Immobilien : Gereiftes Wohnen - wie die Demografie den Seniorenimmobilien in die Karten spielt

Parkresidenz Corvinus Wiener Neustadt Silver Living

Silver Living startete Ende es Vorjahres mit der Vermarktung der Parkresidenz Corvinus in Wiener Neustadt, die Concierge-Service inkludiert.

- © Sima Prodinger

Durchdachte Immobilien beantworten neu auftretende Fragen

Der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) soll gesagt haben: „Denn vom Standpunkte der Jugend aus gesehen, ist das Leben eine unendlich lange Zukunft; vom Standpunkte des Alters aus, eine sehr kurze Vergangenheit.“ Nicht zuletzt aufgrund dieser unendlich lang wirkenden Zukunft verdrängen Herr und Frau Österreicher meist Gedanken dazu, wie und wo sie ihren Lebensabend verbringen wollen. Geschweige denn, dass sie beizeiten Taten setzen.

Entsprechen führt die Assetklasse der Seniorenimmobilien hierzulande – noch – ein Schattendasein. Wie definiert sich der Begriff überhaupt? Extrem weitläufig, wie Andreas Gruber, Geschäftsführer von AG Consulting weiß: „Wenn Menschen älter werden, entstehen viele neue Fragen, wie ‚Was, wenn ich pflegebedürftig werde?‘. Eine durchdachte Seniorenimmobilie beantwortet zahlreiche dieser Fragen und unterstützt bei den Lösungen.“

Luftkurorte & Co

Eine der innovativsten Seniorenimmobilien in Österreich ist gemäß Gruber die Waldpension der Österreichischen Jungarbeiterbewegung (ÖJAB) in Grimmenstein-Hochegg im niederösterreichischen Bezirk Neunkirchen. Das Haus verfügt nicht nur über eine stationäre Pflegestation mit zwölf Betten, sondern bietet im dortigen Luftkurort, nur eine Stunde von Wien entfernt, auch Betreutes Wohnen in Zimmern sowie Apartments für bis zu hundert Personen. Die ländliche Lage und das große Grundstück offerieren den Bewohnern viele Möglichkeiten. Die permanente Anwesenheit von Fachkräften lässt den Eindruck entstehen, dass es sich um eine Art Seniorenhotel handelt, in der die Gemeinschaft und die tägliche Beschäftigung im Vordergrund stehen. Die Waldpension kann auch für Urlaube für Senioren gebucht werden; ein ziemlich einzigartiges Angebot hierzulande.

Zu den heimischen Marktplayern für Seniorenimmobilien zählen einerseits börsennotierte Unternehmen und andererseits gemeinnützige, nicht gewinnorientierte Träger wie die erwähnte ÖJAB. Geschäftsführerin Monika Schüssler betont: „Als NGO ist unser Hauptziel, etwas für die Gesellschaft beizutragen.“ Aktuell erfolgt bei laufendem Betrieb die Sanierung der ÖJAB-Seniorwohnanlage Aigen in der Stadt Salzburg. Die Baustelleneröffnung fand am 20. Februar 2024 statt. Nach Abschluss der Arbeiten anno 2028 wird das neu entstandene ÖJAB-Pflegewohnhaus Salzburg – Wohlfühlen im Park“ mit 148 Plätzen das größte private Pflegewohnhaus des Bundeslandes Salzburg sein. „Und ich bin mir sicher, auch das modernste und attraktivste“, meint Schüssler, die fortfährt: „Bei all unseren Aktivitäten arbeiten wir eng mit der jeweiligen Stadt- und Landespolitik zusammen, um den gesellschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der Region optimal begegnen zu können.“

Die ÖJAB Waldpension im niederösterreichischen Grimmenstein-Hochegg kann von Senioren auch für Urlaube gebucht werden.

Moderne Technologien und KI-Lösungen

Die Zukunft von Seniorenimmobilien liegt in der Flexibilität, Vielfalt und Durchlässigkeit der Angebote sowie in der Orientierung am Menschen. Sie bieten nicht nur spezielle medizinische, sondern auch etliche soziale Angebote und gemeinsame Aktivitäten. Moderne Technologien und KI-Lösungen entlasten Pflegekräfte. „ÖJAB-Pflegewohnhäuser sind heute nach außen offene, lebendige Sozialräume, welche Infrastruktur für die ganze Region bereitstellen. Dieser Trend wird sich verstärken. Seniorenimmobilien, die so geplant und gebaut sind, dass all das möglich wird und dass sich die gepflegten und pflegenden Menschen darin wohl fühlen, werden die beliebtesten und erfolgreichsten sein“, prognostiziert Schüssler.

Um nach dem Eingangszitat von Arthur Schopenhauer ebenfalls mit einer Wortspende zu schließen: „Entschuldige, das ist mein erster Ruhestand. Ich übe noch“, soll der deutsche Humorist Vicco von Bülow (1923 – 2011) alias Loriot gesagt haben. Ob die Übung gelingt, hängt auch von der passenden Seniorenimmobilie ab. Das Bewusstsein dafür steigt in Österreich und das Angebot nimmt entsprechend Fahrt auf.

