Fußball-WM 2018 : Russlands WM-Stadien – Weltklasse oder teurer Flop?
Aktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt WEKA PRIME Mitglied werden!
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
Dass alle Stadien für die WM in Russland rechtzeitig fertig und bereit für ein Fußballwunder sind, ist gar nicht so selbstverständlich und auf jeden Fall eine enorme bauliche Herausforderung.
Schließlich wurden neun der insgesamt zwölf Stadien nigelnagelneu aus dem Boden gestampft. Und die drei bereits zuvor existierenden Austragungsorte wurden natürlich renoviert. Alles andere wäre ja schon mittlerer Prestige-Skandal.
Dementsprechend teuer fielen auch die Kosten für Neubau und Renovierung aus. Die Arena in Samara, die auch erst im Mai eröffnen konnte, verschlang beispielsweise umgerechnet 285 Millionen Euro und ist damit – wie so oft im Stadienbau – teurer als kolportiert. Dafür würde man sich nun einiges erwarten, doch sieht die Arena anders aus als ursprünglich geplant.
Teure Krone
Am größten wurde das Luschniki-Stadion in Moskau für eine Milliarde Euro, wo für jedes von sieben hier ausgetragenen Spielen 81.000 Zuschauer Platz finden. Das Eröffnungsspiel und auch das Finale sollen diesen Austragungsort krönen. Der Ruhm wird allerdings von kurzer Dauer sein, denn ein dauerhafter Nutzen ist für das Luschniki bisher noch nicht vorgesehen. Das Fischt-Stadion in Sotschi indes wurde 2014 für 620 Millionen Euro für die Olympischen Spiele errichtet und nun für weitere 50 Millionen Euro zum WM-Stadion umfunktioniert. Immerhin bislang doppelter Nutzen – doch zu einem hohen Preis.
Ebenfalls sieben Spiele werden im Sankt-Petersburger Stadion Krestowski ausgetragen werden, vor je 68.000 Zuschauern. Zu den Kosten gibt es hier sehr unterschiedliche Mutmaßungen, zumeist wird aber von 930 Millionen Euro berichtet. Es wurde bereits 2017 für das Finale des Confed Cups genutzt. Neben den enormen Kosten wurden auch andere Aspekte der Bauarbeiten kritisiert. So soll es zu Korruption gekommen und Zwangsarbeiter aus Nordkorea herangezogen worden sein. Auch sickerten Berichte von undichten Stellen im Dach durch.
Auch ausgetragen werden Spiele im Spartak – auch Otkrytije Arena genannt und ebenfalls in Moskau – wo die Außenfassade seine Farbe wechseln kann; im – zumindest geplanter Weise – einer Seerose ähnelnden Stadion Kasan; dem mit 200 Millionen Euro vergleichsweise billigen Nischni Nowgorod; in Rostow, im Kosmos-Stadion in Samara, der Mordowia-Arena in Saransk; dem nur 35.000 Personen fassenden Kaliningrad-Stadion; der Jekaterinburg-Arena, die am weitesten von allen Stadien im Osten und bereits 1.790 Kilometer von Moskau entfernt liegt; und in Wolgograd.
Entdecken Sie jetzt
-
Lesen
- Die Kunst der emotionalen Dickhäutigkeit 21.11.2024
- Warum die Zukunft im Bestand liegt 20.11.2024
- Countdown zu den 5 größten Vergaberechtsmythen 20.11.2024
-
Videos
- SOLID Bau-TV | 11.07.2024 11.07.2024
- SOLID Bau-TV | 27.06.2024 27.06.2024
- SOLID Bau-TV | 06.06.2024 06.06.2024
-
Podcasts
- Bauen up to date #13 - 04.03.2024 04.03.2024
- Bauen up to date #12 - 13.9.2023 12.09.2023
- Bauen up to date #11 - 23.04.2023 23.04.2023
Die Chuzpe von Wolgograd
Das Stadion in Wolgograd wies – trotz 330 Millionen an Baukosten – bereits gleich nach seiner Eröffnung im April Mängel auf. Als eine Erklärung für die beobachteten Betonrisse wird das Feuchtgebiet herangezogen, auf dem die Arena steht. Der zuständige Baukonzern Stroitransgas meinte in einer Stellungnahme, die Sicherheit der Besucher sei aber nicht gefährdet. Die russischen Behörden gingen damit prompt d’accord – das Stadion gilt offiziell als nicht einsturzgefährdet.
Etwas anderes erregt bei der Jekaterinburg-Arena, dem zweitkleinsten Stadion dieser WM, Aufsehen. Teile der Verkleidung wurden extra abmontiert, um zwei zusätzliche Tribünen aus Stahlrohren von außen zuzufügen. Dennoch werden hier nur 35.696 Zuschauer Platz finden und auch nur drei Spielen beiwohnen.
Sklaven und Elefanten
Neben unbezahlter beziehungsweise Sklavenarbeit, explodierenden Kosten, Korruptionsverdacht und Baumängeln sorg noch ein großer Punkt oftmals für negative Schlagzeilen. Ein großer weißer Punkt.
Weiße Elefanten werden mit der WM in Russland befürchtet – also riesige Stadien, die so riesig gar nicht sein müssten und deren Unterhaltung höchst kostspielig ausfallen wird. Ursprünglich war 2019 angesetzt geworden, ab wann die Austragungsorte die Betriebskosten für die Stadien selbst tragen werden müssen. Zwischen 2,6 bis 6,5 Millionen Euro würde das die einzelnen Städte kosten – besonders hohe Summen, wenn man bedenkt, dass einige der Orte überhaupt keine Teams in der obersten russischen Liga haben. Weltklasse Stadien für drittklassige Vereine zu horrenden Kosten?
Selbst Alexej Sorokin, Chef des WM-Organisationskomitee, glaubt, dass die Arenen nach dem Fußball-Spektakel zunächst mit staatlichen Mitteln erhalten werden müssen. Und Versuche, die Kosten da und dort einzudämmen, werden bereits jetzt deutlich. So steht bereits fest, dass in Jekaterinburg, Kaliningrad, Rostow und Saransk die Zuschauerkapazitäten nach der WM auf je 25.000 Plätze zurückgebaut werden. Und in Jekaterinburg werden die Stahlrohrtribünen nur während diesen Spielen zu bewundern sein – auch die werden wieder abgebaut. So viel Selbstkrönung für einen so hohen Preis – und so kurze Dauer.