Baustoffe : Warum ein Haus aus Stampfbeton und Kork eine gute Idee ist
Erst der ungewöhnliche Wunsch der Bauherrin führte zum ebenso ungewöhnlichen Baustoff bei diesem Haus. Die Auftraggeberin wollte nämlich, dass das Geräusch von Regen auf der Fassade gedämpft würde. Das Team des Berliner Architekturbüros rundzwei fand dann die Lösung mit einer nachhaltigen Wirkung in Portugal – Kork.
Dort ist Korkgranulat ein Abfallprodukt in der Flaschenkorkproduktion. Die Architekten schafften daraus ein monolothisches Fassadenmaterial für ein energieeffizientes und nachhaltiges Gebäude.
Das Einfamilienhaus, liebevoll Korkenzieherhaus genannt, besteht aus einer reinen Holzkonstruktion auf einem Sockel aus Stampfbeton. „Wie ausgegraben“ soll der Sockel aussehen, so Architekt und Mitbegründer Andreas Reeg. Der alte Baustoff wurde bewusst regional bezogen, traditionell schichtweise eingebracht und schließlich per Hand verdichtet. Das Resultat sieht dann offenporig und individuell strukturiert aus. Für den Sockel gibt es aber auch einen anderen Grund. Das Sockelgeschoß wurde unter die Geländeoberkante abgesenkt – alle Flächen unterhalb der Kante wurden ebenfalls in Stampfbeton eingefasst – um die Bruttogeschoßfläche auf 320 Quadratmeter zu maximieren, obwohl auf dem Grund nur ein Vollgeschoß erlaubt ist.
Bis zum Dach durchdacht
Nach oben hin geht das gut durchdachte Konzept weiter. Im Erdgeschoß finden sich große Glasflächen, um viel natürliches Licht hereinzulassen. Die Fassaden darüber und die Dachflächen sind komplett mit Platten aus Kork verkleidet und zusätzlich mit Holzfaser- und Zellulose-Dämmstoffen verdichtet. „Kork ist von Natur aus schimmel-, schädlings- und witterungsresitent“, so Reeg. Für die Fassadenplatten wird die Korkrinde unter Hitze und Druck gepresst. Durch die Wärme tritt das korkeigene Harz aus, wodurch sich das Kork-Granulat verbindet. „Kork ist eine nachwachsende Ressource und damit besonders nachhaltig. Außerdem konnten wir dank des Materials auf chemische Kleber verzichten“, so Architekt Andreas Reeg. Auch Bauschäume wurde weggelassen – das entspricht dem Prinzip der Nachhaltigkeit, da nicht verklebte Bauteile ein eventuelles Recycling oder Austauschen einzelner Teile für künftige Generationen viel leichter machen.
Im Innenraum wurden Gipsfaserplatten angebracht. Im Vergleich zu normalen Gipskartonplatten nehmen diese mehr Feuchtigkeit auf, wodurch die Architekten vollkommen auf eine Lüftungsanlage verzichten konnten. Die Holzkonstruktion, die Gipsfaserplatten und der Kork sorgen für eine ausreichende Feuchteregulierung.
Für die nötige Wärme im Winter sorgt ein Heiz- und Schichtenspeichersystem. Die Energie dafür kommt aus einer Solarthermie und von der Abwärme des Kamins. Die Wärme gelangt dann über Fußboden-, Wand-, und Deckenheizungen in den Wohnraum. Durch diese Heizsysteme wird nur eine sehr geringe Vorlauftemperatur von 28 Grad benötigt, wodurch wiederum Energie gespart werden kann.
„Auf Wunsch der Familie musste auch ein Energiefresser her: Im Garten befindet sich ein Pool. Dieser wird mit einer zusätzlichen Gasbrennwerttherme beheizt“, so der Architekt. Der Pool ist wie der Sockel mit Stampfbeton eingefasst. Außerdem ist er direkt vom Gebäudesockel zugänglich. Durch das gut durchdachte und effiziente Heizsystem, sowie die gute Gebäudedämmung werden die Wärme- und Speicherverluste sehr gering gehalten. Auf dem Dach befinden sich 18 Photovoltaik-Module mit einer Gesamtleistung von etwa 4,2 Kilowatt. Zusammen mit einem Speicher sorgt die Anlage für die nötige Wärme- und Energieversorgung. Kühle im Sommer bringt die Feuchteregulierung durch die Holz- und Korkelemente, sowie eine Fassadenverschattung auf West- und Südseite des Gebäudes.
Mehr als drei Köpfe
Ist das Haus auch derzeit für eine dreiköpfige Familie gedacht, ist eine Umwandlung in separate kleine Apartments durchaus möglich, da die über dem Sockel liegenden kleineren Räume alle von einer zentralen Treppe aus erreichbar sind und ein zweiter Eingang extra dafür bereits eingeplant wurde.
Nicht ganz eineinhalb Jahre dauerte es von Planungsbeginn bis Fertigstellung – und um Regentropfengeräusche muss sich die Familie vorerst keine Gedanken mehr machen.
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