Monika Schüssler, Geschäftsführerin der ÖJAB: „Als NGO ist unser Hauptziel, etwas für die Gesellschaft beizutragen.“

Verhaltene Marktentwicklung bei Seniorenimmobilien

Laut Andreas Gruber, Geschäftsführer von AG Consulting, verlassen sich die Österreicher stark darauf, dass der Staat das Wohnen im Alter „schon richten wird.“

SOLID: Bitte definieren Sie den Begriff „Seniorenimmobilie“.
ANDREAS GRUBER:
Wenn Menschen älter werden, entstehen viele neue Fragen, wie „Was, wenn ich pflegebedürftig werde?“. Eine durchdachte Seniorenimmobilie beantwortet zahlreiche dieser Fragen und unterstützt bei den Lösungen. So könnte die Antwort einer gut entwickelten Seniorenimmobilie lauten: „In diesem Fall sind die Wohnungen nicht nur barrierefrei, sondern auf Wunsch auch behindertengerecht ausführbar. Es gibt die Möglichkeit, eine Betreuungsperson unterzubringen. Es wurden bereits elektrische Vorsehungen für Pflegebetten oder technische Assistenzsysteme vorgesehen. Ein Notruf kann nachgerüstet werden.“ Selbstverständlich kann man Seniorenimmobilien in viele Richtungen denken. So können wir unter dem Begriff von „Betreutem Wohnen“, „Pflegeeinrichtungen“, „Senioren-WGs“, „Green-Care Einheiten“, „Seniorenresidenzen“ etc. reden.

Wie gestaltet sich hierzulande der Bedarf?

GRUBER: Laut einer Erhebung von Silver Living braucht es bis 2030 hierzulande allein rund 100.000 zusätzliche altersgerechte Einheiten. Der Grund liegt im demographischen Wandel, da - von heute etwa 1,8 Millionen über 65-Jährige - bis 2060 rund 2,8 Millionen über 65-jährige Menschen in Österreich leben werden. Mit diesem Wandel verändert sich der Bedarf an altersgerechten Wohnmöglichkeiten. Auch über 2030 hinaus werden somit neue Wohnformen gefragt sein, die im besten Fall bereits in der kommenden Dekade entwickelt werden, um den starken Anstieg der Nachfrage abzudecken.

Welche Trends zeichnen sich bei Seniorenimmobilien ab?

GRUBER: Österreich ist in der Entwicklung noch sehr verhalten. Das hat unterschiedlichste Gründe. Zum einen, weil Studien erhoben, dass sich viele Österreicher erst spät Gedanken über das Leben im Alter machen und wie sie dann gerne wohnen würden. Ein weiterer Grund ist, dass hierzulande die Mentalität noch sehr stark von „der Staat wird’s schon richten“ geprägt ist. Ich bin jedoch überzeugt, dass man sich um sein eigenes „gutes Leben im Alter“ selbst kümmern sollte und definieren sollte, wie man wo leben möchte. Die Österreicher haben ebenso weniger Mobilität im Bereich Wohnsitz und viele, die während des Arbeitslebens in ländliche Regionen gezogen sind, scheuen noch den Schritt in infrastrukturell besser versorgte Städte und Gemeinden. Es ist aber grob nachteilig für die Betroffenen, wenn die wesentlichen Aspekte „Teilhabe am täglichen Leben, Mobilität im Alter und Infrastruktur der Region“ nicht rechtzeitig mitbedacht werden. Als Beispiel: Wohnt man am Land, kann Mobilität ab einem gewissen Alter eine Herausforderung werden. Wenn man zum nächsten Arzt ein Auto braucht und dieses vielleicht irgendwann nicht mehr nutzen kann oder will, verliert man Selbstständigkeit und Selbstbestimmung. Ebenso wird die Teilhabe am täglichen Leben schwerer möglich, je dezentraler die Menschen wohnen. Was also während des Arbeits- und Familienlebens passend sein kann, verändert sich, wenn man in Pension ist, der Partner vielleicht nicht mehr da ist, die Kinder weggezogen sind und die Infrastruktur am Land langsam ausdünnt.

Was ist bei der Planung zu berücksichtigen und welche Faktoren sind für einen erfolgreichen Betrieb ausschlaggebend?

GRUBER: Zur Planung sollte man sich die Frage stellen, welche Antworten auf die Fragen des Alterns man mit der Immobilie liefern möchte. Das kann ganz unterschiedlich sein und kommt stark auf die Lage an. Ein Beispiel: Eine Seniorenimmobilie in unmittelbarer Nähe einer Handelskette muss sich weniger Gedanken über die Versorgung der Bewohner mit Lebensmitteln aller Art machen. Liegt das nächste Geschäft jedoch einen Kilometer entfernt, sollte man sich überlegen, wie man das lösen möchte, um den zukünftigen Bewohner eine gute Antwort liefern zu können.

Der Betrieb ist eine ganz eigene Thematik: Seniorenimmobilien können „sich selbst überlassen werden“ oder „aktiv von Betreibern serviciert werden“.

Worauf ist bei der Vermarktung einer Seniorenimmobilie zu achten?

GRUBER: Auch hier gilt es, auf die Zielgruppe blickend zu fragen: Welche Probleme löse ich mit der Seniorenimmobilie? Das geht weit über das Stillen von purem Wohnbedarf hinaus.

Andreas Gruber ist Geschäftsführer von AG Consulting in Salzburg.