WEKA PRIME Mitglied werden!
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
SOLID: In wenigen Monaten übersiedeln sie auf die andere Straßenseite und einige Stockwerke nach unten ins „The Brick“. Von ihrem Büro aus sehen wir die Baustelle. Wie groß ist die Vorfreude? Was wird anders?
Solveig Menard-Galli: Wir sind ja hier noch in einem sehr traditionellen Office-Setup mit wenig Raum für gemeinsame Kommunikation. D.h. ich freu mich schon sehr, da wir bei der Errichtung und Ausgestaltung des neuen Gebäudes sehr aktiv mitgestalten (auch wenn wir nur Mieter sind).
In welche Richtung geht es?
Menard-Galli: Sehr stark Richtung Open Space einerseits, Silent Rooms andererseits. Durch unsere Internationalität und die vielen Videokonferenzen via Skype etc. werden die Meetingräume auch mit neuester Technik ausgestattet. Leitmotiv der Gestaltung unseres neuen HQ ist dabei die Zusammenarbeit lokal wie international zu fördern. In diesem Sinne werden die Administrationsabteilungen unserer österreichischen Töchter im selben Gebäude sein.
Sie sind Chief Performance Officer – das ist eine relativ neue und in Österreich wenig bis nicht bekannte Position. Was macht ein CPO?
Menard-Galli: Die Entwicklung unseres Konzerns hat die Schaffung dieser Position nahegelegt. Wir sind in einer starken Wachstumsphase und sind vom Ziegelproduzenten zu einem globalen Lösungsanbieter geworden - für die Gebäudehülle, Infrastrukturlösungen bis zur Städteplanung. Auch das Thema Wassermanagement spielt angesichts des Klimawandels eine immer größere Rolle, das adressieren wir mit smarten Lösungen unserer Pipe Division.
Und was ist Ihre persönliche Rolle dabei?
Menard-Galli: Die Organisation muss natürlich fit gemacht werden für diese Veränderungen. Mein Job ist da, Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen und umzusetzen. Das geht von Effizienz in der Produktion über Logistik und Lieferkette bis hin zur kommerziellen Kompetenz mit Fragen wie: Wie stelle ich meinen Vertrieb in einzelnen Ländern auf, um die dortige Kundenstruktur optimal zu bedienen? All das begleite ich mit unserem Fast Forward Programm. Das ist im Gegensatz zur landläufigen Optimierung ein sehr strukturierter und fokussierter Prozess über die ganze Gruppe hinweg.
Wir haben z.B. in den Niederlanden ein Pilotprojekt, das die papierlose Lagerhaltung zum Ziel hatte, erfolgreich umgesetzt. Dabei werden alle Prozesse End-to-End digital unterstützt, was außerdem dazu führte die Wege der Staplerfahrer um die Hälfte zu reduzieren. Aufgrund der positiven Resultate rollen wir dieses Projekt jetzt international aus.
Bedingt durch meine internationalen Managementpositionen kann ich hier meine gesamte Erfahrung im Heben von Potentialen einfließen lassen.
Was aus dieser Berufserfahrung hilft besonders und warum?
Menard-Galli: Ich habe in Klagenfurt studiert und war unmittelbar danach als Universitätsassistentin auch in konkrete Beratungsprojekte eingebunden. In meiner weiteren Karriere hatte ich bei Pago Fruchtsäfte verschiedene Funktionen inklusive der CFO Position inne. Pago gehörte ja zum Brauunion-Konzern und der wurde damals von Heineken übernommen, dem zweitgrößten Bierkonzern der Welt. Heineken hat diese Übernahme sehr schnell und bewusst umgesetzt und sich auch die Good Practices zunutze gemacht, und dies mit einem sehr guten Human Ressource-Ansatz.
Dadurch haben sich für mich tolle internationale Möglichkeiten ergeben und ich war sechs Jahre in den Niederlanden. Auch privat hat sich das gut gefügt, da mein Mann seiner Karriere einen neuen Akzent geben wollte.
Was macht Ihr Mann beruflich?
Menard-Galli: Mein Mann war zu der Zeit Leiter des IT-Servicebereichs an der Uni in Klagenfurt. Er ist dann seinem Herzen gefolgt und hat sich selbständig gemacht.
In den Niederlanden?
