Österreich : Weiter Konflikt um Standortgesetz
Das Standortentwicklungsgesetz (StEntG) findet auch in seiner neuen Fassung keine Gnade vor den Augen der Umweltschützer. Das Gesetz sei aus vielen Gründen irreparabel, und die Regierung sollte die Vorlage lieber zurückziehen als sie von Gerichten aufheben zu lassen, sagte die Geschäftsführerin von Global 2000, Leonore Gewessler. Auch der WWF fordert die ersatzlose Rücknahme der Regierungsvorlage.
Der Wirtschaftsausschuss im Parlament hatte am 27. November keine Entscheidung über das Standortentwicklungsgesetz getroffen, auf Wunsch der SPÖ wurde eine öffentliche Ausschussbegutachtung der Regierungsvorlage beschlossen und die Beratungen auf den 7. Dezember vertagt. Die Begutachtungsfrist ist nun zu Ende, an den bisherigen Positionen hat sich aber nichts geändert.
Der Umweltdachverband hält auch die neue Fassung des StEntG, dessen Begutachtung heute (Donnerstag) endet, für verfassungswidrig. Verfahren strategischer Großprojekte sollen durch das Standortgesetz "mit einer Quasi-Genehmigungsgarantie versehen werden", kritisiert der Präsident des Umweltdachverbandes, Franz Maier.
Von den SPÖ-regierten Bundesländern Wien und Kärnten wird das Standortentwicklungsgesetz "vehement abgelehnt", wie es in der Stellungnahme der Wiener Landesregierung heißt. Der Österreichische Städtebund sieht die Regierungsvorlage im "Widerspruch zu Verfassung und Unionsrecht".
Niederösterreich begrüßt war ausdrücklich das Bemühen, UVP-Verfahren zu beschleunigen, beklagt aber, dass im Entwurf keinerlei Mitwirkung der Länder vorgesehen sei. Insbesondere im Standortentwicklungsbeirat seien ausschließlich Vertreter vorgesehen, die von Bundesministerien vorgeschlagen werden.
Ganz anders klingt die Stellungnahme der für das österreichische Stromnetz zuständigen Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG). Für sie liefert die Regierungsvorlage "eine bedeutsame und effektive rechtliche Grundlage zur Standortsicherung durch Gewährleistung zügiger Umsetzung von UVP-pflichtigen Vorhaben". Besonders groß ist bei der APG die Frustration über das UVP-Verfahren in Salzburg zur Errichtung einer 380-kV-Leitung. Die Verzögerung dieses Lückenschlusses des 380-kV-Leitungsrings in Österreich verursache hohe Kosten, gefährde die Versorgungssicherheit und schade letztlich sogar der Umwelt, wird argumentiert.
Zur Abwehr von Netzüberlastungen müsse immer öfter gezielt in den Kraftwerkseinsatz eingegriffen werden ("Redispatch"). Die jährlichen Kosten dafür seien bereits von 4 Mio. Euro (2014) auf knapp 100 Mio. Euro (2017) gestiegen. Die Verzögerung des 380-kV-Projekts verursache außerdem jährliche Mehrkosten von bis zu 13 Mio. Euro, und wegen der Verzögerung notwendige bauliche Maßnahmen in Salzburger Umspannwerken würden sich auf 20 Mio. Euro belaufen. Durch den nahezu täglich notwendigen Einsatz von thermischen Kraftwerken erhöhe sich der CO2-Ausstoß um 2 Prozent, und wegen der fehlenden 380-kV-Leitung sei auch eine uneingeschränkte Nutzung überschüssiger Stromerzeugung aus Erneuerbaren durch Zwischenspeicherung in Pumpspeicherkraftwerken nicht möglich.