SOLID 06 / 2014 : Ordentlich in Schale - Branchenbericht Schalungsbranche
Wenn Mitte Juni in Brasilien endlich die Fußball-WM beginnt, werden auch – wie immer – alle Stadien fertig geworden sein. Vielleicht war sogar der letzte Bauarbeiter noch hinten drinnen, während vorne die Zuseher bereits in die Arena drängten, aber das ist nun einmal so.
An der Errichtung von drei der WM-Stadien war mit Doka einer der österreichischen Big Player am Schalungsmarkt beteiligt – am prominentesten ist dabei die Corinthians-Arena in São Paulo, in der nicht nur das Eröffnungsspiel, sondern auch die Hits Uruguay vs. England und Niederlande vs. Chile sowie ein Achtel- und ein Semifinale stattfinden.
Zuletzt ist Doka zwar mit der Ankündigung von Kurzarbeit in der Produktion für das 2. Halbjahr 2014 in die Schlagzeilen gekommen, doch das erklären die zur Umdasch-Gruppe gehörenden Amstettner mit ihrer flexiblen Produktionsweise und verweisen ansonsten auf ihren wirtschaftlichen Erfolg.Im Geschäft ist man mit Großprojekten wie etwa dem Jeddah-Tower oder dem World Trade Center 3 in New York City bzw. in Österreich etwa der 22 km langen Baustelle für die Mühlviertler Schnellstraße S10 auf jeden Fall gut – und das gilt auch für die anderen Branchengrößen.Jede Firma hat ihre „Renommierbaustellen“: Der weltweit größte Schalungshersteller Peri verweist allein in Österreich auf die gerade fertig gewordene ÖBB-Zentrale, den Nordbahnhof, den prämierten DC-Tower 1 sowie die spektakuläre Marchlehner-Galerie in Vent bei Sölden/Tirol (weltweit sind es etwa mit der Erneuerung des Panamakanals das größte Tiefbauprojekt der Welt oder auch der weltweit längste Tunnel bei der Verbindung zwischen Hongkong und dem chinesischen Festland).Harsco konzentriert sich in Österreich auf das „Citygate“ in Wien Floridsdorf und hat mit dem Neubau des Pflegewohnheims in Wien Fünfhaus ein Projekt in der Fertigstellungsphase, bei dem für den Rohbau des sechsgeschossigen Gebäudes auf einem 30.000 m2 hohen Areal weniger als ein Jahr Zeit zur Verfügung stand; Harsco-Geschäftsführer Gerhard Schönthaler: „Ein ehrgeiziger Zeitplan, der nur durch den Einsatz effizienter Systeme und ein auf die Baustelle maßgeschneidertes Konzept zu erfüllen war.“(Interessante internationale Projekte sind etwa die Flughäfen in Dubai und Berlin oder Neubauten bei der Moskauer Metro.)Das hierzulande wohl bekannteste Projekt von Meva wiederum ist mit Sicherheit der Neubau der Wirtschaftsuni in Wien nach den Plänen der Stararchitektin Zaha Hadid. „Das hat uns technisch mit den geneigten, gebogenen, gedrehten und filigranen Sonderformen bis an die Grenze des Machbaren gefordert“, sagt Meva-Geschäftsführer Gerhard Wagner. Dazu lieferte Meva auch noch die Schalungen für den Extrem-Kraftwerksbau am Illspitz (Reportage in diesem Heft ab S. 24). International aufregend ist der Roche-Tower in Basel, das höchste Gebäude der Schweiz.Von Apps, Longsellern und ComebacksJede Baustelle (nicht nur die großen Renommierprojekte) aber lebt von den Produkten, die auf ihr eingesetzt werden, und von der Planung. Ganz allgemein kann man sagen, dass sich die großen Schalungsfirmen immer weiter vorn in den Planungsprozess einschalten und sich immer mehr als mitgestaltender Partner denn als bloßer Zulieferer sehen.Sinnbildlich dafür steht ein Produkt, das gar kein klassisches Schalungsprodukt ist, sondern eine Computerapplikation. Christian Sorko, Peri-Österreich-Geschäftsführer, erläutert: „Mit unserem Programm myPeri liefern wir ein Baustellencontrolling-System, das tagesaktuell ist und neben dem vollen Zugriff auf unsere Produkte und Dienstleistungen – dazu gehört ja als zweites Standbein auch der Gerüstvertrieb – zum Beispiel fast nebenher das zur ordnungsgemäßen Dokumentation notwendige Leistungsverzeichnis erstellt.