Ende 2018 soll mit dem Bau der U5 begonnen werden. Aber schon jetzt ermöglicht ein Infocenter der Wiener Linien in der künftigen U5-Station Volkstheater den Interessierten, die Phasen des U-Bahn-Baus zu erkunden. Gustostückerl sind der Nachbau einer Tunnelbohrmaschine und die 1:1-Darstellung des Bahnsteigs einer U5-Station im neuen Design. Das Linienkreuz U2/U5 ist Teil des geplanten Öffi-Investitionspaketes für das kommende Jahrzehnt. Stark frequentierte Linien werden entlastet, Benutzer dürfen sich auf kürzere Fahrzeiten freuen. Anlässlich des Projektes eröffneten die Wiener Linien in der U-Bahn-Station Volkstheater auf rund 700 Quadratmeter ein Informationszentrum, das den Bau und Betrieb einer U-Bahn-Linie veranschaulicht. Die bisher wenig genutzten unterirdischen Räume sind
bereits Anfang der 1990er Jahre im Rahmen der Errichtung der Linie U3 geschaffen worden. Künftig werden in der Station einander die U3 und die U5 kreuzen. Hier lassen sich nun genauso wie im Film „The Third Man“ - ein in Schwarzweiß gedrehter britischer Thriller von Carol Reed aus dem Jahr 1949 - faszinierende Einblicke in die Welt unter der Stadt gewinnen.
Die unterirdischen Ausstellungsräume in der Station Volkstheater sind von PLANET architects gemeinsam mit Perndl+Co (Grafik) sowie Rapp&Wimberger (Kuratierung) gestaltet worden. Sie sollen Interessierten alles rund um den Bau der künftigen U-Bahn-Linien näherbringen. PLANET architects haben schon mehrere Projekte im Bereich der Verkehrsinfrastruktur realisiert, unter anderem die Gestaltung des Verkehrsmuseums „Remise“ im dritten Wiener Bezirk im Jahr 2014. Architekt Gerhard Abel von den Ausstellungsmachern meinte auf die Frage, nach der Herangehensweise an das komplexe Thema, dass das Schwierigste der enge Zeitplan und der Ausstellungsraum komplett unter der Erde gewesen sei – man hat dort kein Tageslicht.
Details und Do-It-Yourself-Bohren
Die dreiteilige Ausstellung für das Informationszentrum berichtet über die langfristige Planung, Details der Tunnelbohrung bis hin zur Gestaltung künftiger U-Bahn-Stationen. Besucher werden durch die Schlüsselphasen des U-Bahn-Baus geführt. Das Farbkonzept der Räume wurde von den Linien U2 und U5 beeinflusst – an Wänden und Böden werden die Linienfarben eingesetzt. Für die Darstellung diverser Inhalte und Prozessabläufe entwarfen die Architekten ein Set von Einbauten in bester Infotainment-Manier, das die Verbindung zwischen Text, Video und Ton ermöglicht. Diese integrierten sie in unterschiedlichen Variationen in die Ausstellungsarchitektur.
Im ersten Raum der Ausstellung wird die Aufmerksamkeit der Besucher auf einen großen multimedialen Tisch gelenkt, der verschiedenste Aspekte der aufwendigen Planung einer neuen U-Bahn-Linie wiedergibt. Der zweite Bereich erzählt von der Arbeit unter der Erdoberfläche, hier werden geologische Aspekte des komplexen Wiener Untergrunds aufgezeigt. Videos und Bilder zu Techniken der Tunnelbohrung sowie zum Alltag der Tunnelbauer ergänzen die Inhalte. Das Highlight bildet die originalgetreue Nachbildung einer Tunnelbohrmaschine, welche die Besucher mittels Display durch das Gestein lenken können. Im abschließenden, dritten Bereich sind eine begehbare 1:1-Darstellung zukünftiger U-Bahn-Stationen sowie Aspekte aus dem technischen Betrieb zu sehen.
Sehr aufschlussreich ist das begehbare Modell einer U5-Station. Dort bekommt man auch einen Eindruck, wie die für den fahrerlosen Betrieb geplanten Glaswände vor dem Gleisbereich wirken. Integrierte Türportale zum Ein- und Aussteigen öffnen sich nur dann, wenn der Zug in der Station steht. Nach internationalem Vorbild dienen die Barrieren als Schutzmaßnahme, da die U5 bekanntlich vollautomatisch betrieben wird und somit die Abfertigung des Zuges nicht mehr vom Fahrer durchgeführt wird.
Vergleich verschiedener Tunnelbohrweisen
Aber auch die anschaulich dargestellten verschiedenen Tunnelbauweisen, von der offenen Bauweise, wie sie in der Mariahilfer Straße angewendet wurde, bis zur "Neue Österreichische Tunnelbaumethode (NÖT)“, die zu einem Exportschlager wurde, sind für das Publikum lehrreich. Spektakuläre Methoden, wie das Einfrieren des Geländes durch flüssigen Stickstoff, wenn man unter einem Fluss durchgräbt, lassen sich nachvollziehen. Der normale Passagier steigt ja irgendwo ein und kommt am Ziel wieder an die Oberfläche, hat aber keine Ahnung von den Herausforderungen und spezifischen Leistungen auf höchstem Ingenieurbauniveau unter der Erde.
Der absolute Höhepunkt ist eine digitale App, mit der man den Nachbau einer Tunnelbohrmaschine steuern und it quasi selbst einen Tunnel bohren kann. An dieser Position sind Vibrations-Infraschalllautsprecher installiert, die den Boden, auf dem man steht, vibrieren und scheppern lassen. Wie im echten Leben! (Peter Reischer)