Alpine-Debakel : Der Balkan als Anfang vom Ende der Alpine

Die Machenschaften rund um die Milliardenpleite des österreichischen Bauriesen Alpine im Juni 2013 beschäftigt längst Gerichte sowie Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Nun enthüllte auch ein internationales Team von sechs Journalisten mit dem Monatsmagazin "Datum" nach einem Jahr Recherche "ein Sittenbild nachlässigen Managements und dubioser Geldflüsse in Mazedonien und Albanien".Hinter dem Bericht stehen Recherchen von Journalisten aus Österreich, Serbien, Albanien und Mazedonien des Balkan-Investigativ-Reporternetzwerks (BIRN). Sie hatten mehr als hundert Interviews und Hintergrundgespräche mit Ex-Mitarbeitern und Geschäftspartnern der Alpine geführt.
Seltsame Aufträge über Jahre hinweg
Die Zeitschrift beruft sich auf interne Dokumente, die der Redaktion vorliegen sollen. Demnach hätten Alpine-Mitarbeiter über Jahre hinweg Aufträge an Unternehmen vergeben, die sie selbst besaßen oder zu denen sie ein Naheverhältnis hatten. Über Scheinrechnungen und Beratungsstudien seien innerhalb von zwei Jahren mindestens 6 Mio. Euro in dunkle Kanäle geflossen.
Eine "Firma innerhalb der Firma"
Dabei habe die Alpine auf dem Heimatmarkt bis zuletzt Gewinne erwirtschaftet - im Ausland dagegen häufte der Konzern einen Milliardenverlust an. 1,3 Milliarden Euro habe der Konzern in seinen letzten zehn Jahren in seine Auslandstöchter gepumpt. Das sei dem Berichht zufolge das Dreifache des Eigenkapitals von 2012.Gespräche und Nachprüfungen von Unterlagen würden "deutliche Hinweise auf haarsträubende Managementfehler" ergeben, so der Bericht - und zumindest in einem Fall gehe es auch um "eine systematische Plünderung des Unternehmens durch die eigenen Mitarbeiter".
Zudem ist von einer Seilschaft von Alpine-Managern die Rede, die besonders auf dem Balkan großen Einfluss auf die Geschäfte des Unternehmens ausgeübt hätten, so die Journalisten. Diese "Firma innerhalb der Firma" lasse den Zusammenbruch der Alpine in einem neuen Licht erscheinen.
"Eine halsbrecherische Expansion"
Vor der Insolvenz habe der einst zweitgrößte Baukonzern in Österreich "eine halsbrecherische Expansion in neue Märkte" unternommen und "bei Großprojekten enorme Verluste" eingefahren - vor allem in Deutschland, Polen und am Balkan.Eine "Seilschaft von Alpine-Managern" habe unter der Führung des Ex-Alpine-Miteigentümers Dietmar Aluta-Oltyan und seiner Ehefrau Helena "beträchtlichen Einfluss" auf die Balkan-Niederlassungen ausgeübt - und das weitgehend ohne Kontrolle durch die Alpine-Zentrale in Wals bei Salzburg und ohne Vorstandsfunktion. So die Zusammenfassung des Monatsmagazins in seiner Online-Ausgabe.
Anmerkung:Hier alle Artikel zur Alpine-Pleite und FCC chronologisch geordnet auf SOLIDbau.at >>
Eine "Seilschaft" rund um Dietmar Aluta-Oltyan
Ein Prüfbericht der Schweizer Wirtschaftsagentur BDO kritisiert dem Magazin zufolge die "mangelnde Aufsicht und Kontrolle der Niederlassungen am Balkan" durch die Zentrale in Salzburg.
Dort habe Aluta-Oltyan als "starker Mann" auch in das operative Geschäft eingegriffen, obwohl er nominell nur Aufsichtsratschef der Alpine Holding war, die der Alpine Bau GmbH übergeordnet gewesen ist. Wegen der "Intransparenz der Balkangeschäfte" seien exorbitante Verluste nicht rechtzeitig erkannt worden.Laufende Ermittlungen gegen 18 ehemalige ManagerDer Alpine-Konkurs war die größte Insolvenz in Österreich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen 18 ehemalige Manager des Baukonzerns und hat laut ORF-Radio "in letzter Zeit mit intensiven Vernehmungen begonnen". Ausgerechnet Aluta-Oltyan sei aber nicht darunter.
Aluta-Oltyan stieg 2012 aus Der ehemalige Chef- und -Miteigentümer war vor der offiziellen Pleite aus der Alpine ausgestiegen - 2012 hatte er seine Anteile an den spanischen Mutterkonzern FCC - unbestätigten Angaben zufolge um 50 Mio. Euro - abgetreten.
2006 war er in München zu einer bedingten Strafe wegen Bestechung verurteilt worden - beim Bauauftrag für das Bayern-München-Stadion waren 2,8 Mio. Euro für Insider-Informationen geflossen. Noch im selben Jahr zog sich Aluta-Oltyan aus der Geschäftsführung in den Aufsichtsrat zurück, als der spanische Konzern FCC (Fomento de Construcciones y Contratas) bei der Alpine eingestiegen ist.
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Bei der Alpine seien die Konzernbilanzen vor der Pleite jahrelang "geschönt und verfälscht" worden, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Auf diese Weise seien Investoren, speziell die Käufer von Alpine-Anleihen in Jahren 2010 bis 2012, aber auch Gläubiger und Banken sowie eventuell auch der österreichische Staat getäuscht worden, der eine Haftung von 180 Mio. Euro für Kredite übernommen hat.Die Alpine könnte schon drei Jahre vor Konkursanmeldung, im Oktober 2010, konkursreif gewesen sein. Das war aber "in den Bilanzen damals nicht ersichtlich", sagte Masseverwalter Karl Engelhart unter Berufung auf eine von ihm beauftrage BDO-Studie im Ö1-"Mittagsjournal".Fälschungen "mit System" Die Verdachtslage sei vielschichtig, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Thomas Haslwanter im Radio. "Die Bilanzverschönerungsmaßnahmen hatten System." Es gebe auch einen Konnex zwischen dem Hypo-Skandal und der Alpine: Die Bank habe dem Baukonzern noch 2012 einen 25-Millionen-Kredit gewährt, als die Alpine - rückblickend gesehen - durch ihre Ost- und Südosteuropa-Expansion längst ins Trudeln geraten war. Fünf Staatsanwälte und zwei Experten ermitteln - das sind dem Bericht zufolge mehr als in irgendeinem anderen Fall der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. (APA/pm)