Natürlich sind wir für nachwachsende Rohstoffe. In diesem Zusammenhang ist interessant zu wissen, dass die österreichische Holzbranche mehr erlöst als der gesamte Fremdenverkehr. Holz ist etwas hochtechnologisches und wir gehören im internationalen Bereich zur Weltspitze. In der Seestadt soll es das erste richtige Holzhochhaus der Welt mit 70 Metern oder mehr Höhe geben. Im Vergleich dazu sind etwa Zement oder Stahl extrem energieaufwendig in der Herstellung. Also für das neue nachhaltige Wien stellt Holz unserer Meinung nach schon eine sehr gute Alternative dar.
Wie geht sich das mit dem Kostenaspekt aus? Gebäude errichten doch meistens die billigen Bieter.
Das ist halt ein sehr dummes Denken. Man muss im Lebenszyklus denken und auch im Energieverbrauch im Betrieb oder auch in der Entsorgung.
Aber in Wirklichkeit müssen wir über den größten Kostentreiber am Bau nachdenken, und das sind die Grundstückskosten. Wenn die Marktwirtschaft irgendwo komplett versagt, weil steigende Preise eben nicht zu einem höheren Angebot führen können, ist es auf diesem Gebiet. Ich glaube, hier müssen wir stärker regulierend eingreifen, damit sich niemand zu Lasten der Öffentlichkeit extrem bereichern kann, der das Glück hat, Grund und Boden entlang von Hauptverkehrsachsen zu besitzen. Andere Länder zeigen uns ja, wie das geht. Gerade Deutschland hat zum Beispiel in der Bundesverfassung die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, die haben wir nicht.
Wir haben heute Grundstückspreise, die 60-80 Prozent der Herstellungskosten betragen - und da rede ich jetzt nicht von der Wiener Innenstadt. Holz oder gut gedämmt macht dagegen vielleicht drei Prozent aus. Hier müssen wir uns wirklich etwas einfallen lassen.
Das heißt, es ist für die Kosten egal, wie "grün" eine Ausschreibung ist?
Der Knackpunkt sind sicher die Grundstückspreise. Sie sind der Hauptgrund für die Zersiedelung und damit entsteht wieder der Druck, zusätzliche Verkehrswege zu bauen etc. Grün ist eine Kombination unterschiedlicher Maßnahmen: verdichteter Bau, Materialität, Langlebigkeit und Umbaubarkeit.
Wie sieht das im ländlichen Bereich aus? Auch hier verdichtete Bauweise, wenn es nach Ihnen geht?
Ja. Das europäische Dorf und die Kleinstadt sind große europäische Errungenschaften. Ich sehe aber ein anderes großes Thema, für das ich keine Lösung weiß und auch keinen Hebel. Das sind die weiten Teile Österreichs, in denen die Bevölkerung zurück geht, in denen Wohnungen, Schulen, Vereinshäuser etc. leer stehen. Da geht es um weite Teile Niederösterreichs, praktisch ganz Kärnten mit Ausnahme der Ballungsräume, die gesamte Obersteiermark. Wir kommen auf der einen Seite mit dem Bauen in Wien kaum nach und im ländlichen Gebiet steht alles leer. Da steht die Frage: wie wollen Menschen leben? Und offensichtlich gibt die urbane Lebensform einiges her.
Wie sehen Sie die Entwicklung eines sehr umstrittenen grünen Renommierprojekts, der Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße in Wien? Für die Bauwirtschaft ist das ja nicht schlecht, aber die Geschäfte freuen sich weniger, die Autofahrer gar nicht.
Eines der Probleme unserer Gesellschaft ist, dass jegliche Änderung immer schwieriger wird, weil jede Veränderung irgend jemanden schlechter stellt und diese schlechter gestellten Menschen artikulieren sich besonders laut und immer lauter. Die Politik muss sich da gegen den Boulevard durchsetzen, wenn sie von dem überzeugt ist, was sie will. Ich glaube, die Mariahilfer Straße gibt uns Recht, dass das vernünftig war.
Hätte man es nicht besser managen und die Bürger einbeziehen können oder müssen?
Ich bezweifle, dass man es schlauer machen hätte können. Natürlich gibt es Leute, die das nicht wollen. Die haben das aufgeblasen. Ich glaube nicht, dass ein langer Planungs- und Diskussionsprozess dafür gesorgt hätte, dass das leichter über die Bühne geht. Jede große Änderung ist mit Konflikten behaftet. Und letztendlich gab es eine Abstimmung, die gut ausgegangen ist. Und es war natürlich ein Symbol, weit über Österreich hinaus.
Interview: Thomas Pöll