ÖBB : Scharfe Kritik vom Rechnungshof zum Amtsantritt

Der Rechnungshof hat scharfe Kritik an den Spekulationsgeschäften der ÖBB mit der Deutschen Bank geübt. Das Finanzgeschäft sei "von der Organisationseinheit Corporate Treasury der Österreichischen Bundesbahnen-Holding AG eigenmächtig und unter Verstoß gegen bestehende Regelungen abgeschlossen worden", heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht, der auf einem Antrag der Grünen beruht. Diese Geschäfte haben letztendlich einen Verlust von 295 Millionen Euro gebracht.
Der Rechnungshof nimmt insbesondere den damaligen Vorstand und Aufsichtsrat ins Visier. Die Geschäfte begannen im Jahr 2005. Ab Mitte 2006 seien rund zwei Jahre lang im Vorstand und Aufsichtsrat der ÖBB Holding "keine zielgerichteten Entscheidungen bezüglich einer Sanierung beziehungsweise eines Verkaufs des Hybrid-CDO2" getroffen worden. "Dadurch entging den ÖBB-Gesellschaften vor dem Hintergrund einer sich seit Anfang des Jahres 2007 kontinuierlich verschärfenden Finanzkrise die Chance, bereits Ende Februar 2008 mit rund 292 Millionen Euro geringeren Verlusten aus dem Vertrag auszusteigen, als dies im Dezember 2008 möglich gewesen wäre."
Politischer Zankapfel
Chrsitian Kern, bisheriger Verbund-Manager, übernimmt nicht nur mit diesem Bericht ein schweres Erbe. Die staatseigenen ÖBB sind in den letzten Monaten zunehmend zum Zankapfel in der Koalition geworden. Die ÖVP hat aus Protest ihre Aufsichtsräte aus dem Holding-Aufsichtsrat abgezogen und fordert Einsparungen beim Personal.
Schlechtes Image
Der Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB, Horst Pöchhacker, sagte am Montag im Ö1-Morgenjournal, durch Propaganda, "leider auch durch die ÖVP", sei der Eindruck entstanden, dass die Bundesbahn ein "Privilegienstadl" sei, doch das Gegenteil sei der Fall. Die ÖVP solle ihren Stil ändern, appellierte er. "Die Bahn ist wesentlich besser als ihr Ruf", so Pöchhacker. Explizit kritisierte er Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP), der wochenlang "mit falschen, aus den Zusammenhang gerissenen Zahlen" operiert habe.
Bahnprojekte am Prüfstand
Neben den öffentlichen Debatten stehen bei der ÖBB in den nächsten Monaten große Weichenstellungen an: Alle Bahnprojekte stehen aus Budgetnöten auf dem Prüfstand, bis Mitte Oktober will das Verkehrsministerium eine Prioritätenliste erstellen. Mittlerweile machen die - wahlkämpfenden - Steirer und die Kärntner Druck für den Koralmtunnel, die Tiroler fordern den Baubeginn des Brennerbasistunnels.
Lohnrunde
Für die rund 42.000 ÖBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht eine Lohnrunde bevor. Die Lohnverhandlungen könnten zu einer ersten Machtprobe für Kern und Konzernbetriebsratschef Wilhelm Haberzettl werden. Zweiter interner Streitpunkt sind die frühen Pensionierungen mit im Schnitt 52 Jahren: Die Vorgabe der Verkehrsministerin lautet, das Pensionsantrittsalter jährlich um ein Jahr anzuheben - die ÖVP sieht hier ebenfalls zu wenig Bemühungen. (APA/red)