Infrastruktur : Der Bosrucktunnel ist frei
Mit einem Festakt gaben am Freitag Bundesminister Alois Stöger, Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, der steirische LH-Vize Siegfried Schrittwieser, Tunnelpatin Doris Hummer, ASFINAG-Vorstand Alois Schedl und ASFINAG-Geschäftsführer Alexander Walcher den neuen Bosrucktunnel auf der A 9 Pyhrn Autobahn für den Verkehr frei.
Das für die beiden Bundesländer Steiermark und Oberösterreich so wichtige Projekt stellte die ASFINAG nach dreieinhalb Jahren Bauzeit fertig: „Das ist um dreieinhalb Monate schneller und wir haben die Kosten bei gleichbleibender Qualität um 18 Millionen Euro unterschritten“, sagte ASFINAG-Vorstand Alois Schedl. „Die Verkehrsfreigabe ist ein wichtiger Schritt für mehr Verkehrssicherheit auf der Pyhrn Autobahn, die wir bis 2019 voll ausbauen.“ Die ASFINAG investiert in den neuen Tunnel 200 Millionen Euro, und in die nun folgende Generalsanierung der Bestandsröhre 80 Millionen. „Das ist sehr gut angelegtes Geld, weil bei der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer machen wir keine Abstriche“, erklärte Verkehrsministerin Doris Bures.
Der 5425 m lange Tunnel durch den fast 2000 m hohen Bosruck ist zudem mit den europaweit modernsten Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Für täglich bis zu 18.000 Verkehrsteilnehmer auf dieser Strecke bedeutet die neue Anlage somit einen großen Sprung in Sachen Fahrkomfort und vor allem Verkehrssicherheit. Bures: „Ich möchte, dass wir in Österreich die sichersten Tunnelanlagen anbieten, daher investieren wir bis 2018 in Summe 1,5 Milliarden Euro, mehr als 80 Tunnel in ganz Österreich werden so noch sicherer."
Im Rahmen des Konjunkturpaketes zieht die ASFINAG dabei auch Investitionen in mehr Tunnelsicherheit in Höhe von 120 Millionen auf die Jahre 2014 und 2015 vor. „Damit schaffen wir auch einen ganz wichtigen Impuls für die Bauwirtschaft und den Arbeitsmarkt“, erläuterte ASFINAG-Geschäftsführer Alexander Walcher.
Im Bild: Das Band ist durchschnitten, aber der Tunnel verbindet – ASFINAG-Vorstand Alois Schedl, Tunnelpatin Doris Hummer, LH Josef Pühringer, LH-Stellvertreter Siegfried Schrittwieser, Bundesminister Alois Stöger und die ASFINAG-Geschäftsführer Alexander Walcher und Rainer Kienreich (v. l.)
Die neue Weströhre des Bosrucktunnels verfügt über die europaweit modernste Ausstattung für Tunnelanlagen. Die ASFINAG-Standards sind helle, reflektierende Tunnelwandbeschichtung, Bordsteinreflektoren beidseits, eine Tunnelfunkanlage für Verkehrsfunk, Einsatzkräfte und Betrieb, brandbeständige Lüfter und Glasfaserkabel statt Kupfer und damit eine schnellere Datenübertragung. Die neue Röhre ist aber auch mit einer Section Control Anlage ausgerüstet, bis die Generalerneuerung der Bestandsröhre abgeschlossen ist. Darüber hinaus wird der Bosrucktunnel mit den Spezialsystemen AKUT und einem Thermoscanner ausgestattet. Das gemeinsam mit Joanneum Research entwickelte System AKUT erkennt durch Spezialmikrofone ungewöhnliche Geräusche im Tunnel wie etwa splitterndes Glas oder eine Vollbremsung. Die ASFINAG-Operatoren in der zuständigen Überwachungszentrale Ardning können Ereignisse wie Unfälle so schneller erkennen und die Einsatzkräften schneller alarmieren.
Bereits installiert sind Spezial-Lautsprecher, so genannte Grenzflächenhörner, die es Personen im Tunnel ermöglicht, Informationen sowie Anweisungen der Mitarbeiter in der Überwachungszentrale gut zu verstehen. Ansagen über herkömmliche Lautsprecher sind ob der schwierigen Akustik in einem Tunnel oft nur schwer verständlich. Diese Grenzflächenhörner hat die ASFINAG mittlerweile in drei steirischen Tunnelanlagen eingebaut (neben Bosrucktunnel auch Kirchdorftunnel auf der S 35 sowie Niklasdorftunnel). Der Einsatz in weiteren Tunnelanlagen ist bereits geplant.
Thermoscanner: Das System ist derzeit beim Karawankentunnel auf der A 11 im Einsatz und in dieser Form in Europa einzigartig. Schwerfahrzeuge über 7,5 Tonnen werden vor der Einfahrt in den Tunnel von Spezialkameras und -sensoren auf heiße Bestandteile wie Bremsen, Motor, Turbolader gescannt. Wird ein Grenzwert überschritten, muss das Fahrzeug erst abkühlen. Die in einem Tunnel besonders gefährlichen Lkw-Brände können so bereits im Vorfeld vermieden werden. Mehrere Tunnelanlagen werden mit diesem System ausgestattet, darunter der Arlbergtunnel sowie der Gleinalmtunnel.
Mit der Verkehrsfreigabe der neuen Röhre gibt die ASFINAG den Startschuss für die Generalerneuerung der Bestandsröhre. Bereits ab Freitagabend ist die neue Röhre in Fahrtrichtung Süden befahrbar, Richtung Norden bleibt die Bestandsröhre noch in Betrieb, spätestens ab Mittwoch ist der neue Tunnel aber im Gegenverkehr befahrbar, bis im Sommer/Herbst 2015 die gesamte Tunnelanlage für den Verkehr freigegeben werden kann. Der Ausbau der A 9 ist damit noch nicht abgeschlossen. Die Vorbereitungen für den Ausbau der Tunnelkette Klaus in Oberösterreich laufen auf Hochtouren, bereits im September erfolgt der Start mit dem Bau von insgesamt sechs Brücken. Und auch der Gleinalmtunnel wird bekanntlich zweiröhrig ausgebaut, Start ist ebenfalls schon im September. Bis 2019 wird die Pyhrn Autobahn somit durchgehend über zweiröhrige Tunnelanlagen verfügen. (pj)
Gesamtlänge der neuen Röhre: 5425 Meter
Ausbruchsmenge: 770.000 Kubikmeter bzw. zwei Millionen Tonnen
Sechs begehbare Querschläge (Fluchtmöglichkeiten)
Fünf bereits jetzt begehbare und künftig auch mit Einsatzfahrzeugen befahrbare Querschläge
43 Notruf- und 48 Feuerlöschnischen
250.000 Kubikmeter Beton für Innenschale, Sohle, Portalgebäude
110.000 Kubikmeter Spritzbeton
325 Kilometer Kabel wurden verlegt
Mehr als 800 Leuchten sind im neuen Tunnel
Mit 93 Videokameras überwacht die Tunnelwarte Ardning den Verkehr
Start der Bauarbeiten für die neue Tunnelröhre war im November 2007 mit der Errichtung mehrerer Brücken, der Tunnelvortrieb begann im Februar 2010
Baubeginn der Bestandsröhre war 1978, Inbetriebnahme der 23. Oktober 1983