Recycling : Baustoffrecycling: Hintergründe und Stand des Mannersdorf-Projekts von Lafarge

Baustoffrecycling
© Martina Draper

SOLID: Im Zuge der Sprengung des Schornsteins – dorthin soll ja eine PV-Anlage kommen – ist die Frage aufgetaucht, was mit dem gesprengten Schornstein geschieht. Mannersdorf-Werksleiter Helmut Reiterer sagte darauf: Wenn wir schon unser Recyclingcenter hätten, dann hätten wir es viel leichter. Was ist es um dieses Recyclingcenter? Gesprochen wird darüber seit drei, vier Jahren. Warum gibt es das Center noch nicht und wie ist der Stand dazu?

Christian Lampl
: Das Recycling Center in Mannersdorf ist im Prinzip eine Kopie des Recyclingcenters in Retznei, das wir seit 2014 sehr erfolgreich betreiben. Ein Recyclingcenter ist eine Anlage, die Baurestmassen und auch andere mineralische Abfälle mechanisch aufbereiten kann, so dass man möglichst viel für die Zementherstellung wieder verwerten kann. Die Reste aus der mechanischen Aufbereitung, die nicht recyclingfähig sind, werden in in einer Deponie abgelagert. Dieses Grundprinzip haben wir schon 2019 versucht, unseren Stakeholdern – also allen Betroffenenen – in Mannersdorf zu erklären. Wir haben dort einen Prozess gestartet, haben erklärt, welche Mengen wir dort behandeln und welche Arten von Abfall wir behandeln. Die Anrainer haben das aber nicht nur positiv positiv aufgenommen, es hat durchaus Bedenken gegeben.

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Das gibt es ja immer bei so einem Thema, wenn eine große Firma irgendwo etwas bauen will und das kann man ja zum Teil auch verstehen –was waren die Hauptbedenken und was haben Sie dann getan bzw. was tun Sie jetzt?

Lampl:
Wir haben absolut Verständnis für unsere Anrainer und ihre Anliegen und Bedenken sind uns sehr wichtig. Deswegen sind wir auch in einem geführten Prozess auf diese Bedenken eingegangen. Es hat Bedenken gegeben, dass durch unser Projekt Grundwasser verunreinigt wird. Wir haben dann noch zusätzliche Maßnahmen getroffen, dass dass wir definitiv ausschließen können, dass auch langfristig eine Kontamination des Grundwassers besteht. Wir haben versucht, ein besseres Verkehrskonzept aufzustellen, das heißt mehr Bahnverkehr und weniger LKW Verkehr. Wir haben auch die Mengen für die Baurestmassen und für die Deponie reduziert, um das Projekt einfach kleiner und plausibler zu machen.

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Recycling-Center-Geschäftsführer Christian Lampl bei einer Veranstaltung des Stakeholder-Dialogs
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Über welche Mengen redet man da überhaupt?

Lampl:
Die Anlage soll ungefähr 200.000 Tonnen Baurestmassen aufbereiten und es geht um eine Bausmassendeponie, die ursprünglich 985.000 Kubikmeter Volumen hatte und die aufgrund der Bedenken bezüglich Grundwasser reduziert wurde auf 675.000 Tonnen. Das ist eine Reduktion um ungefähr 30 %, die wir aufgrund der wirklich konstruktiven Kritik der Anrainer durchgeführt haben.

Das Thema der Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren richtiggehend explodiert. Was ist da das Hauptziel? CO2-Reduktion? Kreislaufwirtschaft? Etwas anderes?


Lampl:
Kreislaufwirtschaft und Dekarbonisierung der Zementindustrie sind in der Tat die Kernthemen. Wir haben ja einen klaren Dekarbonisierungsplan und ein Teil dieses Planes ist eben das Recyclingcenter. Wir schätzen, dass man ungefähr 15 Kilogramm CO2 pro Tonne Klinker einsparen kann mit diesem Recyclingcenter. Das klingt jetzt nicht nach extrem viel, aber das ist eben einer von vielen Schritten, die notwendig sind, um unser Ziel zu erreichen, ein Teilschritt. Ein anderer Schritt, der für uns und auch für unsere Kunden immer wichtiger wird, ist die Kreislaufwirtschaft. Im Recyclingcenter können wir Kreislaufwirtschaft wirklich operativ durchführen. Wir können unseren Zementkunden anbieten, dass wir ihre Baurestmassen, die bei Abbrüchen anfallen, wieder verwerten können. Und wir wollen auch die Qualität kontrollieren, indem wir selber aufbereiten. Die Qualität ist wesentlich besser, wenn man es selber macht und das ist für uns und gerade für neue Zemente sehr wichtig.

