SOLID 04/2018 : Quickway: Verkehrstechnik der Zukunft mit UHPC
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Das Konzept besteht aus einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen: „Es ist das einzige System, welches das Verkehrsproblem von Großstädten wirklich lösen kann. Wichtig ist, dass alle Maßnahmen gemeinsam wirken“, erklärt Dr. Lutz Sparowitz das Forschungsprojekt.
Zu ebener Erde, im ersten und zweiten Stock
Die Straßen zu ebener Erde enthalten normale Fahrspuren (wie übliche Straßen). Alle Kreuzungen sind niveaugleich als Kreisverkehr organisiert. Die Verkehrsnetze für Vierrad, Zweirad und Fußgänger sind voneinander getrennt. Das Hauptverkehrsnetz zu ebener Erde weist die Maschenweite von etwa einem Kilometer auf. Diese Hauptstraßen sind mit 40 Metern relativ breit. Innerhalb der Netzmaschen befindet sich ein verkehrsberuhigter Lebensraum, und hier haben die Straßen nur die Funktion von Zubringerstraßen.
Über diesem Netz aus Hauptstraßen werden zwei zusätzliche Verkehrsflächen in Form von Hochfahrwegen angeordnet, die wie ein „Stadtautobahn-Netz“ funktionieren. Wie bei Autobahnen üblich, verlaufen diese Hochfahrwege ausnahmslos kreuzungsfrei. Über dieses leistungsfähige Autobahnnetz läuft der größte Teil des Verkehrs ab. Aus wirtschaftlichen und ästhetischen Gründen werden die LKW-Lasten auf den Hochfahrwegen mit einem Fahrzeug-Gesamtgewicht von fünf Tonnen und die Fahrzeuglänge mit sieben Metern begrenzt. Alle schwereren und/oder größeren Fahrzeuge verkehren nur auf den langsameren Straßen zu ebener Erde.
Die Tragwerke der Hochfahrwege bestehen aus UHPC (Ultra High Performance Composite oder Ultra-Hochleistungsbeton). Dieses Material verfügt über mindestens die fünffache Druckfestigkeit eines Normalbetons und erlaubt damit besonders dünnwandige, leichte und architektonisch ansprechende Konstruktionen. „Der Hauptvorteil dieses faszinierenden Materials ist aber seine bislang unerreichte Dauerhaftigkeit. Man kann davon ausgehen, dass eine richtig konstruierte UHPC-Brücke mindestens die doppelte Nutzungsdauer aufweist, als eine vergleichbare Brücke aus Normalbeton oder Stahl“, informiert Dr. Lutz Sparowitz.
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Schnelle Bauausführung
In den Jahren 2013 bis 2016 wurde von drei Instituten der TU Graz gemeinsam mit Industriepartnern ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt abgewickelt. Dieses Projekt mit dem Titel „Quickway - Hochfahrwege aus UHPC“ wurde von der Österreichischen Forschungsförderungs-Gesellschaft (FFG) im Rahmen ihres Calls „Mobilität der Zukunft“ gefördert. Im Zuge dieses Projektes wurde das Quickway-Tragwerk bis zur Ausführungsreife entwickelt.
Neben der Statik wurde vor allem auch der Produktionsprozess konzipiert. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die erforderliche Baugeschwindigkeit dar. Pro Tag müssen nicht nur UHPC-Fertigteilsegmente für einen Fahrweg der Gesamtlänge von etwa 700 Metern produziert werden, sondern dieselbe Menge an Fertigteilen muss auch pro Tag auf den Baustellen eingebaut werden. Eine derartig schnelle Bauausführung war bislang nicht denkbar.
Baukastensystem für das Autobahnnetz
Es handelt sich um eine Fertigteil- Segmentbauweise, wobei etwa 100 unterschiedliche Fertigteile ausreichen, um damit das gesamte Autobahnnetz aufzubauen (Baukastensystem). Wegen des extrem schnellen Baufortschrittes müssen pro Tag zwischen 50 und 100 Fertigteilsegmente produziert werden. Dabei kann es vorkommen, dass am selben Tag viele gleiche Teile benötigt werden. In diesem Fall werden dann entsprechend viele gleiche Schalungen gebraucht. „Mit einer speziellen Schalungstechnik können wir die Schalungskosten in Grenzen halten und die Zwischenlagerung von Fertigteilen minimieren“, sagt Sparowitz. Die UHPC-Fertigteile werden einzeln vom Fertigteilwerk zur Baustelle transportiert. Die Fertigteile haben ebene Stirnflächen, und werden auf der Baustelle mit Hilfe einer externen Längsvorspannung miteinander verbunden – das heißt: gegeneinander gepresst. Die Trockenfugen werden also durch die Vorspannung „überdrückt“. Die Querkraft wird mittels Reibungskräften über die Fuge übertragen. Der Zusammenbau und das Vorspannen der Tragwerksfelder erfolgt auf der Baustelle am Boden direkt unter der Einbaustelle. Der Balken wird durch das Vorspannen tragfähig. Er braucht dann nur mehr mit zwei Kränen angehoben und auf die vorbereiteten Lager abgelegt werden.
Dieser Vorgang ist im Vergleich zu alternativen Bauverfahren einfach und schnell durchführbar. Extern vorgespannte Tragwerke in Segmentbauweise lassen sich „rückbauen“. Wenn sich die Verkehrssituation verändert, braucht man nur die Spannglieder zu entspannen. Dann zerfällt der Balken wieder in seine Bestandteile (Segmente) und kann an anderer Stelle wieder verwendet werden.
SOLID: Wann beginnt die Zukunft?
Dr. Lutz Sparowitz: Die Zukunft hat bereits begonnen. Der Zuwachs der Weltbevölkerung und der anhaltende Urbanisierungsprozess führen dazu, dass sich bis zum Jahr 2050 weltweit zusätzlich 2,4 Milliarden Menschen in Städten ansiedeln. Das entspricht beispielsweise 2.400 neuen Städten oder Stadtteilen mit je einer Million Einwohnern, die in den nächsten 30 Jahren hinzukommen – vor allem im asiatischen Raum China und Indien, aber hoffentlich auch in Afrika.
Ist Ihre Verkehrslösung Quickway nur für diese neuen Städte? Oder lassen sich auch bestehende Systeme umrüsten?
Sparowitz: Wenn man bedenkt, dass in vielen historisch gewachsenen Städten das kulturell wertvolle Stadtzentrum innerhalb einer Quicknet-Masche Platz findet, ist ein Umrüsten von bestehenden Städten relativ einfach möglich. Meines Erachtens kommt dies aber trotzdem erst in Frage, nachdem das Quickway System das Verkehrsproblem von neuen Städten überzeugend lösen konnte und sich dabei als Triebfeder für eine boomende Wirtschaft erwiesen hat. Dann wird voraussichtlich ein entsprechender Druck auf jene Städte entstehen, die mit konventionellen Verkehrslösungen „im Stau ersticken“.
Auf welche Erfahrungswerte greifen Sie zurück?
Sparowitz: Ich habe bereits vor etwa zehn Jahren zwei UHPC-Brücken entworfen, die damals auch ausgeführt wurden. Die erste ist eine mittelgroße Straßenbrücke in Völkermarkt/Kärnten und das zweite ist eine Eisenbahnbrücke, ebenfalls in Segmentbauweise, die den Eisenbahnverkehr temporär über Baustellen leiten kann. Eine weitere derartige Brücke befindet sich derzeit in unserem Büro in der Ausführungsplanung.