Bürocheck : Villa Waldesruh

Peter Schmid steht auf Styropor. Da mögen Ökogurus meckern, er bleibt dabei: Wenn es um Wärmedämmung geht, dann gibt es nichts Besseres als die Platten und Formteile aus Polystyrol. „Ich hätte sofort mit einer ökologischen Dämmstoffproduktion angefangen. Doch wir haben uns mit allen möglichen Alternativen beschäftigt, und es war nichts dabei, bei dem ich gesagt hätte: Das ist es.“

Zu viel Bindemittel oder Chemie, zu weite Transporte oder „preislich nicht am Markt unterzubringen“, lautete sein Urteil. Und so blieb Schmid bei dem Produkt, mit dem er gewissermaßen aufgewachsen ist.

Mit Polystyrol groß geworden

Schon als Ferialpraktikant hatte Schmid styrolhältige Luft in den Dämmstoffwerken Wieser und Nowotny geschnuppert. Beide Werke wurden später von Vater Friedrich Schmid gekauft und in die Austrotherm umgewandelt. „Das war etwas, das ich sehr gerne aufbauen wollte“, sagte sich Schmid junior, der wohl auch in einem anderen Unternehmen der Schmid Industrieholding - Baumit, Wopfinger, Murexin und andere - einen guten Posten bekommen hätte.

Nicht ganz billig war die Entscheidung 1995 eine gründerzeitliche Villa in Waldegg zum neuen Firmensitz der Holding und der Austrotherm umzugestalten. „Bei einem Büroneubau würde ich die Raumaufteilung anders gestalten. Aber natürlich bietet dieses Umfeld auch einiges. Es ist für Mitarbeiter und Gäste sehr ansehnlich“, sagt Schmid. 1913 errichtet für die Krankenkasse der Wiener Wirtschaft, und 1936 von Siemens übernommen, diente das repräsentative Gebäude in Hanglage jahrzehntelang als Erholungsheim. Heute ist Waldegg/Wopfing im schönen Piestingtal freilich weniger als Luftkurort bekannt, denn für das Schmid’sche Kalk- und Zementwerk im Tal.

Hirschgeweih trifft auf Moderne

Mit dem Wachstum des Konzerns wuchs auch der Raumbedarf. So wurde das einstige Gärtnerhäuschen 2007 thermisch saniert und durch einen Neubauteil mit dem Hauptgebäude verbunden. Rein äußerlich unterscheidet sich der Zubau kaum vom historischen Original. Doch im Inneren findet man eine große Bandbreite verschiedener Stile. Die Sitzgruppe im Empfangsbereich erinnert an frühere Tage, ebenso das schmiedeeiserne Treppengeländer oder die Hirschgeweihe in einem kleinen Besprechungszimmer. Der große, großzügig verglaste Besprechungsraum bietet dagegen ein zeitgemäßes Ambiente, nicht nur wegen des großen abstrakten Gemäldes.

Der Austrotherm-Geschäftsführer selbst hält sich mehr an modernes Design. Kein Hirsch an der Wand, nur Bilder einer Fotosafari. „Ich bin im Unterschied zu meinem Vater kein Jäger“, grinst Schmid. Für die Büroausstattung wählte er Vollholzmöbel von Team 7. Doch die edlen Stücke bereiteten ihm nicht nur Freude. Denn Holz lebt, und so mussten im Laufe der Jahre einige verzogene Schranktüren ausgetauscht werden. Die abstrakten Bilder an den Wänden erwarb Schmid teilweise im Austausch gegen Wärmedämmung, gewissermaßen Kunstförderung und Klimaschutz in einem. Hinter seinem Schreibtisch wird das jeweils neueste Werk seiner achtjährigen Tochter ausgestellt.

Maschinelle Kunst

Einzigartig sind wohl die zwei Skulpturen im Chefbüro. Diese sind stammen allerdings nicht aus Künstlerhand, sondern sind Abfallprodukte aus der Dämmstoffproduktion. Beim An- und Herunterfahren der Extruder produzieren die Maschinen bizarre Formen aus Kunststoff, der fast wie Glas glänzt. Schmid: „Wir werden bei Werksführungen oft von Gästen gefragt, ob sie diese Stücke mitnehmen dürfen.“ Und meistens wird diese Frage bejaht.

Das Gießen seiner zahlreichen Zimmerpflanzen hat Schmid aufgegeben. Denn seine Reinigungsdamen haben sich ebenfalls um das Grün bemüht, was letztlich zur „Sumpfplanzen“-Bildung führte. Jetzt aber fühlen sie sich wieder wohl im Topf.

Nicht fehlen darf die Landkarte hinter dem Schreibtisch, auf der Schmid stolz die Expansion seines Unternehmens in Richtung Balkan und Osteuropa demonstriert. In vielen dieser Länder bestehe seine Hauptaufgabe heute noch im „Predigen“, meint Schmid. „Die Türkei war für uns sicher der weiteste Schritt, aber ein richtiger. Der Standard ist noch niedrig. Doch aufgrund der Größe der Wirtschaft – und die Türkei hat eine tolle, nicht zu unterschätzende Wirtschaft –, ist sicher Potenzial vorhanden. Und wir sind gut unterwegs.“