Österreich : Porr hofft auf Wiederanspringen der Bauinvestitionen
Porr-Generaldirektor Karl-Heinz Strauss hofft nach dem Durchhänger durch die Coronakrise auf ein Wiederanspringen der Bauinvestitionen ab Herbst im privaten und öffentlichen Bereich. Durch den Shutdown sei man drei bis fünf Wochen in Verzug geraten, neben ÖBB, Asfinag und BIG hoffe man auch auf einen Schub seitens der Gemeinden, die aber ihrerseits mehr Geld bräuchten, sagte Strauss am Mittwoch.
Die "Gemeindemilliarde" der Bundesregierung als Unterstützung für Investitionen in der Krise ist Mitte Juni im Parlament beschlossen worden - aus Sicht von Strauss würden die Gemeinden eher zwei bis zweieinhalb Milliarden benötigen. Denn der Einnahmenentfall durch Corona sei für die Kommunen "dramatisch".
Derzeit arbeite man bis zum Ende des Sommers die Bauaufträge aus dem Frühjahr ab, "schauen wir, was dann nachkommt", meinte der Porr-Chef vor Journalisten. Derzeit verfüge man mit 7,6 Mrd. Euro über einen Auftragspolster, der mehr als eineinhalb Jahre nach vorn reiche - die Produktionsleistung dürfte heuer knapp über 5 Mrd. Euro liegen. Ab Herbst sollten die Investitionen aber wieder anspringen, wobei er hoffe, dass der Markt nicht wieder überhitze.
Im Frühjahr sei man drei, vier, fünf Wochen durch den covid-19-bedingten Lockdown "gestanden", teils seien bestimmte Projekte sogar noch länger in Verzug geraten. In dieser Zeit habe man geringere Erlöse erzielt, viele Kosten seien aber weitergelaufen. Aus Sicht der Bauwirtschaft sei der mehrwöchige Bau-Stillstand in Österreich unnötig gewesen, so Strauss - die auf Sozialpartnerebene erarbeiteten Sicherheitsmaßnahmen hätten gezeigt, dass sehr wohl gearbeitet werden könne. "Die Leistung, die wir durch den Shutdown verloren haben, können wir heuer nicht aufholen, die ist einfach weg", so Strauss, der betont, dass man derzeit ohnedies unter Vollauslastung arbeite. Von allen Porr-Märkten habe es außerhalb Österreichs nur in Norwegen einen Shutdown gegeben, allerdings habe sich der auf einen Einreisestopp bezogen, von dem viele Expats im Bausektor betroffen gewesen seien.
Die Porr hat die Auswirkungen der Coronakrise nach eigenen Angaben im zweiten Quartal deutlich zu spüren bekommen. Auch von April bis Juni arbeitete man in der Verlustzone - und will als Lehre aus der Covid-19-Pandemie das Konzern-Transformationsprogramm "Porr 2025" nachschärfen und beschleunigen. Die Pandemie bedeute auch das konsequente Aufbrechen bestehender Strukturen und Abläufe.
Im Rahmen des "Porr 2025"-Programms setze man zahlreiche Maßnahmen zur Optimierung von Prozessen, Investitions- und Einstellungsstopps sowie Kurzarbeit, erklärte der Bauriese am Mittwoch. Heuer im ersten Halbjahr beschäftigte man im Schnitt 19.658 Mitarbeiter.
Im Halbjahr stand unterm Strich ein Fehlbetrag von 22,7 Mio. Euro (nach 6 Mio. Euro Gewinn ein Jahr davor), bis März waren es 21 Mio. Euro Minus gewesen. Die Effekte der Pandemie auf die Bautätigkeit und das Geschäft von Porr hätten die Planung und Ziele für 2020 negativ beeinflusst: "Der Shutdown in Österreich sowie Zusatzkosten und Auflagen in vielen Ländern haben das Ergebnis im ersten Halbjahr belastet".
Der Auftragsbestand blieb mit 7,6 Mrd. Euro unverändert hoch, der Auftragseingang verringerte sich um 6 Prozent auf 2,8 (3,0) Mrd. Euro. Die Produktionsleistung betrug bis Juni knapp 2,3 (2,5) Mrd. Euro, um 9 Prozent weniger, und soll im Gesamtjahr leicht über 5 Mrd. Euro liegen - 2019 waren es immerhin 5,6 Mrd. Euro gewesen.
Die Umsatzerlöse gingen heuer bis Juni um 5 Prozent auf 2,1 (2,2) Mrd. zurück. Dabei wurde ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 66 (95) Mio. Euro erzielt, um 31 Prozent weniger. Das Betriebsergebnis (EBIT) drehte auf -17 Mio. Euro ins Minus (nach 17 Mio. plus ein Jahr davor). Das Vorsteuerergebnis (EBT) war mit -27 (+8) Mio. Euro noch stärker negativ. Dank eines mit 680 (599) Mio. Euro höheren Eigenkapitals stieg im Vergleich zu Ende 2019 die Eigenkapitalquote auf 18,4 (16,4) Prozent, die Nettoverschuldung auf 470 (346) Mio. Euro. Mit "Porr 2025" solle die Eigenkapitalquote auf einen Korridor von 20 bis 25 Prozent verbessert werden. Zudem solle die Nettoverschuldung bis 2022 kontinuierlich reduziert werden, heißt es im Halbjahresbericht.
An Covid-19-Effekten verweist Porr im Halbjahresbericht zu Österreich auf einen "massiven Leistungsrückgang", zu Deutschland auf "partielle Effekte", zur Schweiz auf "Produktionsbeeinträchtigungen durch Corona-Auflagen", zu Polen auf "Projektverschiebungen" sowie "Produktionseinbußen im Hochbau" und zu Tschechien/Slowakei auf einen "Rückgang im Hochbau". Nur geringe Effekte habe es in Rumänien gegeben, massive Einschränkungen in Katar (VAE) sowie Projektverschiebungen in Norwegen. Das Potenzial aller Märkte, mit Ausnahme der beiden letztgenannten, wird als "stark" klassifiziert, die anderen zwei als "neutral".
Eine Bewertung und Anpassung der Ergebnisziele 2020 sei angesichts der anhaltend hohen Unsicherheit bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, heißt es im Ausblick. (APA)