Baustoff-Recycling : Urban Mining in der Praxis

Vor kurzem wurde der Firma Zöchling die Genehmigung des Landes Niederösterreich zugestellt, auf ihrer Mistelbacher Deponie eine Verfestigungs- und Entmetallisierungsanlage zu betreiben. Die Bewilligung wurde erteilt, weil – vereinfacht gesagt – keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt zu erwarten sind. Obwohl von einer lokalen Bürgerinitiative immer wieder falsche Zahlen rezitiert wurden, konnte klargestellt werden, dass es durch die Entmetallisierungsanlage zu keiner wesentlichen Verkehrserhöhung kommt. Der Verkehr auf einer öffentlichen Straße war im UVP-Verfahren übrigens ebenso wenig noch einmal zu genehmigen, wie das Umladen von Abfall am Lokalbahnhof.

Im Zuge des UVP-Verfahrens hat Zöchling die Einwendungen der Stadt Mistelbach berücksichtigt. Der Formalpartei wurde eine Reduktion der Jahreskapazität von ursprünglich 390.000 auf 250.000 t und eine Einschränkung der zur Behandlung beantragten Abfallarten (Schlüsselnummern) von 348 auf 279 zugestanden. Damit es zu keinem Anstieg des LKW-Verkehrs kommt, sollen zumindest 90 % der auf der Reststoffdeponie entmetallisierten Abfälle auch dort abgelagert werden. Zusätzlich hat sich das schon seit Jahrzehnten in der Umweltbranche tätige Unternehmen bereiterklärt, auf eigene Kosten eine Anschlussbahn zu errichten. Ob das gelingt, ist aber fraglich, da die ÖBB die Strecke Mistelbach-Hohenau einstellen wollen.

Die UVP-Behörde hat in ihrem 146 Seiten starken Genehmigungsbescheid auch einer eventuellen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Einerseits da die Projektgegner keine konkreten Gefährdungen aufzeigen konnten, und andererseits weil wesentliche Forderungen der Stadt Mistelbach erfüllt wurden und während des Probebetriebs ausreichend positive Erfahrungen gesammelt werden konnten. Beigetragen hat zu dieser Entscheidung, dass Recycling unbestritten im öffentlichen Interesse ist, die Entmetallisierungsanlage wesentlichen abfallwirtschaftlichen Zielsetzungen dient und angesichts der zunehmenden Rohstoffverknappung volkswirtschaftlich hohe Bedeutung genießt.

Schutz der Umwelt und Schonung der natürlichen Ressourcen hat für die Zöchling-Firmengruppe hohen Stellenwert. Sehr früh wurde das Potenzial in der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft erkannt. Bereits 1987, also noch lange bevor sich in Österreich Baufirmen ernsthaft mit der Verwertung von Baurestmassen auseinandergesetzt haben, hat die Hainfelder Firma eine mobile Brechanlage zum Recycling angeschafft. Mit der ersten stationären Entmetallisierungsanlage Österreichs setzt Zöchling wieder neue Maßstäbe.

Rückgewinnung von Rohstoffen ist gelebte Nachhaltigkeit. Gießereisande enthalten bis zu 4, Baurestmassen bis zu 5 und Schlacken sowie Aschen aus Müllverbrennung bis zu 9 % Eisen- und Nichteisenmetalle. In der sechs Millionen Euro teuren Anlage werden in einem ausgeklügelten Verfahren mithilfe von Magnet-, Sieb- und Wirbelstromscheidern Eisen- und Nichteisenmetalle aus dem Abfall gewonnen. Die Rohstoffe können wieder in den Wirtschaftskreislauf gebracht werden, deponiert wird in Mistelbach ab sofort nur, was unbedingt notwendig ist. Solange die Primärrohstoffe billig waren, wurden die Sekundärrohstoffe einfach mit dem Abfall entsorgt. Durch den Anstieg der Rohstoffpreise über das Vorkrisen niveau gewinnt die Rückgewinnung von Metallen aus Abfall, auch Urban Mining genannt, erstmals wirtschaftliche Bedeutung. Europa hat zu wenig Rohstoffe und muss daher den Großteil importieren - durch intelligente Rückgewinnung kann, abgesehen von Kostenersparnis und CO2-Reduktion, auch ein wenig wirtschaftliche Unabhängigkeit gewonnen werden.

Einen großen Artikel zum Thema Urban Mining ("Schürft in den Städten!") gab's in SOLID 6/2011.