SOLID Plus : Wie weit geht der Trend zum Holzbau?
SOLID: Warum ist aus Ihrer Sicht Holzbau in den letzten Jahren so in Mode gekommen?
Gerhard Kopeinig: Weil vor allem Revitalisierung und Sanierung ein großes Thema geworden ist. Das erstreckt sich von der Raumakustik bis hin zur thermischen Sanierung. Ein großes Thema ist dabei auch die Nutzungsänderung im Bildungsbau. Da hat der Leichtbau durch den hohen Vorfertigungsgrad, die Präzision und die relativ leichte Qualitätssicherung einen ganz klaren Vorteil. Und dann kann man in kürzester Zeit und weitestgehend witterungsunabhängig vor Ort auf der Baustelle die Sanierung durchführen - also eben etwa in den Schulferien, wodurch es praktisch keine Betriebseinschränkung gibt.
Warum verwendet man dann den Leichtbau nicht noch viel mehr, wenn es doch immer mehr um Schnelligkeit auf der Baustelle geht?
Kopeinig: Auch der Stahlbau geht schnell und hat seine Berechtigung, wenn es um weit gespannte Konstruktionen und leichte Raumwirkung geht. Der konstruktive Holzbau hat eben den großen Vorteil, dass ich Installationen, Fenster, Dämmmaterialien etc. wirklich schon im Werk einsetzen kann. Im Innenraum sehe ich beim Holzbau natürlich auch das Thema optische Wärme. Das ist für uns Menschen und Architekten einfachein wichtiges Thema.
Ist ein Holzhochhaus, wie es eben gerade in der Wiener Seestadt Aspern entsteht, ein Modegag oder geht die Entwicklung in Zukunft tatsächlich dorthin?
Kopeinig: Es gibt ja international schon mehrere Beispiele dazu. Das Ganze war lange eine statische Frage, diese wird aber immer besser gelöst. Im Endeffekt geht es aber meiner Meinung nach immer und bei jedem Projekt um die gerade passende Kombination von Materialien. Man soll ein einzelnes Material auch nicht vergenusswurzeln, man soll die Gesamtentwicklung nicht in eine Richtung drängen, um ein bestimmtes Material partout verwenden zu können. Es muss einem selbstverständlich vorkommen, dann ist es gut. Also die Sache lebt von Kombinationen - und da hat man in Aspern eine ganz gute Lösung gefunden.
Aber war das nicht ein relativ aufwändiger Prozess?
Kopeinig: Es braucht immer eine Zeit bis zu einer gewissen Standardisierung. Aber man ist schon ein gutes Stück weit gekommen. Es gibt ja auch den Life Cycle Tower in Vorarlberg und Beispiele in London oder von der TU München. Ich bin ganz gut vernetzt unter den Kollegen und kann Ihnen sagen: da gibt es etliche Überlegungen, die man schon ganz gut verwenden kann. Das ist keine Spinnerei mehr.
Und ist es auch finanziell darstellbar?
Kopeinig: Ich glaube schon. Vor allem, wenn wir in der Standardisierung der Basismaterialien diesen guten Schritt weiter machen.
In Östereich wird viel Holzbauforschung betrieben. Wie ist das internationale Standing dieser Forschung im Vergleich zu großen Nationen?
Kopeinig: Das wird schon wahrgenommen. Holzforschung Austria, die TUs in Graz und Wien, einige Fachhochschulen - ich glaube, wir als Österreicher sind da sehr weit vorn und sind auch international gefragt. Wir schaffen es nur nicht immer ganz, uns auch international transparent und als Nation durchzusetzen, da ja jedes Stück ein Unikat ist. Wir werden aber zum Beispiel auch in China und Japan wahrgenommen. Es gibt keine großartigen Exporte, aber einen regen Austausch.
Kopeinig: Ein Thema, das langsam ernsthaft beginnt zu wachsen, ist die Kombination von Holz und Beton. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Kopeinig: Beide Materialien haben ihre Qualitäten und es gibt schon gute Kombinationsprojekte mit Holzbausanierung und als Energiespeicher aktivierten Betonteilen an der Fassade. Ich sehe vor allem die Speicherfähigkeit als sehr spannendes Thema. Ich sehe aber auch Stahl und Holz als sehr gute Kombination. Das allerdings vielleicht jetzt nicht unbedingt im Wohnbau, dort ist Beton und Holz sicher eine gute Sache. Holz erobert ja jetzt wirklich den urbanen Bereich und ich finde das für ein Holzland wie Österreich eine sehr gute Entwicklung. Es wächst ja bei uns vor der Haustür.
Das Gespräch führte Thomas Pöll