Österreich : Immobilienbranche kritisiert neue Wiener Bauordnung
Die Vertreter der Wiener Immobilienwirtschaft gehen mit gemischten Gefühlen ins neue Jahr. Den positiven Erwartungen zur Mietrechtsreform auf Bundesebene steht massive Kritik an der neuen Wiener Bauordnung gegenüber. Am Mittwoch erklärten sie ihre Bedenken bei einem Pressegespräch.
"Wien ist anders, speziell, was das Wohnen betrifft", sagte Michael Pisecky, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Wien. Der Markt sei durch den hohen Anteil an geförderten Wohnungen sowie das Mietrecht stark preisreguliert. Der "freie Mietmarkt" mache dadurch nur etwa zehn Prozent aus.
Besonders verärgert sind die Branchenvertreter über die Neuregelung der Flächenwidmung, die zur Verknappung von Baugründen führe. Auch das Abbruchverbot für Gründerzeithäuser steht in der Kritik. Es sei populistisch, schaffe Rechtsunsicherheit für Investoren und werde nicht den gewünschten Effekt erzielen. "Gründerzeithäuser sind nur über das Mietrecht zu retten und nicht über die Bauordnung", so Bauträgersprecher Hans Jörg Ulreich. Die Sanierung von Altbauten zahle sich im Vergleich zu Neubauten nicht aus, wenn sie danach noch immer den Richtwertmieten unterliegen.
Auch die obergerichtliche Neuregulierung der Lagezuschläge wird abgelehnt, weil sie die Situation unnötig verkompliziere. Ulreich kommentierte, sie "mag für Mieter auf den ersten Blick gut wirken, verhindert jedoch einmal mehr Sanierungen von Gründerzeitgebäuden und macht Neubauten wirtschaftlich noch attraktiver".
Vorfreude äußerten die Interessensvertreter hinsichtlich der geplanten Mietrechtsreform auf Bundesebene. "Die Dinge, die im Regierungsprogramm stehen, kommen sehr stark aus unserer Branche", so Pisecky.
Die Probleme am Wiener Mietmarkt gehen für ihn nicht auf fehlende Regulierung zurück. Der "extreme Preisauftrieb" bei Eigentum liegt für Pisecky daran, dass der Markt relativ zur Stadt zu klein ist. Der Anstieg an Schlichtungsverfahren zwischen Mietern und Vermietern gehe nicht auf Unzufriedenheit der Mieter oder überhöhte Mieten, sondern auf die Arbeit von gewinnbeteiligten "Prozessfinanzierungsagenturen" zurück, die "die Häuser durchkämmen". Dass vor allem Niedrigverdiener einen immer höheren Anteil ihres Einkommens für Wohnen aufbringen müssen, liegt laut Ulreich nicht an überhöhten Mieten, sondern an Reallohnverlusten, kalter Progression und der Kürzung von Transferleistungen.
Anstatt Verboten wünscht man sich von der Stadt Wien eine angebotsseitige Marktbeeinflussung, etwa durch Nachverdichtung bereits bebauter Flächen oder Verkauf oder Bebauung eigener Grundstücke. (APA)