Paris : Wenn alte Architektur schuld am Brand ist
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Die Kathedrale Notre-Dame de Paris, eines der bedeutendsten Wahrzeichen der französischen Hauptstadt, stand am Montagabend plötzlich lichterloh in Flammen. Das Dach der Kathedrale hatte Feuer gefangen. Innerhalb kürzester Zeit breiteten sich die Flammen weiter aus. Die Feuerwehr konnte dabei zwar das Einstürzen des Dachreiter-Turms und des Dachstuhls nicht verhindern, dafür aber die beiden Ecktürme retten, für die das Wahrzeichen unverkennbar ist.
Löscharbeiten bis 4.00 Uhr morgens
Kurz nach dem Alarm gegen 18.50 Uhr rückte die Pariser Feuerwehr mit einem Großaufgebot aus. Rund 400 Feuerwehrleute waren insgesamt im Einsatz und versuchten den Schaden möglichst gering zu halten. „Alles brennt“, sagte der Sprecher der Kathedrale Notre-Dame, Andre Finot. „Von dem Dachstuhl, der zu einem Teil aus dem 19. Jahrhundert und zum anderen Teil aus dem 13. Jahrhundert stammt, wird nichts übrigbleiben.“ Erst in den frühen Morgenstunden konnte der Brand endgültig gelöscht werden.
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Wo lag die Ursache?
Auslöser für den Brand könnten Renovierungsarbeiten gewesen sein. Das Feuer hat sich am Dach entwickelt, was bei Kirchen keine Seltenheit ist. 32 Prozent der Brände in Kirchen entwickeln sich zuerst am Dach und breiten sich dann weiter aus. „Das liegt daran, dass das Dach meist aus Holz ist und das restliche Gebäude aus massiven Materialien wie Stein besteht“ so die Wiener Landesfeuerwehr.
So auch bei Notre-Dame. In der Kathedrale sollen nicht weniger als 1.300 Eichen verbaut gewesen sein. „Notre-Dame hat einen gewaltigen hölzernen Dachstuhl und auch der Vierungsturm auf dem Dach war eine reine Holzkonstruktion. Die Hälfte des Dachstuhls stammte noch aus dem 13. Jahrhundert, die andere Hälfte aus dem 19. Jahrhundert. Das heißt, das Holz war sehr alt und sehr trocken“, so die deutsche Architektin und Kunsthistorikerin Barbara Schock-Werner gegenüber Medien. Ihrer Expertise nach waren diese Umstände schuld am großen Brand.
Laut dem Brandschutzsachverständigen Sylwester Kabat gibt es drei Brandursachen in Kirchen: Brandstiftung, elektrische Anlagen und Unachtsamkeit. „Bei Renovierungsarbeiten wird häufig auch mit Wärme gearbeitet, zum Beispiel beim Schweißen. Das trockene Holz der Kirche erhitzt sich sehr schnell und so kann sich im Handumdrehen ein großflächiger Brand entwickeln“, so der Experte.
Nicht nur das Feuer selbst gefährdet das Innere von Kirchen, auch der Rauch bringt schwere Folgen mit sich. Er kann nur schwer aus dem Gebäude ziehen und bringt meist massive Schäden der Innenausstattung mit sich. In den wenigsten Kirchen wurden ausreichende Brandschutzmaßnahmen vorgenommen, weshalb die Rettung des Gebäudes durch die Feuerwehr schier unmöglich ist. Da das innere der Kirchen meist aus Holz besteht, welches schnell verbrennt, bildet sich innerhalb kürzester Zeit ein einziger riesiger Brandabschnitt, der von schweren Steinmauern umgeben ist.
"Fehlt an Löschanlagen"
„Nur sehr wenige Kirchen sind mit ordentlichen Brandschutzmaßnahmen ausgestattet. Meist fehlt es an Löschanlagen und Abschottungen“, so Sylwester Kabat. Die Bedingungen in und rund um historische Gebäude seien ohnehin schwierig: „Die brennenden Teile liegen meist sehr hoch und können von den Feuerwehrleuten nur schwer erreicht werden. Außerdem sind die Zufahrtswege häufig nur schwer zu bewältigen und vor den Gebäuden gibt es nur wenig Platz für die Feuerwehr.“
Kabat hält Feuerschutztüren für eine wichtige Brandschutzmaßnahme in Kirchen, die die einzelnen Bereiche voneinander trennen. Außerdem seien Wassernebellöschanlagen besonders für den Einsatz in Kirchen geeignet. Sie würden nur geringen Schaden verursachen und gleichzeitig den Brand schnell eindämmen. Solche Löschanlagen werden zum Beispiel im Aachener Dom verwendet.
https://youtu.be/a-zeC6vzREQ
Schock-Werner hält Brandschutz in Kirchen mit so riesigen Dachstühlen wie im Fall von Notre-Dame für schwierig. Eine feuerfeste Schutzummantelung jedes einzelnen Holzteils sei nicht nur ein großer Aufwand, sondern auch möglicherweise nicht mit dem Denkmalschutz vereinbar, so die Architektin.„Und normale Maßnahmen wie Feuermelder oder Berieselungsanlagen gehen einfach nicht, weil die Brandmelder gerade in einer katholischen Kirche durch den Weihrauch ständig ausgelöst würden.“ Berieselungsanlagen würden sogar noch mehr Schaden anrichten als der Rauch.
Holz oder Stahl
Diese Schwierigkeiten gelten allerdings natürlich besonders für hölzerne Dachstühle. Der Kölner Dom und Wiener Stephansdom haben Dachstühle aus Eisen, beziehungsweise Stahl. Im Fall des Wiener Wahrzeichens wurde die Änderung nach einem Brand 1945 vorgenommen.
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