“Das Kernprodukt von Peri ist und bleibt zwar die einseitige Ankerung „Maximo“, die seit sieben Jahren auf dem Markt ist, aber laufend verbessert wird und laut Sorko gegenüber ähnlichen Produkten bis zu 30 Prozent Zeitersparnis bringt. Doch die eigentliche Überraschung ist das Comeback eines noch älteren Produkts. „Die „Skydeck“ ist unsere leichteste Schalung und schon seit 18 Jahren auf dem Markt, aber sie erlebt derzeit eine Renaissance in ganz Europa“, sagt Sorko und begründet diesen Aufstehmanderl-Effekt schlicht mit dem geringen Gewicht des Produkts.„Dadurch bleiben die Mitarbeiter länger frisch. Damit steigt nicht nur die Arbeitsleistung, sondern es sinkt auch die Unfallgefahr – beides gerade heute ganz wesentliche Faktoren.“Zügig, anwenderfreundlich, ferngesteuertAuch bei Doka sieht man sich als Produktlieferant für Problemlösungen. Doka-Vorstand Andreas Ludwig: „Doka hat für seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zwei klare Schwerpunkte und Zielsetzungen: Schnelligkeit und Sicherheit bei den Schalungsarbeiten. Das neu entwickelte trägerlose Handsystem Dokadek 30 begeistert im Praxiseinsatz auf Österreichs Baustellen und sorgt für einen zügigen und sicheren Baufortschritt. Heuer ist erstmals die Erweiterung der leistungsstarken Doka-Rahmenschalung – die innovative Framax Xlife plus – auf den österreichischen Baustellen im Einsatz und überzeugt die Kunden in der Praxis mit ihrer anwenderfreundlichen Handhabung und beschleunigten Arbeitsabläufen. Der Anker ist bei dieser Systemerweiterung einseitig bedienbar. Zugleich erzeugt die Framax Xlife plus dank innenliegender Anker ein harmonisches Betonbild.“Und auch bei den Amstettnern gibt es ein „virtuelles Produkt“, das dabei hilft, den Überblick zu bewahren: Das Online-Betonmonitoring Concremote, das in Echtzeit zuverlässige Information über die Festigkeitsentwicklung des Betons liefert. Arbeitskosten, Arbeitskosten, Arbeitskosten Harsco setzt mit seinen Topprodukten voll auf die Reduktion von Arbeitskosten. Harsco-Geschäftsführer Schönthaler: „Unser erfolgreichstes neues Produkt ist der Stahlrahmen-Deckentisch Topmax. Seit seiner Einführung 2009 hat dieser Schnellschaltisch mit bis zu 25 Prozent weniger Lohnkosten und bis zu 50 Prozent geringeren Kranzeiten sowie niedrigen Transportund Logistikkosten auf vielen Baustellen überzeugt. Ähnlich vielversprechend verläuft die Markteinführung unserer jüngsten Innovation, der im letzten Jahr vorgestellten krangebundenen Wandschalungsneuheit Platinum 100. Beides sind hochmoderne Schalungssysteme, die ganzheitlich auf heutige und auch künftige Baustellenanforderungen abgestimmt sind. Die Platinum 100 bietet etwa eine Schalungsdruckaufnahme von 100 kN/m2 im Gesamtsystem, d. h.: 3,60 m hohe Räume können ohne Aufstockung geschalt und ohne jede Einschränkung in Sichtbetonqualität betoniert werden – bei lediglich zwei Ankerlagen. Das sind 30 Prozent weniger Anker als bisher, und die werden zudem von nur einer Person gesetzt anstelle der traditionellen Zwei- Mann-Montage.“Safety first – and second and thirdMeva schließlich setzt verstärkt auf Sicherheit und Erfüllung aller Normen. Meva-Geschäftsführer Gerhard Wagner: „Unsere Bandbreite reicht von leichter Handschalung bis zur Industrieschalung Mammut 350 mit 100 kN/m² Frischbetondruckaufnahme, der Deckenschalung MevaDec mit Frühausschalen bis hin zu neuen einhäuptigen Abschalungen von 50 cm bis 12 m. Die Anforderungen an normkonforme Sicherheit werden immer deutlicher und die Kontrollen strenger. Wir haben hier einen enormen Vorsprung, weil unsere Schalung von Anfang an auf höchste Sicherheit ausgelegt ist, z. B. mit einheitlicher, sicherer Befestigung aller Teile. Schon die eingeschweißte Dywidag- Mutter im geschlossenen Rahmenprofil ist ein Sicherheitsvorteil, weil keine losen Befestigungen wegrutschen können. Nach diesem Prinzip stellen wir mit SecuritBasic nun ein modulares Sicherheitssystem vor, das für alle MEVA-Wandschalungen passt und das gleiche Prinzip der einheitlichen, sicheren Befestigung verwirklicht.“