Bautechnik : Akustik und Architektur – lassen sich die beiden noch versöhnen?
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Porsche in Salzburg setzt bereits darauf und die Pädagogische Hochschule in Baden auch. Manche setzen auf unauffällig, andere auf unterschiedliche Formen, und in den eigenen Konzernfarben sind sie auch möglich – die Rede ist von Deckensegeln. Mit denen wird nicht etwa Wind eingefangen, sondern die Raumakustik verbessert.
Saint-Gobain Ecophon hat sich auf das Thema spezialisiert und sieht einen wahren Trend. Das schwedische Industrieunternehmen für Baustoffe und Hochleistungsmaterialien hat die Deckensegel an Porsche und die Baffeln – vertikal frei hängende Deckenelemente – an die Schule in Baden geliefert. Ob rund oder länglich sei bei den Segeln völlig egal, sagt David Lasselsberger, österreichischer Verkaufsleiter bei Ecophon. „Die Wahl kommt auf die Art der Architektur an, aber akustisch gesehen erreicht man mit allen Formen das richtige Niveau. Da liegt die Frage eher in der Stückzahl.“
Baffeln und Deckensegel versus Heizung und Lampen?
Und natürlich in der Bautechnik. Denn die wenigsten Räume bieten die Möglichkeit, die ganze Decke mit Produkten für eine bessere Akustik vollzuhängen. „Da ist man dann zum Umdenken gezwungen“, so Lasselsberger. „Wegen Heizung- und Kühltechnik. Da stellt sich dann die Frage, wie bringe ich mit der Akustik noch ein gutes Ergebnis hin, ohne dass die restliche Technik leidet – und da kommen freihängende Elemente, beziehungsweise Baffeln ins Spiel.“
Der Gedanke hinter all dem ist keiner, der nur für einen Konzertsaal Relevanz hat. Eine gute Akustik zu schaffen, bedeutet oftmals als ersten Schritt einfach nur, von einer wirklich schlechten Akustik wegzukommen – etwa in großen Klassenzimmern oder Großraumbüros. „Die uns umgebenden Geräusche werden durch Reflexionen an harten Wänden und glatten Decken immer lauter. Das ist eine Tatsache. Und ist alles laut, werden wir selbst auch immer lauter“, erklärt Lasselsberger. Das nennt man den Beisl-Effekt und darunter leidet nicht nur das menschliche Ohr, sondern auch die Verständlichkeit. Ist ein Raum – etwa ein Klassenzimmer – länger als neun Meter und an einem Raumende wird laut gesprochen – etwa vom Lehrer –, hören einige Personen den Ton bereits zweimal.
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„Ist alles laut, werden wir lauter“
Trotzdem florieren die Großraumbüros und auch ein Hang zur Kargheit in Möblierung und anderen Ausstattungen macht sich vielerorts bemerkbar – was im Grunde eine Reduzierung schallabsorbierender Materialien bedeutet. Weniger Teppiche, weniger Vorhänge, weniger offene Bücherregale und Schränke – all das führt zu steigenden Lärmpegeln und in weiterer Folge einer steigenden Herzfrequenz beim Menschen. Das deutsche Umweltbundesamt bezieht sich hier etwa 2015 auf eine Studie durch die Universität Bremen, wonach der Lärmpegel in einem normalen Klassenzimmer bereits zehn Herzschläge mehr pro Minute verursachen kann. In diese Kerbe schlägt auch Knauf, ein deutscher Hersteller und Vertreiber für Bausysteme, der unter anderem Akustikplatten anbietet. „Eine funktionierende Raumakustik beeinflusst uns Menschen sowohl physisch, als auch psychisch“, meint dazu Ferdinand Obernhuber, Leitung Anwendungstechnik im Vertrieb bei Knauf. Nur würden wir das viel zu wenig bewusst wahrnehmen. „Sehr oft steht die moderne und schlichte Architektur mit vielen glatten Oberflächen im Mittelpunkt. Nachträgliche Maßnahmen, wie etwa das Herstellen einer Akustikdecke, sind dann etwas aufwändiger und teurer.“
Architekten miteinbeziehen
Von vornherein die Akustik im Bau zu bedenken, ist also empfehlenswert. Nur – wollen das die Architekten auch? „Architekten haben natürlich unterschiedliche Designansprüche“, gibt Obernhuber zu bedenken. „Zunehmend sind neben gelochten Gipsakustikdecken auch ungelochte, glatte Akustiklösungen gefragt“, so Obernhuber. Außerdem würden Großraumbüros meist raumakustisch geplant mit eigenen Konzepten durch Bauphysiker. Nach der Fertigstellung werden dann aber trotzdem häufig ungewünschte Akustikeffekte wahrgenommen – hier können dann nachträgliche Absorber zum Einsatz kommen.
Ecophon – ökologischer Lärmpegel?
Ecophon versucht genau an diesem Punkt, nicht gegen Architekten zu arbeiten, sondern an ihren Sinn für Design zu appellieren. Seit genau zehn Jahren gibt es von diesem Anbieter Deckensegel, Neuheiten kommen mit integrierter Beleuchtung etwa nach. Der schallabsorbierende Kern besteht aus Glaswolle. Das Material sei umweltverträglich und brandschutztechnisch eine gute Lösung. Geforscht wird bei Ecophon daher nicht an möglichen Ersatzmaterialien, sondern vielmehr an einer stetigen Verbesserung der Glaswolle für mehr Absorbation. Die Deckensegel könnten gerade in Großraumbüros etwa nicht nur für Akustikzwecke, sondern auch für die Orientierung eingesetzt werden, meint David Lasselsberger. „Die Decke sieht man ja immer. Hier kann man zum Beispiel verschiedenen Bereichen verschiedene Farbtöne geben und damit dem Raum eine Orientierung geben.“
Generell gilt: Jede akustische Lösung eignet sich für jeden Raum. Seine Größe und Form, seine Ausstattung, seine Funktion und wie viele Menschen sich tagtäglich darin aufhalten – all das spielt in der Wahl der Akustiklösung eine Rolle. „Nehmen wir ein Klassenzimmer von 63 Quadratmetern“, gibt Lasselsberger ein Beispiel. „Darin befinden sich 25 Schüler und es gibt Frontalunterricht. Hier sollten rund 60 Prozent der Grundfläche der Decke mit Deckensegeln ausgestattet werden, abgestimmt auf die Beleuchtung. Hinter der letzten Reihe werden noch Wandabsorber angebracht, um Reflexionen abzufangen.“ Auf welche Farbe und Form dann gesetzt wird, käme dann rein auf die Architektur an.
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