SOLID: Was sind Ihrer Meinung nach die Trends in der BIM-Software?
Lutz Bettels: Das Gute ist, dass das Thema BIM jetzt endlich einmal auch im deutschsprachigen Raum angekommen ist. In den letzten beiden Jahren ist ein regelrechter Hype losgebrochen. Es versteht zwar immer noch jeder etwas anderes darunter, aber die Aufmerksamkeit ist groß. Dadurch sind zum Glück auch Themen wie die Notwendigkeit eines gemeinsamen Standards für Planer und Ausführende zur Selbstverständlichkeit geworden. Dabei gibt es aber noch immer die Varianten des Closed BIMs – dass man alle Gewerke und Stufen mit den Produkten EINES Herstellers bestreitet – und des Open BIMs, eben mit einem offenen Standard.
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Wo geht die Industrie hin?
Bettels: Da das Wort BIM mittlerweile in aller Munde ist, versucht sich jeder schon wieder ein bisschen zu differenzieren. Man findet Tendenzen, das Wort BIM zu vermeiden, um sich anders im Markt zu etablieren. Es geht darum – und das gilt auch für uns: wie passt BIM in die gesamte digitale Transformation?
Das hat den Vorteil, dass das Thema Digitalisierung bei den Unternehmensspitzen der Besitzer und Betreiber einen anderen Stellenwert hat als das bisschen Bauplanung, mit dem sich die Bauabteilungen beschäftigen. Ich finde das insgesamt förderlich.
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Auf der anderen Seite gibt es natürlich noch genug Hausaufgaben zu machen, um das Thema BIM an sich auf die Reihe zu bekommen – mit Datenaustausch, Zusammenarbeit der Beteiligten, Common Data Environment etc.
Aber das Spannende ist die Einbindung in die gesamte Digitalisierung.
Wie steht Ihre Produktpalette in diesem Zusammenhang da? Wie sieht es da mit Open BIM aus? Schauen Sie auch schon mehr auf die Betriebsphase als auf die Bauphase?
Bettels: Jeder Hersteller hat da natürlich ein anderes Portfolio. Wir von unserer Seite sind aus meiner Sicht so breit aufgestellt wie kein anderer Teilnehmer im Markt. Wir haben von Planung über Modellierung und Bau bis zum Betrieb Produkte für sämtliche Formen von Infrastruktur, egal ob das Gebäude, Straßen, Schienen oder sonst etwas sind. Wir sind da sehr stark aufgestellt, weil wir heute auch schon im hinteren Teil des Lebenszyklus aufgestellt sind mit unseren Lösungen.
Ich glaube nicht, dass ein Hersteller heute noch mit Closed BIM überleben kann. Natürlich ist es uns am liebsten, wenn die Leute alles aus einer – unserer - Hand nehmen. Aber die Realität ist eine andere. Beim Bauen entstehen einfach immer neue Konstellationen, oft auch sehr kurzfristig.
Wir sind daher auch in allen Standardisierungsgremien von der Building Smart für IFC bis zu ISO 55000 zum Thema Asset Management etc. aktiv.
Wie sehen Sie die Erfolge bei diesen Standardisierungsbemühungen?
Bettels: Es ist auf jeden Fall eine ganze Ecke besser geworden seit der ersten Building Smart-Sitzung 1996. Man hat sich mittlerweile ein bisschen Prozesskompetenz aufgebaut und an der Praxis orientiert.
Mit IFC klappt einiges auch schon ganz gut: Planungsdatenaustausch, Kollisionkontrolle, LV-Erstellung, Mengenermittlung bis zu einem gewissen Tiefengrad und das Basis-Daten-Handover an das Facility Management. Schwierig wird es immer dann, wenn ich erwarte, dass diese Daten in meinem System weiter bearbeitbar sein sollen. Bei diesem Data Round Tripping ist man sehr beschränkt und das sind die Grenzen.
Das ist technologisch bedingt und wird meines Erachtens auch – wenn überhaupt - nicht so schnell möglich sein, weil da die geheimen Zutaten der Softwarehersteller drin sind und sie dann Alleinstellungsmerkmale aufgeben müssten.
Und wenn ich über den Standard hinaus gehe, macht diesen zusätzlichen Programmieraufwand, der allein fürs Lesen notwendig wäre, meistens keiner mehr mit.
Aber in den wesentlichen Sachen funktioniert das mit IFC trotzdem schon sehr gut.
Wo geht es für Bentley hin?
Bettels: Da wir sehr stark bei den Besitzern und Betreibern verortet sind, geht es schwerpunktmäßig um vernünftige Datenübergabe aus dem BIM an die Betreiber und die vernünftige Nutzung im Betrieb – also das Aktuellhalten und das Verknüpfen mit Wartungs-, CRM- oder Asset-Datenbankensystemen.