SOLID 12+1/2019 : Wietersdorfer: Senza Confini
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Wer Wietersdorfer hört, dem fällt der Verkauf der Baustoffsparte im Vorjahr an Wopfinger ein oder der HCB-Umweltskandal vor ziemlich genau vier Jahren. Nun tritt das Unternehmen mit der Gründung einer neuen Marke auf und eröffnet damit einen interessanten Blick auf Zementproduktion und -markt in Südösterreich und den angrenzenden Ländern. Was im Sport mit der gemeinsamen Olympiabewerbung Senza Confini durch Österreich, Italien und Slowenien nicht geklappt hat, hat im Business nun bessere Chancen.
Lokal und mehr als Zement
Die gesamte Wietersdorfer Gruppe hat ihren Ursprung vor 125 Jahren in der Zementproduktion in Wietersdorf, nördlich von Klagenfurt. Das aus der Schweiz eingewanderte Brüderpaar Knoch legte dort direkt bei den Rohstoffvorkommen mit einem Werk den Grundstein für die Wietersdorfer Gruppe. Daraus entwickelten sich im Laufe der nächsten zwölf Jahrzehnte fünf Geschäftsfelder. Das älteste dieser Geschäftsfelder – Zement und Beton – ist heute im Alpe-Adria-Raum Marktführer im Bereich Zement und Bindemittel.
Die anderen sind Kalk, glasfaserverstärkte Rohre (unter dem Namen Hobas das internationale Business der Gruppe mit Werken auch in den USA und nach dem Zusammenschluss mit Amiantit Europe nun als Amiblu in ganz Europa tätig), Rohrsysteme aus Kunststoff (Poloplast) und als neuestes Feld Industriemineralien mit einer Beteiligung am slowenischen Unternehmen Calcit.
Die gesamte Gruppe macht dabei über 600 Millionen Umsatz, ca. 160 Millionen davon stammen dabei bei 640 Mitarbeitern aus dem Zement- und Betonbereich.
Dieser nahm seine Entwicklung ausgehend von Wietersdorf zunächst in Österreich mit dem Werk in Peggau und dann in den 1990er Jahren den Schritten nach Slowenien und Italien.
Das Geschäftsfeld Zement und Beton ist nun mit sechs regional verwurzelten Unternehmen in Österreich, Slowenien und Italien vertreten. Dazu zählen neben den österreichischen Unternehmen w&p Zement und w&p Beton die beiden slowenischen Unternehmen Salonit Anhovo und Rokava Beton sowie die italienischen Unternehmen w&p Cementi und Friulana Calcestruzzi. Diese Unternehmen wurden nun unter der neuen Marke Alpacem (Alpa für Alpe-Adria-Raum und Cem für Zement) zusammen gefasst.
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Sechs regionale Unternehmen in drei Ländern unter einem Dach
„Unter dem Dach Alpacem bilden wir mit den lokalen Marken eine zukunftsorientierte und wettbewerbsfähige Einheit“, sagt Wietersdorfer Alpacem-Geschäftsführer Bernhard Auer. Zwei vollintegrierte Zement- und zwei Mahlwerke sowie zwei Terminals sollen nun stärker miteinander arbeiten und damit den Ausbau der führenden Marktposition vorantreiben.
Bei einem so stark in Kärnten verwurzelten Unternehmen stellt sich natürlich die Frage nach den Konsequenzen aus der eher schleppenden Entwicklung der Wirtschaft dort und der Tatsache, dass alle Bevölkerungsprognosen Kärnten als einzigem österreichischen Bundesland einen Bevölkerungsschwund vorhersagen. Auch die Kärntner Bauwirtschaft glänzt nicht eben mit Großunternehmen. Wie viel Business, so fragen wir Auer, ist in Kärnten überhaupt zu machen? „Wenn wir unseren Bereich Zement und Beton ansehen, machen wir in Kärnten 40 Prozent unseres Österreich-Umsatzes von 60 Millionen“, sagt Auer. Der Rest geht in andere Bundesländer mit Schwerpunkt Steiermark mit dem wichtigen und demografisch wachsenden Markt Graz. „Aber wir sehen auch in Kärnten einen gewissen Aufschwung“, ergänzt er und bezieht sich dabei auch auf die 1,6-Milliarden-Investition von Infineon. „Außerdem haben wir in Kärnten seit 2010 zwei Mal im Jahr mit der LH-Stellvertreterin Gaby Schaunig den sogenannten Baugipfel, bei dem die Wirtschaft mit der Politik in regem Austausch und Abstimmung ist. Das wirkt sich sehr positiv aus.“
Kulturenübergreifende Kompetenzentwicklung
„Grundsätzlich“, sagt Auer, „bewegen wir uns in drei verschiedenen Kulturen. Man verkauft zwar am Ende die selben Produkte, aber die Zugänge, Entscheidungswege und auch die Zahlungsmodalitäten sind komplett unterschiedlich.“ Öffentliche Projekte etwa würden sehr unterschiedlich angegangen und durchgeführt. Daraus könne man aber viel lernen, sagt Auer.
