Nachhaltigkeit : So marktfähig ist Kreislaufwirtschaft am Bau

Sustainable environment concept. The image depicts human thinking towards preserving nature, reducing carbon footprint and building sustainable urban community for green future. Generative AI

Das Ziel der Circular Economy Taxonomy Study war es, den Stand am Markt hinsichtlich Kreislaufwirtschaft festzustellen und inwieweit die Anforderungen seitens der Taxonomie bereits erfüllt werden konnten.

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SOLID: Warum wurde die Circular Economy Taxonomy Study gemacht? Was sind ihre Ziele?
Sabine Huger:
Die Studie erfüllt zwei Zwecke. Erstens wurden die seitens der EU-Kommission angedachten technischen Bewertungskriterien hinsichtlich des Umweltziels „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“ im Sektor Bauwirtschaft und Immobilien anhand von europäischen Projekten untersucht. Ziel hierbei war es, der Kommission ein Feedback über die vorliegenden technischen Bewertungskriterien zu geben – und zwar in Hinsicht darauf, ob sie anwendbar sind.

Zweitens verfolgte die Studie das Ziel, den Stand am Markt hinsichtlich Kreislaufwirtschaft festzustellen und inwieweit die Anforderungen seitens Taxonomie bereits erfüllt werden könnten.

Das Studienteam untersuchte die Marktfähigkeit der Circular Economy-Kriterien anhand von 38 Projekten mit 35 Neubauten und drei Sanierungen. Mit 95 Prozent waren fast alle Projekte zertifiziert oder im Prozess einer Nachhaltigkeitszertifizierung für Gebäude. Die Projekte lassen sich 29 Unternehmen zuordnen, diese unterteilen sich in 13 Projektentwickler, fünf Bauunternehmen, vier Beratungsfirmen, drei Investoren, zwei Banken und jeweils einen Asset Manager sowie einen Konzern mit eigenem Immobilienportfolio.

Für den projektindividuellen Taxonomie-Check anhand eines umfangreichen Fragenkatalogs mit entsprechenden Nachweisanforderungen hatten die Studienteilnehmenden von Mitte Juli bis Anfang September 2022 Zeit.

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Ihr Ergebnis zeigt, dass es noch an vielem für eine Umsetzung fehlt. Warum ist das so? Wo soll hier wer ansetzen?
Überraschend war, dass die untersuchten Gebäude zum Beispiel bei der Materialquote die Vorgaben nicht erfüllen konnten – und das trotzt der Präsenz des Themas in der Immobilienbranche.
Es hat sich jedoch gezeigt, dass jene Projekte, die ein DGNB-Zertifikat durchführten, besser abschnitten als jene ohne Nachhaltigkeitszertifikat. Werden Gebäude in Zukunft unter den Aspekten der Circular-Economy der EU-Taxonomie geplant, so ist dies definitiv ein Push-Instrument Richtung zirkuläres Bauen.
Dazu ist es laut unserer Empfehlung jedoch seitens der EU-Kommission notwendig, die technischen Bewertungskriterien mit einem Fahrplan zu schrittweisen strenger werdenden Anforderungen zu hinterlegen, der den Stand des Marktes berücksichtigt und gleichzeitig die Entwicklung vorantreibt. So kann sichergestellt werden, dass die derzeit nicht zu erfüllenden Anforderungen nicht zum Versagen des Instruments führen.

  • „Wenn in Zukunft Daten über die verbauten Ressourcen nachgefragt werden (zum Beispiel um die Taxonomiekonformität bestätigen zu können), wird sich ein Instrument wie der Gebäuderessourcenpass in Österreich etablieren.“

    DI Sabine Hager, ÖGNI

Wie ist die Lage in Österreich?
Da die Studie auch österreichische Projekte beinhaltet (sowohl Neubau als auch Renovierung) spiegelt das Ergebnis auch den hiesigen Markt wider.
Beispiele und Ansätze können dem ÖGNI Positionspapier Kreislaufwirtschaft beginnend mit Seite 34 (Link siehe Kasten) entnommen werden.

Wie geht es weiter?

Derzeit ist die ÖGNI in Erwartung der technischen Bewertungskriterien für das Umweltziel Kreislaufwirtschaft für die Taxonomie-Verordnung. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe widmete sich die ÖGNI 2022 gemeinsam mit Experten der Branche zudem dem Thema der Kreislaufwirtschaft.

Wenn in Zukunft Daten über die verbauten Ressourcen nachgefragt werden (zum Beispiel um die Taxonomiekonformität bestätigen zu können), wird sich ein Instrument wie der Gebäuderessourcenpass in Österreich etablieren. Dafür braucht es eine Plattform, die das Sammeln der Daten niederschwellig ermöglicht, und zwar in allen Lebensphasen der Immobilien. Außerdem müssen alle Beteiligten auf diese Plattform zugreifen können und die hier verankerten Daten aktuell halten. Als Beispiel ist Madaster Österreich zu nennen.

Infos und Link zur Circular Economy Taxonomy Study

Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB), dem Green Building Council España (GBCe), der Schweizer Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI), der Climate Positive Europe Alliance (CPEA), AISBL und dem Dänischen Green Building Council untersuchte die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) die Marktfähigkeit der im Rahmen der EU-Taxonomie vorgeschlagenen Circular Economy-Kriterien anhand von realen Bauprojekten.

Die Studie zeigt, dass kein Projekt als taxonomiekonform eingestuft werden konnte. Als besonders schwierig erwies sich die Wiederverwendung von Bauteilen und der Einsatz von Rezyklaten. Außerdem sind die Ergebnisse auch auf einen Mangel an relevanten Daten, interne Wissenslücken und das Fehlen klarer Aktionspläne zur Umsetzung zurückzuführen.