© Martina Draper

Wenn Sie diese 300.000 Tonnen weniger als geplant haben, wo bekommen Sie die Ersatzrohstoffe her?

Lampl
: Wir brauchen zu den Aufarbeitungskapazitäten, die wir uns selber schaffen, auf jeden Fall zusätzlich noch Mengen, die wir weiterhin von unseren Partnernbetrieben übernehmen. Für das Recyclingcenter ist unser Hauptpartner die Porr Umwelttechnik.

Das heißt, der Schornstein kommt jetzt zur Porr Umwelttechnik?


Lampl
: Ja, der Schornstein muss jetzt extern aufbereitet werden und kommt dann wieder zurück zu uns. Wenn wir diese Dinge bei uns direkt machen können, sparen wir natürlich viele Fahrten mit ihren Transport- und CO2-Kosten.

Wie liegen wir denn beim Thema Baustoffrecycling in Österreich im Europavergleich?


Lampl
: Der Einsatz von Ersatzrohstoffen wird ja nicht nur von unserem Unternehmen forciert, sondern alle unsere Mitbewerber machen natürlich Ähnliches, sodass wir in Europa eine wirklich führende Rolle haben in der Verwertung von Baurestmassen. Konkret werden in Österreich von der Zementindustrie derzeit ungefähr 400.000 Tonnen verwertet. Das entspricht ungefähr 7 % natürlicher Ressourcen, die wir dann nicht anzugreifen brauchen.

Wieviel müssen Sie da im ersten Schritt investieren und was ist der Ertrag? Kann man den überhaupt berechnen?


Lampl
: Das Projekt hat eine gesamte Investitionssumme von ungefähr 8,5 Millionen Euro über die gesamte Laufzeit von 20 Jahren. Dabei wird das Recyclingcenter gleich und die Deponie in weiteren Schritten errichtet. Der Ertrag ist natürlich jetzt schwierig zu berechnen, aber wie gesagt, wir haben Vorteile durch die CO2 Reduktion und wir haben auch Vorteile durch die Aufbereitung, die wir selber betreiben, weil wir uns dann mehr in die Abfallwirtschaft integrieren und dadurch auch in der Wertschöpfungskette Vorteile haben werden.

Konkret werden in Österreich von der Zementindustrie derzeit ungefähr 400.000 Tonnen verwertet. Das entspricht ungefähr 7 % natürlicher Ressourcen, die wir dann nicht anzugreifen brauchen.

Ist es theoretisch auch möglich, dass man Dinge von der Deponie dann noch einmal wegnimmt, weil man besser aufbereiten kann, als man früher konnte? Oder ist das zu kompliziert?

Lampl
: Ich persönlich bin davon überzeugt, dass das irgendwann passieren wird, weil wir uns ja technologisch weiterentwickeln. Derzeit ist es rechtlich fast unmöglich - wenn man Material einmal deponiert hat, dann ist es rechtlich gesehen deponiert. Ich bin aber überzeugt davon, dass da etwas passieren wird in Zukunft.

Wie weit ist das Genehmigungsverfahren jetzt?


Lampl
: Wir haben das Projekt ursprünglich 2021 eingereicht. Dann sind wir in eine weitere Diskussion mit unseren Anrainern gegangen und haben wie vorhin erwähnt den Projektumfang geändert und mussten dann das Einreichprojekt erneuern, damit es auch einen rechtlichen Status hat. Dieses neue Projekt haben wir im April 2022 abgegeben. Wir haben jetzt die Gutachten von den Sachverständigen bekommen und wir erwarten, dass wir jetzt im Februar oder März einen Verhandlungstermin für dieses Genehmigungsverfahren bekommen, wobei die Sachverständigen, die dafür zuständig sind, auch aufgrund unserer Änderungen ihr prinzipielles Okay gegeben haben.