Die Unterschiede wirken sich auch auf der Produktseite aus. „Auch das kann man nützen, wenn man enger zusammenrückt“, meint Auer. „In Italien etwa gibt es vier bis fünf Massen-Zementprodukte, aber wir können unsere Spezialprodukte aus Österreich, mit denen wir hier schon Erfahrung haben und die hier bis zu 30 Prozent des Gesamtabsatzes ausmachen, auch dort über unsere neue Struktur sehr leicht anbieten und liefern. Und es geht natürlich auch in die andere Richtung sowie in Richtung Slowenien. In Italien gibt es ja mehr Kalksteinzemente, in Österreich ist das durch Schlackenanteile anders und beides hat in bestimmten Situationen seine Vorteile.“ „Auch die Werke können da in ihrer Technik viel voneinander lernen und Erfahrungen austauschen“, ergänzt der technische Geschäftsführer Lutz Weber und spricht damit erhoffte Synergieeffekte im Bereich Forschung & Entwicklung sowie in der Produktions- und Anwendungstechnik an. „Wir haben insbesondere an den Standorten in Wietersdorf und Anhovo in den letzten Jahren innovative Technologien für die Zementproduktion entwickelt und umgesetzt und werden nun durch ein Zusammenrücken der gesamten Organisation diese Innovationen all unseren Standorten zugänglich machen. Wir wollen in Zukunft über Ländergrenzen hinweg unsere Kompetenzen entwickeln und damit unsere Marktführerschaft stärken.“
Dazu gehört auch – nicht nur, aber auch in Folge des HCB-Skandals von 2014 – der umweltverträgliche Ausbau der Technologien. „Wir haben natürlich beim Brennprozess CO2- und andere Emissionen“, sagt Weber. „Beide unsere Werke gehören aber heute zu den modernsten Werken, die es in Europa gibt. Wir haben allein in Wietersdorf in den letzten Jahren 14 Millionen Euro in den Umweltbereich investiert – etwa mit einer Nachverbrennungs- und einer Quecksilberreduktionsanlage, mit der wir einen neuen Standard gesetzt haben.“ Beim CO2 konzentriert man sich zum Beispiel auch auf andere als fossile Brennstoffe und testet mit biogenen Brennmaterialien, hat aber auch einen neuen Schlauchfilter eingebaut und sieht sich auf zukünftig noch schärfere CO2-Vorschriften gut vorbereitet.
Der Austausch zwischen den Ländern und den Werken passiert dabei organisatorisch über die Gruppe der neu geschaffenen Cross Country Manager, die länderübergreifende Verantwortung haben und in ihren jeweiligen Bereichen für den Austausch der Ideen und Erfahrungen zuständig sind. „Irgendwann passiert dieser Austausch auch in der früheren Struktur sowieso – aber unser Ziel und die Notwendigkeit ist es, das extrem zu beschleunigen“, sagt Weber.
Die wirtschaftlichen Aussichten sieht man bei Alpacem auf jeden Fall auch vor dem Hintergrund der Schwächen der großen globalen Produzenten positiv. Auer: „Wir sind ja regional konzentriert und sind damit flexibler, aber natürlich auch abhängiger von der lokalen Wirtschaft. Diese Aussichten sind momentan sehr positiv. Aber wir wissen, das wir expandieren und strategische Investitionen machen müssen. Wir können nicht stehenbleiben.“
Alpacem – Zahlen, Daten, Fakten
Die Dachmarke Alpacem umfasst das Geschäftsfeld Zement & Beton und ist damit eines von insgesamt fünf Geschäftsfeldern der Wietersdorfer Gruppe. Alle Aktivitäten rund um Entwicklung, Produktion, Weiterverarbeitung und Vertrieb von Zement und Beton finden hier ihren Platz. Die insgesamt sechs regionalen Unternehmen in Österreich, Slowenien und Oberitalien beschäftigen an ihren 19 Standorten über 640 Mitarbeiter. Bei einem konsolidierten Umsatz von 155 Mio. Euro (2017) liegen die jährlichen Kapazitäten bei mehr als zwei Millionen Tonnen Zement & Bindemittel bzw. über 250.000 Kubikmeter Transportbeton. Der Sitz von Alpacem befindet sich in Klagenfurt.
Bereits jetzt sind die sechs regionalen Unternehmen von Alpacem an wichtigen Bauprojekten im Alpe-Adria-Raum beteiligt: So liefert w&p Zement aus Kärnten Beton und Bindemittel für den Ausbau der Koralmbahn sowie für den S36-Bau bei Unzmarkt. In Slowenien wurde mit Beton von Salonit Anhovo das Magna Steyr-Werk in Maribor/ Hoče errichtet sowie die Verteilerzentren der Lebensmittelketten Lidl und Spar. Die Krankenhäuser in Pordenone, Triest und Udine sowie der Autobahnausbau zwischen Venedig und Triest wurde von w&p Cementi aus Italien mit Baustoffen versorgt.