Österreich : Unternehmenskredite: jeder zweite Euro für Immos und Bau
Die Kreditvergabe an Unternehmen ist in Österreich sehr stark auf Immobilien- und damit zusammenhängende Bauwirtschaft konzentriert. Ende April 2019 war fast die Hälfte - exakt waren es 47 Prozent - der Bankkredite an den Unternehmenssektor an immobilienbezogene Branchen vergeben.
Dieser große Anteil am Kreditvolumen übertrifft deren Branchen-Anteil am Bruttoinlandsprodukt gleich um ein Mehrfaches: Fast ein Drittel (32 Prozent) der Unternehmenskredite ist ins Grundstücks- und Wohnungswesen geflossen. Diese Quote war mehr als dreimal so hoch wie deren Anteil an der heimischen Wertschöpfung (knapp 10 Prozent) im Schnitt der letzten fünf Jahre. Weitere 15 Prozent - mehr als doppelt so viel wie beim anteiligen BIP (6 Prozent) - entfielen auf den Bau.
Immobilienkredite sind laut Notenbank Teil von Stresstests. Für den Bereich der Wohn- und Hypothekarfinanzierungen evaluiert die Notenbank 2019, wie weit die Banken behördliche Empfehlungen beherzigen.
Zwar sind die Kredite insgesamt im Euroraum und auch in Österreich mehr als doppelt so hoch wie in den USA. Im Europavergleich ist die Unternehmens- und Haushaltsverschuldung in Österreich aber eher gering. Gerade große Immobilienkredite gingen in der Regel an wohlhabendere Haushalte, heißt es in der Notenbank. Deshalb sehen die Experten hier trotz anhaltender Preissteigerungen aus heutiger Sicht aus den Immo-Krediten kein systemisches Risiko.
Die Banken reißen sich um Hypothekarkreditnehmer. Auch bei den Privaten waren Wohnbaukredite, besonders wegen der weiter fallenden Immo-Zinsen, zuletzt weiter Haupttreiber bei Haushaltskrediten. Wie die Notenbank zum Finanzmarktstabilitätsbericht schreibt, weist ein nicht vernachlässigbarer Anteil der neu vergebenen Kredite nichtadäquate, also zu geringe, Eigenmittel-Anteile aus, und der Schuldendienst im Verhältnis zum Einkommen des Kreditnehmers ist angestiegen. Die Notenbank warnte heute weiterhin vor laxer Vergabe, man beobachte hier den Markt "sehr sorgfältig", und man werde auch vom Ausland sehr sorgfältig beobachtet.
In Summe ist Österreich aber ein Land der Sparer und nicht der Schuldner, sagte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny am Mittwoch bei der Vorlage des Berichts. Bei der Verschuldungsquote kommen österreichische Firmen im Europavergleich auf den zweitniedrigsten Wert. Bei den Haushalten ist es überhaupt der niedrigste Wert in Europa: Niederländer und Schweizer kamen hier 2018 auf mehr als doppelt so hohe Quoten wie die Österreicher (49,6 Prozent). Der österreichische Staat liegt mit 73,8 Prozent im europäischen Mittelfeld. (APA)