Rund um die Hofer-Insolvenz : Wir schaffen das!
Kurz zur Vorgeschichte. Rund um das nördliche Niederösterreich und weit über dessen Grenzen hinaus schlug es ein wie die sprichwörtliche Bombe, als die Hofer-Gruppe Anfang dieses Jahres Insolvenz anmelden musste. Das nicht ganz leicht überschaubareFirmenimperium – das gibt Alfred Hofer im Gespräch auch zu – beschäftigte bis vor kurzem nicht weniger als rund 250 Mitarbeiter. Im Zuge der unschönen Insolvenz wurden aus 7,5 letztlich rund 40 Millionen Euro Passiva. Und das SOLID-Zitat „Die Tiefe dieses Falls war nicht absehbar“ kam zu ungewöhnlichen Ehren.
SOLID: Herr Hofer, wie konnte ein so solides Familienunternehmen wie das Ihre in so kurzer Zeit so dramatisch negatives Aufsehen erregen?
Alfred Hofer: Das frage ich mich in manchen Momenten auch heute noch ebenso wie Sie. Tatsache ist, dass im Jänner dieses Jahres WIR das Gespräch mit den Banken gesucht haben und dann doch plötzlich der Kredithahn zugedreht wurde. DA waren wir gezwungen, Ausgleich anzumelden.
SOLID: Unklarheit herrscht über das Ausmaß des Schadens wie auch über die Firmenstruktur. Anfangs wurden rund 20 Millionen Euro an Verbindlichkeiten genannt, dann war gleich vom Doppelten, also etwa von 40 Millionen, die Rede bzw. Schreibe. Wie kam es dazu?
Alfred Hofer: Ja, das hat auch kräftig am Glauben unserer Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten an der Hofer-Gruppe gerüttelt. Immerhin ist inzwischen klar geworden,dass die 40 Millionen völlig überzogen waren, weil Schulden in den Einzelbetrieben und die Haftungen dafür in der Holding doppelt oder teilweise sogar dreifach gerechnet wuden. Insgesamt ging es tatsächlich um 20 Millionen Gesamtschulden für alle in- und ausländischen Konzernteile, das kann und muss ich bestätigen. Allerdings waren und sind die Auslandsfirmen nicht insolvent – und die Schulden im Weinviertel betrugen tatsächlich 7,5 Millionen und denen standen zahlreiche Liegenschaften, der Fuhrpark und ein großer Lagerbestand gegenüber.
SOLID: Davon haben wir uns überzeugt. (Anm.: Das Gespräch fand in der Unternehmenszentrale in Hobersdorf/Wilfersdorf im intakten Umfeld statt.) Aber wieso ist die Lage Ihrer Firmengruppe denn so unübersichtlich, dass Schlagzeilen wie „Größte Insolvenz 2012 in Niederösterreich, fast 40 Mio. Euro Schulden und damit doppelt so viel wie ursprünglich angenommen“ überhaupt möglich waren?
Alfred Hofer: Ich gebe zu, dass wir einige Fehler gemacht haben. Ich habe aber ebenso wie mein Bruder Erwin (52) nie die sprichwörtliche Sorgfalt des ordentlichen Kaufmannes vermissen lassen. Nach der großartigen Aufbauarbeit unseres Vaters war es schlicht und einfach notwendig, notwendig, mit den Großunternehmen nach Osteuropa mitzugehen. Solche Chancen bekommt man nicht oft.
Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass wir noch 2008 das beste Jahr der Firmengeschichte hatten. Noch im Februar 2012 hatten wir ein Rating von 251 und wir waren zu 90 % Skontozahler.
SOLID: Und was waren nun Ihrer Meinung nach die Ursachen für die Insolvenz?
Alfred Hofer: Eines unser slowakischen Unternehmen hat in einem Jahr 50 % Umsatz verloren – wie wollen Sie das aufholen? Auch andernorts sind die Erträge und Margen eingebrochen, keine Frage. Und wir sind dank der Mithilfe des Unternehmensberaters Herbert Fuchs auf so manchen Fehler gekommen, den wir in Zukunft nicht mehr machen werden.
Wir sehen uns bis zu einem gewissen Grad auch als Bauernopfer des Generalunternehmertums: Als „kleine“ Gewerbebetriebe hat man da im Umfeld der Bauindustrie kaum eine reale Chance zum Überleben. Aber das wird sich mittelfristig umkehren, wenn nämlich die „Großen“ keine Subunternehmer mehr finden werden, die entsprechende Qualität zuliefern können.
SOLID: Wie geht’s denn jetzt konkret weiter?
Alfred Hofer: Wir haben nicht umsonst darauf bestanden, die Insolvenz in Eigenverwaltung umzusetzen. Wir stehen dazu, dass wir 30 % bezahlen wollen, und nach jetzigem Stand werden wir das auch schaffen. 98 % der Gläubiger haben unsere Sanierungspläne angenommen, damit wurde die Voraussetzung für eine erfolgreiche Sanierung geschaffen. Wir haben fünf Millionen Euro Umsatz während des Ausgleichsverfahrens erwirtschaftet und haben jetzt eine Million an Forderungen offen. Gemeinsam mit Herrn Fuchs haben wir ein innovatives Prämiensystem erarbeitet, von dem wir uns Effizienz und Transparenz erwarten. Anfang nächsten Jahres werden wir redimensioniert weitermachen können, mit einem Betriebsmittelkredit, den sich das Unternehmen leisten kann.
SOLID: Was haben Sie aus dem vergangenen halben Jahr gelernt?
Alfred Hofer: Es hat jedenfalls sehr viel Kraft gekostet und Sie werden bemerkt haben, dass ich in diesem Interview auch darauf bedacht war, keine unnötigen neuen Fronten zu provozieren. Ich habe aber auch viel Positives erfahren, z. B. von jenem 57-jährigen Mitarbeiter, den ich kündigen MUSSTE und der gemeint hat, wenn ich ihn brauche, kommt er sofort – und zwar ohne Bezahlung. (So etwas darf man ja eigentlich gar nicht sagen bzw. schreiben.) Oder vom Unternehmerkollegen aus Laa an der Thaya, der bestätigt hat, „bis zum letzten Euro geh’ ich mit Dir mit“. Und am Allerwichtigsten war der Rückhalt aus der Familie, wo nicht ein schlechtes Wort gefallen ist und wo die nächste Generation schon voller Energie am Neustart mitarbeitet.
SOLID: Danke für das Gespräch!
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DATEN UND FAKTEN: Zur Hofer-Gruppe gehören neben den sieben Weinviertler Bauunternehmen auch Firmen in der Slowakei und in Tschechien sowie in Slowenien und in Ungarn, die von der Insolvenz nicht betroffen sind. (Früher war man auch in Polen tätig.) Die Ing. Hofer Dachdecker, Spengler Zimmerer GesmbH (Wilfersdorf) und die Are-Baugesellschaft (Wien), die Ing. Graf Zimmerei und Holzbau GmbH (Ebersdorf an der Zaya) sowie die Muttergesellschaften Ing. Hofer Holding GmbH (Wilfersdorf) und Hofer Privatstiftung (Hobersdorf) sollen fortgeführt werden. Brandl Dachdecker Spengler GmbH (Bad Pirawarth) und Piffl Dachdecker Spengler Schneeräumservice GmbH (Kierling) müssen konkursbedingt geschlossen werden.