Interview : "Eine Autoflotte ist bald weg"
SOLID: Haben wir ein ökologisches Problem?
Gunther Maier: Wir haben ein massives, ökologisches Problem und ein zentraler Anknüpfungspunkt liegt in Gebäuden. Eine Autoflotte ist bald weg, ein Gebäudebestand kann über Jahrhunderte die Welt gestalten und prägen.
Und deshalb sollen nachhaltige Gebäude in Österreich eine Auszeichnung erhalten?
Maier: Die Bauwelt und die Immobilienwirtschaft kommen um die Frage der Nachhaltigkeit nicht mehr herum. Industrie, Verkehr und Gebäude sind die größten Energieverbraucher des Landes. Gebäude verursachen ein Drittel bis 40 Prozent des Energieverbrauchs und der Emission von Kohlendioxyd. Nehmen wir die Klimaziele ernst, so muss etwas geschehen. Diesem Handlungsdruck steht ein Bedarf seitens der Investoren gegenüber.
Wenn Investoren einen Bedarf an einer Nahhaltigkeitsauszeichnung sehen, dann geht es höchstwahrscheinlich nicht vorrangig um eine ökologische oder rein idealistische Auszeichnung.
Maier: Investoren in Immobilien wollen nicht die Katze im Sack kaufen. Investoren wollen sich auf einen nachvollziehbaren und kontrollierbaren Wert ihrer Immobilie beziehen. Der Nachweis bei bereits bestehenden Gebäuden ist allerdings schwierig. Optimal ist, wenn die Begleitung bereits in der Planungsphase beginnt. Bauherren, Architekten und Baustoffproduzenten haben gute Argumente, warum ihre Art des Bauens die gescheitere ist. Wir wollen jedoch keine Art und kein Material ausschließen.
Global gesehen besteht bereits ein Wildwuchs an Nachhaltigkeitsauszeichnungen für Gebäude. Frankreich vergibt den HQE, Australien dagegen GREEN STAR, USA eine LEED-Auszeichnung und in Großbritannien zeichnet BREEAM Gebäude aus. Diese Liste ließe sich noch fortsetzen. Bei Wildwuchs verliert eine Auszeichnung an Wert. Braucht man wirklich noch ein neues Zeichen?
Maier: Eine österreichische Lösung allein wäre eine Sackgasse. Wir haben uns der deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen angenähert, da sie letztendlich einen internationalen Standard anpeilt. Das ist uns wichtig.
Wie vermeiden Sie, dass das Label zur reinen Marketingsache wird?
Maier: Das deutsche System ist dafür zu gründlich, sage ich mal salopp.