Ländervergleich : Wo soll denn überhaupt noch gebaut werden?
In den europäischen Ballungszentren wird der Wohnraum immer knapper. Und teurer. Es bräuchte eindeutig mehr Wohnungen, meint die deutsche Immobilienwirtschaft und spricht konkret die zurückgehenden Baugenehmigungen an. Wie können bei zunehmend unbefriedigter Nachfrage weniger Neubauten genehmigt werden? 2017 gingen sie erstmals seit fünf Jahren zurück. Es gebe zu viele bürokratische Hürden, meint der Wirtschaftsverband ZIA.
Ralph Henger, Experte für Wohnungspolitik beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, stellt die bedrückende Gegenfrage: Wo soll gebaut werden? Wenn das Bauland fehlt – und dieses wird in Städten zunehmend knapper –, wofür sollen dann Baugenehmigungen ausgestellt werden? Zudem würden schlicht nicht alle genehmigten Projekte sofort umgesetzt. In Deutschland haben derzeit 600.000 Wohnungen einen Status, der etwas an Schrödingers Katze erinnert: genehmigt, aber nicht gebaut. Es gibt sie und auch wieder nicht.
Die Baugenehmigungen für deutsche Einfamilienhäuser gingen im Vergleich zu Wohnhäusern sogar ums Doppelte zurück – über 15 Prozent im ersten Quartal 2017. Bauland ist knapp und damit teuer. Private können sich den Grund kaum mehr leisten, die Anträge gehen zurück.
In Österreich sieht es da zumindest auf den ersten Blick anderes aus. Einfamilienhäuser sind hier ganz groß. Bildlich gesprochen. Doch auch in tatsächlichen Zahlen wachsen die Eigenheime. In den letzten 15 Jahren stieg die durchschnittliche Fläche auf 140 m2. Pro Jahr werden hierzulande 17.000 Ein- und Zweifamilienhäuser bewilligt. Seit 30 Jahren ist hier kein Abbruch, eher ein Zuwachs zu bemerken.
Hat Österreich etwa grenzenlos Bauland zur Verfügung? Mitnichten. Täglich wird die beachtliche Menge von 15 Hektar Fläche versiegelt, davon ein Drittel für Bauland. Hinzu kommt noch, dass durch die Zersiedelung, die durch den Bau von Einfamilienhäusern statt Wohnhäusern vorangetrieben wird, vermehrt Straßen gebaut werden müssen. Ein Masterplan gegen Bodenversiegelung steht daher auch im aktuellen Regierungsprogramm. Denn dass beim schon so lange anhaltenden Tempo der Traum von Einfamilienhaus bald einmal auf seine Grenzen stoßen wird – tatsächliche Grenzen im verfügbaren Baugrund –, wird mit jedem 15-Hektar-Tag klarer.