Menard-Galli: Ja, er hat eine internationale eLearning Lösung für Segelsport und -ausbildung entwickelt. Mittlerweile gehört seine Seefahrschule zu den erfolgreichsten in Österreich.
Segeln Sie auch?
Menard-Galli: Ja, Segeln ist unser gemeinsames Hobby – in Kärnten nicht ungewöhnlich! Und ich verwende die Analogie zwischen Segeln und dem Steuern eines Unternehmens ganz gerne. Segeln ist in der Regel Teamsport. Natürlich gibt es jemanden am Steuer, aber es gibt bei einem erfolgreichen Team darüber hinaus extrem gute Experten, die etwa darauf schauen, ob die Segel gut getrimmt sind, ob die Balance stimmt, wie sich der Wind entwickelt und so weiter. Und in einer Wettbewerbssituation kommen dann noch die Mitbewerber dazu – da muss man seinen optimalen Weg unter den vorhandenen Bedingungen suchen. Ich kann das nur empfehlen.
Wie kamen Sie von Heineken zu Wienerberger? Bier ist am Bau zwar nicht ungewöhnlich, aber so wird es ja nicht gelaufen sein?
Menard-Galli: Ich habe bei Heineken viele Erfahrungen gesammelt und so anders ist es gar nicht – ein großer Konzern mit vielen Zeitzonen und immer wieder die Frage: Wie kann ich strategische Ziele erreichen? Wie treibe ich nachhaltige Veränderungen voran?
Ich war – als erste Nicht-Niederländerin - CFO bei Heineken Niederlande und habe da auch viel über Regionalität und Nähe zum Markt gelernt, zwei Komponenten die auch für Wienerberger strategisch relevant sind. Nach meiner Rückkehr nach Österreich war ich bei L’Oreal Österreich und hab dann ein Angebot für die CFO-Position in der Wienerberger Business Unit Clay Building Materials bekommen. Das habe ich sehr gern angenommen, weil Wienerberger einer der wenigen börsennotierten österreichischen Weltkonzerne ist.
Was ich bei Heineken über weltweite Organisation und gleichzeitige Regionalität gelernt habe und dazu die Tatsache, dass Konzerne im Bereich Fast Moving Consumer Goods wie Bier in der Digitalisierung viel weiter sind als die Baubranche, habe ich bei Wienerberger positiv einbringen können.
Der Schritt zum CPO war dann nicht so weit – das Wachstum hat das bewusste Erweitern des Vorstands in Richtung Konzentration auf Performance – auch etwa strategische Bündelung beim konzernweiten Einkauf, IT und Digitalisierung sowie Unternehmenstransformation nahegelegt.
Wie zerspragelt man sich dabei nicht?
Menard-Galli: Fokus, Fokus, Fokus – und ein Top-Team!
ZUR PERSON
Solveig Menard-Galli (geboren 1969) ist seit Juni 2019 als Mitglied des Vorstands, CPO (Chief Performance Officer) für die Performancesteigerungs- und Digitalisierungsagenden der Wienerberger AG zuständig. Ihre Karriere bei Wienerberger startete Solveig Menard-Galli 2016 als Finanzchefin der Division Clay Building Materials Europe.
Die gebürtige Österreicherin hat Wirtschaftswissenschaften studiert und erwarb einen Master für Controlling, strategisches Management, Marketing und internationales Management an der Universität Klagenfurt, wo sie auch als Dozentin tätig war. Weitere Studienaufenthalte führten sie u.a. nach Fontainebleau (INSEAD) und Hawaii, wo sie ein Certificate of International Management erwarb. Ihre Karriere startete sie bei der zum Heineken Konzern zählenden Brau Union Gruppe. 2008 wechselte sie in die Heineken-Konzernzentrale in Amsterdam und war ab 2011 als Finanzdirektorin für Heineken Niederlande tätig. Danach übernahm sie bei L’Oréal-Österreich Führungsaufgaben.
Entdecken Sie jetzt
- Lesen
-
Videos
- SOLID Bau-TV | 11.07.2024 11.07.2024
- SOLID Bau-TV | 27.06.2024 27.06.2024
- SOLID Bau-TV | 06.06.2024 06.06.2024
-
Podcasts
- Bauen up to date #13 - 04.03.2024 04.03.2024
- Bauen up to date #12 - 13.9.2023 12.09.2023
- Bauen up to date #11 - 23.04.2023 23.04.2023