SOLID: Wie ist die Arbeitsverteilung zwischen den beiden Werken in Oberwart und Sharjah und wie kommt die Aufteilung zustande? Matthias Unger: Das ist auftragsbezogen. Aufträge werden in der Regel nicht gesplittet. Es gibt in Sharjah vor Ort ein Vertriebsteam und ebenso in Österreich. Die Verträge werden vor Ort abgeschlossen und im jeweiligen Werk abgearbeitet. Bei gewissen Märkten arbeiten die Werke natürlich schon zusammen. Überschneidungen und Zusammenarbeiten wo genau? Das sind unterschiedlichste Projekte. Wir begleiten sehr viele westliche Unternehmen in die Emirate, wo wir den Kontakt haben und vor Ort fertigen. Und umgekehrt passiert das mittlerweile auch. Wie sind Sie mit Auslastung und Größe in Sharjah zufrieden? Wir haben uns in Sharjah sogar schon erweitert. Der Vorteil ist, dass die Produktionsflüsse unten in drei parallelen Produktionslinien erfolgen. Wir haben ein Querschiff für die Beschichtung dazu gebaut bzw. erweitert, weil mehr Platz notwendig wurde.2006/7 haben wir bereits voll begonnen und konnten das österreichische Know-how von Anfang an sehr gut transferieren. Am Anfang wurde unser Know-how direkt von Österreichern vor Ort weitergegeben. Wir suchen immer wieder österreichische Stahlbauexperten für die Emirate. Österreichisches Know-how heißt was genau? Wir achten extrem auf unsere Qualität, Flexibilität und, was uns besonders wichtig ist, termingerechte Lieferungen. Und wir sind vor allem unabhängig.Know-how made in Austria, produced in the Middle East. Nach wie vor haben wir vor allem in der Produktion österreichische Spezialisten in den Kernprozessen bzw. Schlüsselpositionen beschäftigt. Sie sind mit dem Werk in Sharjah ja in der dortigen Freihandelszone angesiedelt. während andere Firmen außerhalb Niederlassungen mit dem gesetzlich notwendigen lokalen Partner haben. Warum haben Sie diesen Weg gewählt und wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung? Wir haben auch Gespräche mit Partnern gehabt, aber sobald das zum Rechtsanwalt ging, sind Unstimmigkeiten aufgetreten. Daher haben wir uns für die Freihandelszone entschieden und das passt auch zu unserer Philosophie, hundertprozentig unabhängig zu sein. Nur so können wir auch zu hundert Prozent flexibel sein. Wenn ein Kunde z.B. in Katar etwas haben will, können wir das ganz schnell als Familienunternehmen entscheiden. Wir sind mit der Freihandelszone mitgewachsen und konnten dort Aufträge lukrieren. Wie war die Auslastungskurve in Sharjah und wie ist die Situation jetzt? Wir sind derzeit in einer Vollauslastung. 2006/07 hat es gut begonnen. 2008 kam nach dem Peak die Krise, von der wir aber nicht so stark betroffen waren - die hat eher den Real Estate-Bereich getroffen als die Industrie. Und seit zwei bis drei Jahren geht es wieder voll los. Saudi Arabien ist ein sehr starker Markt. Die anderen Emirate kommen wieder. Auch die Situation im Iran beobachten wir sehr intensiv. Es wurden bereits Projekte in Afrika, Kongo, Äthiopien und Ägypten realisiert. Neben den rohstoffreichen Ländern wie Nigeria, Sudan und Tansania, ist die gesamte ostafrikanische Küste für uns interessant. Wie steht es dort um die Zahlungsmoral? Berechtigte Frage. Wir müssen da sehr professionell vorgehen. Das heißt: wir sichern uns gegen das Risiko entsprechend ab mit Kreditversicherungen bzw. Akkreditivverträgen. Man muss das Risiko sehr gut managen. Was wird unter diesen Vorzeichen aus Oberwart? Für uns steht unter anderem auch Deutschland sehr stark im Fokus. Wir sind dort mit unseren Büros in Düsseldorf, München, Berlin und Leipzig flächendeckend vertreten und verstärken vor Ort den Vertrieb und suchen lokale Partnerschaften auch für Generalunternehmer- und Projektentwicklungsaufträge. Wie ist die Lieferlage für Stahl - woher beziehen Sie ihn hauptsächlich und wie reagieren Sie auf Ereignisse wie z.B. die Ukraine-Krise mit dem praktischen Ausfall dieses Landes als Lieferant? Der Stahlmarkt ist mittlerweile so global, dass sich solche Krisen nicht wirklich auswirken. Man kauft dann sehr stark aus dem asiatischen Raum, z.B. Südkorea. Wir achten aber natürlich sehr stark auf die Qualität und haben daher keinen chinesischen Stahllieferanten. Ich sehe China sehr stark am absteigenden Ast. Der Kunde achtet auf die Qualität, das ist unser Vorteil. Wir haben vor Ort in den Emiraten Stahlhändler mit Rohmaterial-Produzenten bis nach Südafrika. Welche Rolle spielt der Transport? Wir kaufen vor Ort. Deshalb ist eher die Lieferzeit ein entscheidender Faktor. Wir sind im Einkauf in Sharjah, und natürlich auch in Österreich, sehr gut aufgestellt und vernetzt und haben dadurch auch hervorragende Einkaufsbedingungen, was ein großer Vorteil für unsere Niederlassung vor Ort ist. In Zeiten wie diesen und vor dem Hintergrund der von Ihnen vorhin erwähnten Bestrebungen in Deutschland, breiter zu werden, vielleicht keine unberechtigte Frage: Werden Sie ein Stahlbauunternehmen bleiben? Mit Sicherheit. Das ist unsere Kernkompetenz und von der aus wachsen wir weiter. Das Gespräch führte Thomas Pöll
INFO: Burgenland und Emirate im Vergleich Neben der strategischen Zentrale in Österreich hat Unger rund 20 eigene Niederlassungen in Zentral- und Osteuropa sowie im Mittleren Osten. Die Gesamtkapazität innerhalb der Gruppe beträgt 70.000 Tonnen jährlich. Im Geschäftsjahr 2014 erwirtschaftete die Gruppe mit rund 1.200 Mitarbeitern einen Umsatz von 203 Millionen Euro. Oberwart / Unger Stahlbau Ges.m.b.H.:Headquarter390 Mitarbeiter30.000 m² Produktionsfläche30.000 to Kapazität pro Jahr Sharjah / Unger Steel Middle East FZE:Drehscheibe für Asien und VAE560 Mitarbeiter32.500 m² Produktionsfläche40.000 to Kapazität jährlich