Österreich : Auftraggeber und Auftragnehmer einigen sich über bauvertraglich-bauwirtschaftlichen Umgang mit COVID-19-Auswirkungen
Wie SOLID exklusiv erfuhr, haben Experten von Auftraggebern (ASFINAG, ÖBB, BIG, Wiener Linien, Wiener Wohnen) und Auftragnehmern (STRABAG, PORR, SWIETELSKY, HABAU) sich unter dem Dach der ÖBV stellvertretend für alle Betroffenen an den Verhandlungstisch gesetzt, um für den Umgang mit den Folgen von COVID-19 in Bauverträgen eine Lösung im Geist der kooperativen Projektabwicklung zu finden.
Das Ziel war die Festlegung einer einheitlichen Vorgangsweise für die Dokumentation von Leistungsstörungen wegen COVID-19 bei vor dem 15.3.2020 geschlossenen ÖNORM Verträgen und für die Ermittlung sich daraus ergebender Mehrkosten und der Bauzeitverlängerung. Das Ergebnis ist "eine einfache, instruktive Vorgabe für die Nachweisführung und Abrechnung". Darüber hinaus wurde eine Handlungsanleitung für die Ausschreibung neuer Projekte erarbeitet, damit die Umstände der Bauabwicklung unter den COVID-19 Maßnahmen in der Vergütung sachgerecht berücksichtigt werden.
Weiters haben sich die AG- und AN-Vertreter darauf verständigt, die Sozialpartnereinigung vom 26.3.2020 als Maßstab der notwendigen Schutzmaßnahmen auf Baustellen heranzuziehen, ungeachtet dessen, ob sie behördlich für verbindlich erklärt wurde.
Der Leitfaden wurde heute vom entsprechenden Fachbeirat (zusammengesetzt aus paritätisch vertretenen AG- und AN-Vorständen) verabschiedet und soll am Dienstag der Öffentlichkeit im Detail präsentiert werden.
ÖBV-Präsident Peter Krammer (Strabag) zeigte sich am Telefon sehr zufrieden und sagte: "Das ist eine Fortschreibung unseres Merkblatts zur kooperativen Bauabwicklung mit der speziellen Situation COVID-19 und bringt für einen Großteil aller Baustellen eine gewaltige Vereinfachung der Diskussionen über Mehrkosten. Wir haben dazu im Vorfeld eine Befragung auf über 200 Baustellen durchgeführt, um die Bandbreite der auftretenden Mehrkosten und Themen zu erheben und damit einen Fahrplan erstellt, mit dem man sich schnell und unbürokratisch einigen kann, wenn man den Leitfaden zusätzlich zum Bauvertrag als verbindlich erklärt."
Krammer weiter über die konkreten Vorteile: "Wenn man sich einigt, auf diese Vereinbarung zurück zu greifen, sind damit zwei Dinge verbunden: auf der einen Seite wird die Dokumentationserfordernis auf ein Minimum reduziert. Man muss in den Bautagesbericht nur hineinschreiben, dass die Coronamaßnahmen ergriffen oder fortgesetzt wurden. Für die Berechnung ist beim Merkblatt eine Excel-Liste hinterlegt. Und das Zweite ist, dass auch ein nachträgliches Hineinreklamieren von Kosten ausgeschlossen ist."