Milliardenprojekt : Türkei eröffnet Eisenbahntunnel unter dem Bosporus
Die Türkei eröffnet heute, Dienstag, einen Eisenbahntunnel unter dem Bosporus. Das auf dem Grund der Meerenge verankerte Bauwerk verbindet die europäische und die asiatische Seite der Millionenmetropole Istanbul. Im Zweiminutentakt verkehrende S-Bahnen sollen stündlich bis zu 75.000 Menschen befördern können, erklären die Betreiber.
Enorme Herausforderungen
Die technischen Herausforderungen des 2004 begonnenen Projektes waren enorm. Bis in eine Tiefe von etwa 50 Metern haben sich große Tunnelbohrmaschinen von beiden Seiten auf den Grund der Meerenge zu gefräst. Auf dem Grund wurden in 56 Metern Tiefe elf Tunnelelemente aus Beton und Stahl verankert. Der mehr als 13 Kilometern lange Tunnel verläuft nun teils unterirdisch, teils als in den Meeresboden eingespülte Röhre.
Direkt im Erdbebengebiet
Am Verlauf des Tunnels gibt es zum Teil erhebliche Kritik. So sei nicht nur die sensible Umwelt am Meeresgrund massiv beschädigt worden, wie Umweltschützer kritisieren. Kritiker befürchten auch weitreichende Schäden bei künftigen Erdbeben. Tatsächlich verläuft der Tunnel nur 20 Kilometer entfernt von der Nordanatolischen Verwerfungszone. Allerdings versprechen die Konstrukteure des Bauwerks, dass der Tunnel schwersten Erdbeben standhalten werde. Der Tunnel sei in Istanbul das sicherste Bauwerk überhaupt, verspricht Transportminister Binali Yildrim.
Von 2015 an sollen auch Züge im Fernverkehr durch den Bosporustunnel fahren. Mit dem Bau der Strecke, die mehr als 2,5 Milliarden Euro kostet, war 2004 begonnen worden. Das als "Marmaray" bezeichnete Projekt zählt wegen des technischen Aufwandes zu den weltweit größten Infrastrukturprojekten der vergangenen Jahre.
Pläne für "einen zweiten" Bosporus
Damit nicht genug: Bis zum Jahr 2023 will der autoritär regierende türkische Staatschef Erdogan das Schwarze Meer und das Marmarameer mit einem großen Kanal verbinden. Für den Schiffsverkehr soll westlich von Istanbul eine Art zweiter Bosporus gegraben werden.
Die von Erdogan oft ohne jede Rücksicht durchgedrückten Großprojekte sind immer wieder heftig umstritten. Bürger protestieren, nicht nur weil für den Bau der Brücke kostbarer Wald abgeholzt wird. Trotzdem soll der Bau, den Erdogan selbst mit demonstrativem Stolz als "verrücktes Projekt" bezeichnet, zum 100. Geburtstag der Türkischen Republik 2023 fertig sein.
(dpa/Ag./APA/red)