SOLID 05/2017 : Baudienstleister: die größten Mythen beim Mieten
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„Bei Baumaschinen, Geräten, Containern, Sicherungssystemen ist der Trend hin zur Miete unübersehbar“, sagt Wolfgang Kradischnik. Er ist einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Wiener Firma Delta, die sich auf Dienstleistungen rund um Generalplanung und Bamanagement spezialisiert hat.
„Das Geschäft in der Baubranche wird immer schnelllebiger. Gerade die Kontiniutät wird da immer schwieriger. Ich muss als Bauunternehmer immer das große Ganze im Blick behalten und flexibel bleiben.“ „Auf dem Bau dominiert wie überall sonst immer mehr das Prinzip: Maximaler Ertrag mit Investitionen, die so optimal gestaltet sind wie möglich“, so Kradischnik. „Bei guter Auslastung ist Eigentum auf jeden Fall besser. Doch nicht immer bleibt die Auftragslage gleich, die Art der Aufträge natürlich auch nicht. Ab einer gewissen Anzahl an Stunden, in denen meine Maschine herumsteht, werde ich ein Getriebener dieser Auslastung.“
Auch beim Mieten zählt, was unter dem Strich auf der Rechnung steht: Welche Zusatzkosten habe ich? Wie gut ist mein Gerät? Und was passiert, wenn es ausfällt? Flexibilität – das ist einer der gewichtigsten Gründe, sich für die Miete zu entscheiden. Der umfassende Service, den Baudienstleister heute bieten, ein anderer.
Eine Faustformel, ab wie vielen Betriebsstunden pro Jahr sich eher die Miete oder der Kauf rechnet, gibt es nicht. Zu segmentiert ist die Branche, zu individuell die Situation jedes Baubetriebs. SOLID bringt hier deshalb einige Anhaltspunkte dazu, was die Vorzüge der Miete bei Baugerät sind – und nennt neben den fünf häufigsten Mythen beim Mieten auch die wichtigsten Trends in den Angeboten der Dienstleister, von dem die Kunden am Bau profitieren können.
Dass sich jedes Jahr mehr Baufirmen für die Miete entscheiden, belegen die Geschäftszahlen der Dienstleister. Während der konjunkturelle Aufschwung unübersehbar auch den Bau erfasst hat, legen die Großen unter den Vermietern überdurchschnittlich zu. Zum Beispiel der Komplettanbieter Zeppelin, der im Vorjahr vor Steuern 86 Millionen Euro verdient hat und gerade seine Kapazitäten ausbaut. Die Firma ist mit 140 Standorten in Deutschland und Österreich vertreten und übernimmt gerade zum Beispiel in Wien die komplette Logistikplanung der Großbaustelle Austria Campus. Das Alter der Baumaschinenflotte liege im Schnitt bei 1,8 Jahren, heißt es bei Zeppelin Rental.
In ihrer Ausrichtung zielen Vermieter genau auf den enormen Zeitdruck und die immer engeren Kalkulationen, unter denen die Baufirmen stehen. Der Dienstleister Hünnebeck, der weltweit 225 Niederlassungen betreibt und in Österreich in Maria Lanzendorf seinen Sitz hat, betont die Schnelligkeit bei der Anlieferung von Schalungen, Traggerüsten und Sicherheitssystemen: „Eine Ortbetonbaustelle läuft dann wie am Schnürchen, wenn Schalungslieferant und Baustelle eng zusammenarbeiten.“
Baumaschinen, Gerüste, Werkzeuge und Raumsysteme auf dem neuesten Stand – das ist ein Verkaufsargument, das auch Cramo in den Mittelpunkt stellt. Die Verfügbarkeit ist ein anderes: Der zweitgrößte Anbieter Europas für die Vermietung von Baugerät nennt 330 Depots und 220.000 Mietgeräte in 14 Ländern sein eigen.
In Österreich verfügt Cramo mit Hauptsitz in Wiener Neudorf über insgesamt sieben Mietparks. Bei der Wirtschaftlichkeit müsse man immer die gesamten Kosten betrachten, sagt Geschäftsführer Christian Heigl: „Wir spüren deutlich, dass sich der Trend zur Miete verstärkt. Viele Baufirmen müssen immer genauer kalkulieren und sehr flexibel sein. Miete ist sofort abschreibbar. Bei laufendem Betrieb lassen sich Auftragsspitzen mit gemieteten Maschinen viel flexibler abdecken. Gleichzeitig wird die Baustellenkalkulation mit festen Mietpreisen für den Unternehmer einfacher.“
Einer der Standards der Anbieter ist inzwischen der Zugriff auf die Mietparks über das Internet. Bei Zeppelin Streif Baulogistik zum Beispiel können Unternehmer online sehen, welche Maschinen aktuell auf ihren Baustellen stehen. Wird ein Produkt nicht mehr benötigt, klickt der Kunde auf den "return-button" – und die Maschine wird abgeholt. Oder Cramo, der seine Angebote auf der Plattform „eCRent“ gebündelt hat. „Wir sind nur einen Anruf, ein Mail oder wenige Klicks vom Einsatzort des Kunden entfernt“, sagt Wolfgang Rigo, Geschäftsführer von Huppenkothen Baumaschinen.
Die Vorarlberger haben sich auf Klein- und Minibaumaschinen spezialisiert, und in den heuer genau 60 Jahren ihres Bestehens zu einem der europaweit größten Vermieter in diesem Segment hochgekämpft. 4500 Maschinen an 38 Standorten warten bei Huppenkothen auf ihren Einsatz: Kleinbagger, Walzen, Radlader oder Verdichtungsmaschinen.
„Miete bei uns bedeutet, dass Sie wertvollen Platz und Sorgen gegen das eintauschen, was Sie wirklich brauchen“, sagt Rigo – und verweist auf die Flexibilität auch bei der Mietdauer. Eine Baufirma kann zwischen wenigen Stunden und vielen Monaten mieten, genau nach Bedarf ihrer Projekte. Auch Kaufmiete bietet Huppenkothen an – sogar bei spontanem Bedarf, so Rigo: „Wenn der Kunde ein Gerät mietet und es später doch kaufen will, rechnen wir ihm die bereits gezahlte Miete an.“
„Es gibt immer einen Anbieter, der billiger ist. Entscheidend sind aber am Ende des Tages die Gesamtkosten“, sagt Wolfgang Kradischnik vom Baudienstleister Delta. Und wie die ausfallen, steht oft im Kleingedruckten. Denn wie gut oder schlecht ungefähr der Zustand eines Gerätes ist, sieht der Kenner zwar oft schon auf den ersten Blick.
Doch dazu kommen die zusätzlichen Services, bei denen sich am Markt der Vermieter die Spreu vom Weizen trennt. Entscheidende Fragen dabei: Was ist mit versichert? Wie gut wurde eine Maschine gewartet? Bekomme ich die Geräte angeliefert? Direkt auf die Baustelle bringen und auch abholen: Das bietet zum Beispiel die Firma HKL, die mit sechs Standorten in Österreich vertreten ist. Im Falle des Ausfalls betreibt der Anbieter einen 24-Stunden-Notdienst. Die Monteure reparieren „sämtliche Kundengeräte aller Fabrikate“, heißt es bei HKL. „In den meisten Fällen“ sei sogar die Reparatur bei Maschinen möglich, die den Kunden gehören.
Auf Wunsch übernimmt HKL für eine Baufirma die Wartung und das komplette Flottenmanagement. Für Huppenkothen-Chef Wolfgang Rigo ist das der wichtigste Punkt: „Das größte Risiko ist, dass ein Gerät nicht funktioniert. Deswegen sind Partner so wichtig, die eine Maschine so schnell wie möglich reparieren, oder einen Ersatz bereitstellen.“
Bei den Vorarlbergern lagern dafür 90.000 Ersatzteile aus den vergangenen zehn Jahren neben modernster Technik in den Depots. Auch an der Wartung erkenne man jene Vermieter, die auf Qualität setzen, sagt Cramo-Geschäftsführer Christian Heigl. „Bei guten Anbietern sind die Geräte immer auf dem neuesten Stand der Technik. Bei uns können Kunden davon ausgehen, dass sie perfekt gewartet sind. Wir übernehmen auch alle Sicherheitsüberprüfungen.“
So verschieden wie jedes einzelne Bauprojekt sind auch die Anforderungen ans benötigte Gerät. Wer sich auf einen bestimmten Bereich spezialisiert, sollte auf eigenes Material zurückgreifen – oder eben auch nicht. Überspitzt formuliert: Eine größere Auswahl an Maschinen und Werkzeugen als bei den großen Vermietern findet sich nur auf Baumessen wie der Bauma.
Bei Zeppelin zum Beispiel findet sich von A wie Abbauhammer über M wie Mauernutfräse bis Z wie Zweischalengreifer die unterschiedlichsten Geräte, Maschinen, Container, Sicherungssysteme oder Fahrzeuge.
Einen gut gewarteten Bagger ordentlich vermieten – das reicht den Dienstleistern nicht mehr. Sie arbeiten intensiv an neuen, digitalen Angeboten. Zum Beispiel Hünnebeck. Im Mittelpunkt der digitalen Angebote des Schalungsanbieters steht HCAD: Ein Werkzeug aus interaktiven Planungsmodulen, das dem Profi eine schnelle Planung von Wandschalungen, Deckenschalungen, Unterstützungssystemen und Gerüsten bietet.
Kunden von Hünnebeck können außerdem über einen eigenen „Betondruckrechner“ mit wenigen Klicks die maximale Betoniergeschwindigkeit berechnen oder prüfen, welcher Frischbetondruck beim Betonieren entsteht. Zusätzlich hat der Schalungsanbieter kürzlich das Portal www.used-forms.com gestartet, über das gebrauchtes Originalmaterial direkt vom Hersteller bezogen werden kann.
Auch das Start-up Klickrent positioniert sich gerade als Internetplattform für den Austausch von Baumaschinen, Geräten und und Werkzeug am Markt.
Marktführer Zeppelin hat angekündigt, bis 2025 die Hälfte seines Gewinns mit digitalen Geschäftsmodellen machen zu wollen, und investiert dafür gerade einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Aktuell hat Zeppelin beim Austria Campus am Wiener Praterstern das internetbasierte System „inSite 3.0“ im Einsatz, über die jeder Mensch und jede Maschine auf der Baustelle in Echtzeit erfasst sind. Schon heute kleben auf den Maschinen von Zeppelin QR-Codes, über die Nutzer jederzeit mit ihrem Mobiltelefon im Internet die genau passenden Infos und Videos zur Bedienung und Wartung abrufen können.
Doch bei aller Digitalisierung: Harte Arbeit mit schweren Brummern wird auf der Baustelle auch in Zukunft immer warten. Huppenkothen-Chef Wolfgang Rigo gibt deshalb allen Beteiligten einen Ratschlag mit auf den Weg: „Behandeln Sie die Mietmaschine wie Ihr eigenes Gerät. Dann funktioniert sie besser.“